Mittwoch, 30. April 2008

The Hindu 8.12.2000: Like a phoenix he rises again

The Hindu, 8. Dezember 2000

Like a phoenix he rises again

Sanjay Dutt hat sich eine besondere Nische erarbeitet, als wertvolles Kassenangebot und als anerkennenswerter Darsteller.


Im unwahrscheinlichen Alter von 40 plus hat Sanjay Dutt eine ungewöhnliche kommerzielle Nische wiederentdeckt, eine Nische, die ihm zudem seinen Anteil an Kritikerlob einbringt. Die jüngste in Sanjays Serie bemerkenswerter Darbietungen ist seine Rolle als Polizist in Kurukshetra, bei der Dutt zur „kulturellen“ Abwechslung mal auf der rechten Seite des Gesetzes steht. Unter der Obhut des neuen Drehbuchschreibers und Regisseurs Mahesh Manjrekar vollzieht Sanjay Dutt in Kurukshetra diese bemerkenswerte Metamorphose.

Es war Mahesh Manjrekars Vaastav, mit dem Sanjay Dutt vehement den Comeback-Pfad einschlug. Ein Schauspieler reift mit jeder Form der Exposition. Und Sanjay Dutt hat (in diesem seinem „zweiten Anlauf“), wie man unschwer erkennen kann, zugelegt – nicht nur an männlicher Statur, sondern auch an mentaler Stärke durch jede einzelne Prüfung in seinem bewegten Leben.

Als Schauspieler in bester Hollywood-Tradition mündig werdend, ist Sanjay Dutt dabei, das Versprechen zu erfüllen, das ein Darsteller von der Feinfühligkeit eines Naseeruddin Shah schon vor langem in Dutt entdeckt hat: „Dieser Junge ist anders als die anderen Newcomer von heute. Sanjays Augen können wirklichen Schmerz reflektieren, wie es so kein anderer junger Schauspieler vermag. Und zwar, weil Sanjay schon so viele Erfahrungen in seinem Leben mitgemacht hat, Erfahrungen, die dazu beigetragen haben, dass er schon jetzt ein guter Schauspieler ist. Ein guter Schauspieler ist einer, der seine Ausdruckspalette durch die verschiedenen persönlichen Erfahrungen in seinem Leben erweitern kann. Dieser schmerzvolle Blick verleiht Sanjay auf der Leinwand sowohl Verletzlichkeit als auch rohe Kraft.“

Und doch kam „the Return of the Native“, die Rückkehr des Einheimischen (denn dafür steht Sanjays kraftvolles Comeback), erst zustande, nachdem der Schauspieler lange Zeit zielstrebig und mit unerschütterlicher Konzentration für seine Karriere geackert hatte. Zwei Maheshs spielten Schlüsselrollen bei der Erarbeitung der erstaunlichen Transformation in der Karriere dieses nunmehr geschliffenen Schauspielers: gestern Mahesh (Sadak) Bhatt, heute Mahesh (Kurukshetra) Manjrekar.

Mahesh (Naam) Bhatt brachte als Sanjays früher Mentor das Beste der gefühlvollen Seite dieses Schauspielers zum Vorschein. Während im Fall des anderen Mahesh Sanjay Dutt in dem grandiosen Manjrekar-Durchbruch Vaastav nach fast zwei Dekaden in seinem Job die ultimative Anerkennung fand. Diese Anerkennung erfolgte in Gestalt des Filmfare Best Actor Awards für seine Darbietung eines einfachen jungen Mannes, der zum Wechsel auf die falsche Seite des Gesetzes gezwungen wird – eine Darbietung von höchster Qualität.

Natürlich ist es nicht so, dass Sanjay Dutt (man bedenke seine Abstammung) nicht auch schon vor Vaastav gute Arbeit geleistet hätte – und auch das nicht nur als Khalnayak. Sanjays frühere Filme (wie Naam und Sadak) verschafften ihm eine Menge positiver Aufmerksamkeit als eigensinniger oder missratener junger Mann, der in die Welt des Verbrechens gerät und schwer dafür bezahlt. Die Charakterzüge seiner Figuren entsprachen in jener traumatischen Phase seines Lebens beinahe seinem wirklichen Image. Sowohl Kumar Gaurav als auch Sanjay Dutt gestalteten (in Naam) perfekt die gute bzw. die schlechte Seite der menschlichen Natur und erinnerten die Zuschauer an ihre Väter, die Schauspieler Rajendra Kumar und Sunil Dutt, in Mother India, auch wenn das Umfeld ein ganz anderes war als in dem Mehboob-Klassiker von 1957.

Allerdings konnte Sanjay Dutt nicht immer die Art von Rollen ergattern, die seinem Talent am besten entsprachen oder die ihn als Darsteller weitergebracht hätten. Meist setzten seine Produzenten zweckdienlicherweise auf Sanjay Dutts starkes Image als Action-Hero. Dennoch konnte Sanjay ganz sicher stolz sein auf seine Leistungen in Filmen wie Sadak und Saajan. In Saajan zeichnete Sanjay die sanfte, gefühlvolle Figur eines behinderten und introvertierten Dichters, der es seinem besten Freund (Salman Khan) ermöglicht, ihm seine große Liebe (Madhuri Dixit) wegzunehmen, und sie so um ein Haar an den jungen Mann verliert. Alle drei Hauptdarsteller lieferten in Saajan unter der kompetenten Regie von Lawrence D’Souza natürliche und ungekünstelte Darbietungen ab.

Saajan etablierte Sanjay Dutt als den konventionellen sanften Filmhelden, nachdem der unkonventionelle Film Naam die lange Pechsträhne nach seinem Hit-Debüt als Rocky (1981) beendet hatte. Es folgte eine Reihe von Filmen, die nicht viel mehr taten als dreist auf seiner Glückswelle zu reiten. Damals war Sanjay Dutt als Schauspieler stets der bessere von seinen Zeitgenossen. Leider war dies aber auch die Zeit, in der Sanjays Leben jenseits der Leinwand mehr in den Blickpunkt rückte als seine Darbietungen auf der Leinwand.

Als Sanjay Dutt dann schließlich als Khalnayak in Subhash Ghais gleichnamigem Film in Erscheinung trat, schien die Rolle des spitzbübischen Schurken, der sich weigert, ein neues Kapitel im Buch seines Lebens aufzuschlagen, geradezu aus seinem Leben gegriffen zu sein. Als Khalnayak spielte er erneut an der Seite von Madhuri Dixit in einem Film, der seine tief greifende Einsicht in seine Rolle darlegte. Das verdankte sich nicht nur der Tatsache, dass Subhash Ghai ein Regisseur ist, der seine Schauspieler stets zu guten Leistungen anspornt, sondern auch der harten Arbeit, die Sanjay in dieses Projekt investierte.

Wohl kein anderer Star hat so unterschiedliche und schwierige Zeiten durchlebt wie Sanjay. Sanjays Leben war ein offenes Buch, das jeder interpretieren konnte, wie er wollte. Kein anderer Star hätte seine Karriere fortsetzen können, während er eingestandenermaßen drogensüchtig war – Sanjay gelang das. Er bewies seine Charakterstärke durch die Art, wie er diese tödliche Sucht bekämpfte. Jedoch genau in dem Augenblick, als seine Karrierekurve nach allem, was er durchgemacht hatte, endlich auf dem Weg nach oben zu sein schien, schleuderte der TADA-Fall Sanjay Dutts Karriere um mindestens fünf Jahre zurück.

Doch Sanjay hatte stets das Glück, eine liebevolle und hilfreiche Familie zu haben – die ihn rückhaltlos bewunderte als einen, der seine Kämpfe immer selbst ausgefochten hatte. Nicht nur sein Vater, der Politiker und Schauspieler Sunil Dutt, stand felsenfest zu ihm, auch Sanjays unerschütterliche Freundin und jetzige Ehefrau Rhea Pillai war ihm eine ungeheure moralische Stütze. Seine Gefängnishaft und seine persönlichen Tragödien – wie der vorzeitige Tod seiner ersten Ehefrau Richa Sharma und dass man ihm seine einzige Tochter entzog – haben Sanjay nur umso mehr reifen lassen. Und waren ihm anfangs die Angebote nur so in den Schoß gefallen, so arbeitete Sanjay nunmehr bei seinem Comeback wie nie zuvor, richtete alle seine Konzentration auf seine Karriere und ließ seine Vergangenheit hinter sich.

Der Filmfare Best Actor Award für Vaastav kam für Sanjay Dutt genau im richtigen Alter und in der richtigen Phase seines Lebens. Er kam zu einem Zeitpunkt, als Sanjay gelernt hatte, die Anerkennung zu würdigen und zu schätzen, die man sich durch echte Anstrengung erwirbt. Und heute bekommt er nun endlich immer mehr Rollen, die seiner Persönlichkeit entsprechen. Sanjay hat seine Position als Darsteller und Star – mit einem ganz eigenen Marktwert – wiederbelebt, aber er nimmt sie nicht mehr unverhohlen als selbstverständlich hin.

Empfand Sanjay das Tanzen auf der Leinwand früher als anstrengenden Kraftakt, so ist es heute eine Lust, ihm zuzusehen, wie er sich vor der Kamera gehen lässt – wie es bei einem guten Schauspieler auch sein sollte. Man schaue sich nur seinen leichten Gang und seine ganze Haltung in David Dhawans Chal Mere Bhai an – neben einem solchen Show-Stehler und Exhibitionisten wie Salman Khan. Man hätte meinen können, eine Komödie dieser Art sei nicht Sanjays Sache, da er doch eher in der Action-Szene zu Hause ist. Und doch hat der Schauspieler in Sanjay im Vergleich mit Salman in Chal Mere Bhai nicht das geringste Nachsehen. Er fühlt sich (auch bei all den Tänzen) so wohl mit Salman und Karisma, dass die Art, wie er sich als Schauspieler entwickelt hat, einer Offenbarung gleichkommt.

Sanjay Dutt ist nunmehr wie geschaffen für solche schwierigen Rollen wie in seinen jüngsten Filmen, z.B. Vidhu Vinod Chopras Mission Kashmir, in dem er mühelos die Rolle eines Terroristen* verkörpert. Man darf nicht vergessen, dass er hier an der Seite des neuesten Millionen-Lieblings Hrithik Roshan zu sehen ist. Auch wenn er dem Jungen dessen Jugend zugesteht, bedeutet dies für Sanjay nicht den geringsten Nachteil, da er imstande ist, stark dagegen zu halten. Und so ist er auch zu seinem Vorteil in Mahesh Manjrekars Kurukshetra zu sehen – in der zentralen Rolle eines ehrenwerten Polizeibeamten. Selbst die Zuschauer, die den Film an sich kritisierten, konnten Sanjay Dutts herausragende Darbietung in Kurukshetra nicht ignorieren.

Heute hat Sanjay Dutt seine eigene Leinwandpersönlichkeit etabliert, die so anders ist als die all der anderen derzeit populären Stars; er ist ein Publikumsmagnet mit einer ganz eigenen und individuellen Methode, um die Menschen anzuziehen – nämlich mit starken und überzeugenden Darbietungen. Sanjay hat keine Angst davor, auf der Leinwand Rollen zu spielen, die seinem Alter entsprechen, und durch dieses anerkennenswerte Arrangement mit der Realität hat Dutt gewonnen, nicht verloren. Auf diese Weise gibt Sanjay Dutt ein gutes Beispiel für seine älteren Kollegen in der Szene; ältere Kollegen, die noch immer kämpfen, weil sie davor zurückscheuen, in Rollen gesehen zu werden, in die sie altersmäßig längst hineingewachsen sind. Durch dieses gelassene und abgeklärte Akzeptieren des Lebens, wie es ist, war Sanjay imstande, seine Karriere-Optionen offen zu halten. Er ist nicht länger der konfuse Jugendliche von einst – er ist sich seiner selbst wie auch seiner Ziele sicher. Hier haben wir wirklich einmal einen Star-Schauspieler, der nicht an einer Manipulation seiner Karriere interessiert ist – Sanjay ist nicht hier, um irgendjemandem etwas wegzunehmen oder jemanden zu ersetzen. Er ist glücklich, dort zu sein, wohin die harten Erfahrungen seines Lebens und seine konzentrierten Bemühungen ihn gebracht haben – und das nach wie vor als ein „Bestseller“.

(Girja Rajendran; Deutsch von Diwali)

*Anm. d. Übers.: Sanjay Dutt spielt in Mission Kashmir keinen Terroristen, sondern einen SSP, der Terroristen bekämpft. Entweder hat die Autorin Sanjays Rolle mit der von Jackie Shroff bzw. Hrithik Roshan verwechselt, oder sie bezieht sich auf die Szene, in der Inayat Khan (SD) mit Sturmhaube die Familie des kleinen Altaaf niedermetzeln lässt, und hat das als terroristischen Akt gerechnet. Dennoch ist die Formulierung, Sanjay Dutt spiele in MK einen Terroristen, nicht korrekt.

Dienstag, 29. April 2008

Filmfare 7.2.2008: "I want my freedom"

Filmfare, 7. Februar 2008

"I want my freedom"

Er ist zurück im Lärm und Gewühle der Studios. Und egal was seine Kritiker über das Verblassen seiner äußeren Erscheinung lästern, er sieht noch immer zum Auffressen prächtig aus. Nach langer, langer Zeit sehe ich den Prinzen der Dunkelheit wieder, und mich überkommt Nostalgie, als ich ihn zu fassen bekomme und wir uns an alte Zeiten erinnern. Ganz klar: Sanju baba zu kennen bedeutet, ihn zu lieben. Wer ihn näher kennenlernt, wird einen ausgewachsenen Schelm entdecken, der das Leben in Übergröße lebt. Wie Suniel Shetty mir einst sagte: „Jeder andere Mann wäre zerbrochen unter dem Druck, mit dem Baba all diese Jahre gelebt hat. Ich für meinen Teil hätte längst einen Nervenzusammenbruch gehabt, aber Baba hat Mut und ist ein Kämpfer. Er ist wahrlich stark.“

Es ist genau dieser Mut und Kampfgeist, mit dem er seine Fans gewinnt, die ihn bedingungslos lieben. Beim zwanglosen Gespräch mit seinen Helfern und seiner geliebten Manyata sieht er aus wie ein Mann, der vorübergehend Frieden gefunden hat, trotz der Sorgenfalten, die sich in sein Gesicht gegraben haben.

Nun, da er auf Kaution frei ist, ist das Leben endlich besser für ihn geworden. Und er sagt: „Es ist ein wundervolles Gefühl, frei zu sein, und ich kann nur jedem raten: Freiheit ist etwas, das man wertschätzen und niemals als selbstverständlich erachten sollte. Denn Freiheit kann man nicht kaufen, egal wie viel Geld man hat. Deshalb sollte man seine Freiheit hegen und pflegen. Frag mich, ich hab mich ekstatisch gefühlt, als ich raus kam.“

Da es sein erster Drehtag für EMI nach seiner Freilassung ist, kennt seine Ekstase keine Grenzen: „Es ist großartig, wieder am Set zu sein, zumal da ich für Suniel (Shetty) drehe, der für mich mehr als ein Bruder ist, mehr als Familie, und es ist schön, ihn am Set als Produzenten zu sehen. Es ist großartig, gerade für Suniel wieder da zu sein.“

Auf die Frage, wie es sich für ihn anfühle, nach zwei Jahrzehnten in der Industrie immer noch mit Baba (Kind) angeredet zu werden, lacht er schallend: „Ich fühle mich geliebt, ich fühle mich glücklich, ich fühle mich emotional, und das ist einfach ein großartiges Gefühl. Für diese Leute bin ich nie erwachsen geworden; ich bin immer noch der gleiche alte Sanju baba. Ich denke, einfach nur ganz Herz zu sein hat mir soviel Respekt bei so vielen Menschen verschafft, einschließlich meinem Publikum, der Öffentlichkeit und der Filmindustrie. Wäre ich ganz Hirn, dann hätte ich all diese Liebe und Zuneigung nicht.“

Aber das hat ihm auch eine ganze Menge weggenommen. Wenn man den Spekulationen glauben darf, dann entdeckte er, als er Geld für sein Gerichtsverfahren brauchte, dass er nur zehn Anteile an White Feather Films besaß, seiner Produktionsfirma mit Sanjay Gupta. Er wird philosophisch: „Also was White Feather Films und Sanjay Gupta betrifft, so möchte ich sagen: Gupta war wie mein jüngerer Bruder. Ich hatte ihn raue Zeiten durchmachen sehen und ihm zu einer Produktionsfirma geraten. Es war meine Vision, ihn groß werden zu sehen. Ich wollte nichts von White Feather Films. Meine Vision war es, Sanjay Gupta auf einem anderen Level zu sehen, und ob er dafür nun meinen Namen oder was auch immer verwendete, ich habe es ihm gestattet, weil ich ihn dort haben wollte, wo er heute ist. Er ist noch immer mein Bruder, aber ich musste nun weg von dort. Er hat jetzt seinen professionellen Status, und das freut mich für ihn.“

Es heißt, er habe nun grünes Licht gegeben für Sanjay Dutt Productions. Und wenn man den Gerüchten glauben darf, dann sind seine Schwestern Namrata und Priya ebenso auf den Produktionszug aufgesprungen wie seine Freundin Manyata.

Er erklärt: „Namrata und Priya haben ihr eigenes Leben, und Manyata und ich haben unser eigenes Leben. Aber wir sind eine Familie. Sanjay Dutt Productions wurde gestartet, und ich habe Manyata gebeten, sich darum zu kümmern. Und sie macht einen fantastischen Job. Ich bin glücklich, zum ersten Mal eine solche Unterstützung in meinem Leben zu haben.“

Wenn man die beiden zusammen sieht, Händchen haltend, sich zwischen den Drehs Zärtlichkeiten ins Ohr flüsternd und einfach nur glücklich in der Gesellschaft des jeweils anderen, dann ist es klar wie der Tag, dass Sanju endlich seine Seelenverwandte gefunden hat. Seine Freude wird vergrößert durch seine Megaprojekt-Liste. Er lächelt: „Ja, ich habe ein paar gute Filme.“ Aber wie will er sieben, acht Filme hintereinander zeitlich schaffen? Er zuckt lässig mit den Schultern: „Das richtet sich nach den Filmen, die bereits in Produktion sind. Zuerst mache ich die fertig, und dann wende ich mich dem Rest zu.“

Viel wird geredet über seinen neuen Look in Kidnap und auch in EMI. Aber andererseits war er ja schon immer ein großer Look-Spezialist. „Weil ich es liebe, in meine Figur zu schlüpfen. Wie zum Beispiel der Sattarbhai, den ich in EMI spiele. Ich stellte ihn mir so vor, wie ich jetzt angezogen bin (er deutet auf sich selbst und seine Kleidung), und mit diesem Bild im Kopf habe ich mich für meinen Look entschieden.“

Der Film, der für ihn scheinbar Wunder bewirkt hat, ist Munnabhai. Keine andere Figur von ihm ist jemals so populär gewesen. Seine Freunde behaupten, er habe sich nach der Gestaltung der Rolle die Eigenschaften des Munnabhai einverleibt.

Er stimmt zu: „Ja, Munnabhai bin ich. Da gibt es gar nichts dran zu deuteln. Vinod (Chopra) hat mir vom ersten Tag an gesagt, dass ich diese Figur bin, dass ich sie regelrecht verkörpere. Und ich denke, er hatte recht. Ich habe zwei Munnabhai-Filme gemacht, und ich denke, Munna ist ich. Munna ist der erstaunlichste Typ, den es gibt. Er ist so hilfsbereit und gefühlvoll. Er liebt seine Familie und seine Freunde. Es ist verblüffend, wie Munnabhai in mein Leben getreten ist. Eigentlich sollte ich ja Jimmys (Shergill) Rolle spielen, aber als ich dann in Vinods Büro kam, bot er mir plötzlich die Rolle des Munna an. Ich war überrascht, aber auch glücklich darüber. Und es war eine hervorragende Erfahrung für mich.“

Er fügt hinzu: „Die Chemie am Set war so schön. Arshad (Warsi), ich und all die Künstler haben harmonisch zusammengearbeitet. Es war eine schöne Atmosphäre, und Raju Hirani ist so ein wunderbarer Regisseur und Mensch. Vinod ist ein enger Freund der Familie, wie ein älterer Bruder für mich. Als mein Vater starb, wäre es meine Aufgabe als sein einziger Sohn gewesen, den Leichnam zu waschen, aber ich konnte es einfach nicht. Ich bat Vinod darum, und er tat es. So wichtig ist er für mich.“

Danach kommt unser Gespräch auf sein Gerichtsverfahren, und er ist überwältigt von der Unterstützung, die er von der Industrie wie auch von seinen Fans erfahren hat. Er wird emotional: „Meine Eltern haben mir immer gesagt: Wichtiger als Schauspieler Nr. 1 oder ein supererfolgreicher Geschäftsmann zu werden ist es, ein guter Mensch zu sein. Alles andere kommt später. Und das hat sich in mir festgebissen. Ob Erfolg oder nicht, ich habe immer versucht, am Boden zu bleiben. Ich glaube, je erfolgreicher man wird, desto bescheidener muss man werden. Und ich denke, das hat einen großen Unterschied ausgemacht.“

Bisweilen jedoch ist er wegen dieser Einstellung auch auf rührselige Geschichten hereingefallen. Sogenannte Kumpel haben ihn übervorteilt und ausgenutzt. Aber er rechtfertigt sich: „Ich halte es für wichtig, anderen zu vergeben. Ich habe die Fähigkeit zu vergeben, was, denke ich, Menschen üblicherweise sehr schwer fällt. Ich glaube daran, Menschen eine Chance zu geben, auch wenn sie Mist bauen. Meine Einstellung lautet: Lerne aus deinen Fehlern und mach weiter.“

Es muss schwierig sein, mit den Situationen fertig zu werden, in denen er immer wieder mal steckt; ein geringerer Mensch wäre unter dem Druck zerbrochen. Er versichert: „Es war hart, aber du darfst dich nicht von den Situationen runterziehen lassen. Das Leben geht weiter. Du musst deine Lektion lernen und danach versuchen, ein besserer Mensch zu werden. Das ist es, was ich mache. Ich mache einfach immer weiter. Schau, wenn mir morgen jemand ins Gesicht schlägt, dann kann ich das nicht sechs Monate lang mit mir rumschleppen und sauer auf den Kerl sein. Entweder du vergisst es oder du vergibst dem Typen. Das ist meine Methode.“

Und da wir gerade über das Weitermachen reden, er scheint sich ja auch weiter seinem einst so fabelhaften Körper wieder anzunähern. „Das ist hauptsächlich für den Film, aber auf lange Sicht wird es auch für mich besser sein“, gibt er zu. „Ich mache einen Film für Ashtavinayak Films, der überwiegend am Strand spielt. Ich habe ein paar Monate Zeit, an meinem Körper zu arbeiten und in Form zu kommen. Ich hole mir Leute aus dem Ausland, die mich trainieren sollen.“

Man hat Sanjay kritisiert, dass er sich gehen ließ. Hat ihn das angespornt, wieder in Form zu kommen? Er zuckt die Achseln: „Wenn man durchgemacht hat, was ich im Leben durchgemacht habe, dann kann man irgendwann einfach nicht in der mentalen Verfassung für ein Fitness-Studio sein. Keine Chance. Dazu muss man in der richtigen Gemütsverfassung sein. Ich habe mein Rambo-Image abgestreift und ins Al-Pacino-Image gewechselt, aber meine Kollegen scheinen sich nach wie vor in der Rambo-Phase zu befinden. Sie sollten dieses alte Image von mir jetzt auch mal hinter sich lassen.“

Dann wird er emotional: „Mein größter Kummer heutzutage ist, dass meine Eltern nicht mehr bei mir sind. Wir alle vermissen sie. Aber mein größtes Glück ist heute, wieder am Set zu sein, wieder bei meiner Familie, die diese Filmindustrie für mich ist.“ Und was ist heute sein größter Wunsch? „Ich will meine Freiheit!“ bricht es mit einer Ernsthaftigkeit aus ihm heraus, die einem das Herz bricht.

Und was ist mit seinen Hochzeitsplänen? „An dem Tag, an dem ich heirate, wird die ganze Welt es erfahren, das verspreche ich.“ Und damit machen wir Schluss, da er vor die Kamera gerufen wird. Denn wie der weise Mann sagt: Die Show muss weiterwirbeln.

(Purnima Lamchhane; Deutsch von Diwali)

Montag, 28. April 2008

Stardust 4/1999: Let's talk about sex!

Stardust, April 1999

Let’s talk about sex!


Sex-Symbol: SANJAY DUTT

Lieblings-Sex-Symbole: Liz Hurley, Brad Pitt, Tom Cruise, Sylvester Stallone – besonders in Rambo II, dann die Frau in Die Maske des Zorro, Catherine Zeta-Jones; und Arnold Schwarzenegger – er ist mein Gott.

Sexuelle Phantasie: In dem Moment, in dem du deiner Phantasie begegnest, ist sie keine Phantasie mehr; sie wird Realität, und dann gehe ich damit um wie bei jedem anderen Liebeswerben auch. Über etwas zu phantasieren ist so leicht, aber die Realität ist etwas ganz anderes. Und ich denke, ich werde meine Brücken überschreiten, wenn ich bei ihnen ankomme, anstatt meine Energie mit Zukunftsphantastereien zu vergeuden. Aber ich bin sicher: Wenn ich irgendwann mal jemand Passendem begegne, dann werde ich zuallererst mal umkippen. Dann werde ich mich hinlegen und zum Himmel hinauffliegen. Aber vorher gibt’s noch ein paar Candle-Light-Dinners, für die ich das gesamte Restaurant buche.

Sexueller Albtraum: Ausgepeitscht zu werden von einer 1,80 Meter großen Amazone in Lederkleidung, wahrscheinlich Jack The Rippers Tochter Jill The Stripper!

Sexuelle Antörner:
Sex ist zwischen den Ohren, deshalb törnen mich intelligente Frauen an. Und da ich ein Fitness-Freak bin, mag ich Frauen, die auch einen guten Körper haben, die groß und fit sind und sympathisch. Sie muss mit mir auf eine Art flirten, die mich vor Leidenschaft wahnsinnig macht. Ihre Sinnlichkeit muss neckend und spöttisch sein, direkt unterhalb der Oberfläche. Da ich konservativ erzogen wurde und mein Geschmack eher orthodox ist, finde ich so etwas mehr provokativ als eine Sexualität, die einem direkt ins Gesicht springt und die mich eher abschreckt. Wenn man sich vorstellt, dass meine erste sexuelle Phantasie war, mit meiner Kinderliebe Kusum Bhambray Händchen zu halten! Eigentlich liegt die Definition von „sexy“ ohnehin im Auge des Betrachters. Einige Frauen werden mich sexy finden, andere nicht. Ich selber halte mich nicht für ein Sex-Symbol. Zwar nennen mich Magazine, besonders die Stardust, ein Sex-Symbol. Aber Sex-Symbole sind die „Full Monty“-Stripper und die Chippendale-Tänzer. Ich habe mir nie die Kleider vom Leib gerissen, außer für Kampfszenen. Ich habe nie für Werbungen wie Calvin Klein posiert. Frauen werfen sich mir nicht an den Hals. Als ich noch Junggeselle war, musste ich auch beim Werben um die Mädels hart arbeiten, um bei ihnen anzukommen. Es kommt alles nur darauf an, dass es bei der richtigen Person Klick macht. Aber danke, dass ihr in mir einen Hengst seht, auch wenn ich das nicht als Kompliment betrachte. Jeder, der trainiert und eine gute Physis hat, kann als Sex-Symbol bezeichnet werden. Jeder Typ auf der Straße, der enge Jeans und ein enganliegendes Shirt trägt, kann sexy aussehen. Wir Filmstars machen eben mehr Schlagzeilen, und unsere Fotos sind überall zu finden, deshalb sehen die Menschen Sex-Symbole in uns. Sie projizieren unsere Filmfiguren auf unser wirkliches Selbst. Ich habe irgendwo gelesen, dass ein Mädchen, wenn es sieht, dass ein einfacher Junge sich mit zwei Mädchen unterhält, unbedingt auch mit ihm reden möchte. Aber wenn ein smarter Bursche ein Einzelgänger ist, dann hat sie keine Lust, mit ihm zu reden. Es ist alles eine Frage des Images. Ein Image kann eine Frau anziehen oder abstoßen. Aber ein Image zeigt nicht das wahre Selbst. Wenn du jemanden kennenlernst und ihn auf einem persönlichen Level magst, dann kannst du entscheiden, ob er dich antörnt oder nicht. Du kannst deine Entscheidung, ob du jemanden magst oder nicht, nicht an der Zahl der Mädels aufhängen, die ihn umgeben. Viele Menschen sind der Ansicht, dass muskulöse Männer Idioten sind, aber bevor man sich solche Stereotypen aneignet, sollte man zuerst mit den Leuten reden und sich seine eigene Meinung bilden, denn jeder Mensch ist anders.

(Deutsch von Diwali)

Mittwoch, 16. April 2008

The Telegraph 20.10.2006: "His voice is so much like Kishoreda's"

The Telegraph (etc), 20. Oktober 2006

"His voice is so much like Kishoreda’s"

Asha Bhosles neuestes Album gehört ganz ihren Bollywood-Freunden, die mit ihr singen. Und der erste von ihnen ist Sanjay Dutt.

Ashas neuer Freund heißt Munnabhai. Auf „Asha Bhosle and Friends“, einem Musikalbum der legendären Sängerin, ist Ashas erster Freund der Bollywood-Superstar Sanjay Dutt, und er absolvierte seine Aufnahme des Songs „Jaaiye Jaaiye Jaaiye“ mit ihr im Mumbaier Sangeet Studio in glatten 15 Minuten. Eine Tatsache, die bei Asha ein Lächeln hervorruft.

„Ich war verblüfft, mit welchem Tempo Sanju den Song aufnahm. Und seine Stimme ähnelt so sehr der von Kishoreda (= Kishore Kumar). Es schwingt eine Männlichkeit in ihr, die vielen heutigen Playback-Sängern abgeht“ sagt Asha und erteilt damit Munnabhai ein großzügiges Kompliment.

„Ich wäre ja beinahe vom Stuhl gefallen, als ich hörte, dass du einen Song mit mir singen willst“, sprudelt Sanju hervor. „Wie bist du bloß auf mich gekommen?“ Asha hatte dem Music Director Shamir Tandon und dem Regisseur des Videos, S. Ramachandran, gesagt, dass sie mit Sanju singen wolle. „Ich dachte, sie würde einen Sänger wollen. Ich war völlig perplex, als sie Sanjus Namen nannte. Aber sie hat ihre Hausaufgaben gut gemacht“, sagt Tandon. „Und Sanju war mitreißend (rocking). Er absolvierte seine Aufnahme schneller als die meisten Playback-Sänger.“

Anschließend legte die 74-jährige Sängerin auch noch ein Tänzchen mit Sanju aufs Parkett. „Nach den Lippensynchron-Sequenzen für das Video begann sie, mit Sanju zu tanzen. Sie hatte zuvor ganz schüchtern ein paar Schritte mit mir geübt“, sagt der Regisseur und frühere Journalist Ramachandran.

„Ich hatte früher auch schon mit seinem Vater Sunil Dutt gesungen, in dem Film Yeh Raaste Hain Pyaar Ke. Dutt Saab trug während der Aufnahme einen Hut und sah sehr angespannt aus. Als ich ihn fragte, warum er einen Hut trüge, sagte er: als Schutz vor mir“, lacht Asha schallend.

„Es ist genau diese Energie, die in ihr heute den Wunsch weckt, mit noch mehr Stars zu singen. Sie hat uns ihre Wunschliste gegeben, und wir versuchen, sie ihr zu erfüllen“, sagen Tandon und Ramachandran im Chor. Sanju ist derzeit schwer damit beschäftigt, seinen neuesten Schatz – die CD mit dem Song – seiner Familie und seinen Freunden zu präsentieren, die überrascht sind von Sanjus neu entdeckten stimmlichen Fähigkeiten. Asha Bhosle wird in den kommenden Tagen mit einigen anderen Bollywood-Stars noch mehr Songs für ihr Album mit Musik von Shamir Tandon aufnehmen.

(Deutsch von Diwali)

Star & Style 7/1997: The demons that haunt Sanjay

Star & Style, Juli 1997

The demons that haunt Sanjay

Teilnahmslos. Haltlos. Allein. Abgekoppelt. Sich durchs Leben schleppend, Emotionen durchlebend. Langsam im Treibsand der Apathie versinkend. Persönliche Turbulenzen, berufliche Besorgnis, wenig Grund zum Singen und Tanzen. Frei und dennoch geknechtet von den Anforderungen des Lebens.

Als Sanjay Dutt vor knapp einem Jahr das Gefängnis verließ, ahnte er nicht, dass er direkt in ein anderes hineinging. Heute ist er an jedem einzelnen Tag tagsüber dem Gericht ausgeliefert und die ganze Nacht hindurch in den Händen der Regisseure. Schwierig und hart, ohne Zweifel; aber ist es Grund genug, mit dem Leben aufzuhören?

„Sie reden sich leicht“, schnappt Sanju sarkastisch zurück. „Sie machen nicht das durch, was ich durchmache. Ich kann das Hässliche nicht einfach so leicht vergessen. Selbst wenn ich es begraben möchte, meine Lage lässt es nicht zu. Ich denke jeden Tag an die Hölle, in der ich mich befinde, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde. Nur wer selber einen Gerichtsprozess durchmacht, kann die wahre Ernsthaftigkeit der Situation verstehen. Anwälte, Anweisungen, Besprechungen... Ich bin von 9 Uhr morgens bis 5 Uhr abends beim Gericht. Ich drehe jede Nacht. Ich existiere, lebe und atme das in jeder Minute. Selbst wenn ich möchte, ich kann nicht vergessen, mein Kopf ist voller Gedanken darüber, was geschehen wird.“

Gut, man kann nicht selbst erfahren, was er durchmacht, man kann nur verstehen und mitfühlen. Aber sich verschließen und eine Mauer um sich herum errichten ist sicher keine Lösung. Man kann nicht den Schmerz ausschalten in der Hoffnung, dass er dann weggeht. „Nein, ich errichte keine Mauer. Vielleicht erwecke ich den Eindruck, aber dem ist nicht so. Es ist einfach nur so, dass ich heutzutage in einer Situation bin, an der ich nichts ändern kann, über die ich nicht reden, kein Wort sagen kann. Und ich fühle mich so hilflos dabei. Ich habe so viel Schmerz durchlebt, und es ist immer noch nicht vorüber. Deshalb versuche ich, gewisse Dinge auszuschalten. Im Moment besteht meine oberste Priorität darin, aus diesem Schlamassel rauszukommen. Andere Dinge in meinem Leben sind nicht so wichtig. Ich habe derzeit nicht so sehr das Bedürfnis nach Geselligkeit und Kontakten.“ Er lehnt sich mit kaltem Gesichtsausdruck in seinem Stuhl zurück.

Ich zerre ihn zurück in die Menschheit. Ist es nicht an der Zeit, das alles hinter sich zu lassen? „Verdammt noch mal, wie könnte ich das vergessen? Das ist keine Situation, in der du alles mal eben hinter dir lässt. Zumindest ich kann das nicht. Es frisst mich auf, ganz langsam. Manchmal glaube ich, ich werde verrückt. Es gibt so vieles, worüber ich dringend und unbedingt reden möchte, aber ich kann es nicht, und das macht mich kaputt! Sehen Sie, die Anklagen gegen mich sind nicht von der leichten Sorte. Es ist einfach unglaublich, selbst jetzt noch, dass ich meine Unschuld beweisen muss! Es heißt, ich bin ein Terrorist! Ich habe mein Land verraten! Wenn jemand Ihnen sagen würde, Sie seien ein Terrorist, könnten Sie damit leben? Auch ich kann es nicht, aber ich muss es, mit einem Lächeln. Entweder das oder ganz still und leise wahnsinnig werden.“

Unvermittelt bricht er ab. Die Wunde ist noch frisch, die Bitterkeit noch lebendig. „Es ist leicht, über Ungeselligkeit zu reden, wenn man nicht erlebt hat, was ich erlebt habe. Warum sollte ich gesellig sein, und mit wem? Mit Menschen, die nirgends zu finden waren, als ich sie am dringendsten brauchte? Mit Menschen, die mir den Rücken zukehrten, sobald sie sahen, dass ich in Schwierigkeiten steckte? Können Sie sich auch nur ansatzweise vorstellen, was in mir vorging, als Menschen, die ich für meine Freunde hielt, mich fallen ließen, ohne auch nur einen weiteren Gedanken darüber zu verschwenden? Ich fühlte mich verraten, enttäuscht, am Boden zerstört, aber was konnte ich tun? Ich kann verstehen, warum sie so handelten, wie sie gehandelt haben, aber das ändert nichts an diesem Gefühl der Verletztheit in mir. Und deshalb kann ich jetzt nicht mehr durch die Gegend laufen und mit jedem gesellig und lustig sein. Eines habe ich jetzt begriffen: Das einzige, was wirklich zählt und nichts sonst, ist deine Familie. Darüber hinaus gibt es nichts!“ Sanju lehnt sich zurück, verblüfft über die Intensität seiner Gefühle. Er zündet sich eine Zigarette an, um seine Nerven zu beruhigen.

Ganz spontan kommt mir die Frage: Weinen starke Männer? Ruhig antwortet Sanju: „Ja, ich weine mit meiner Familie, und ich habe auch geweint, als ich allein war, als ich mich total hilflos fühlte. Aber vor Fremden zusammenzubrechen wäre bescheuert.“

Ist er härter und gefühlloser geworden? Sanju geht nicht in die Falle. Er blickt in die Ferne und sagt langsam: „Sehen Sie, ich war immer für die Menschen da, die ich wirklich liebe. Immer. Zum Beispiel meine Freunde. Sie können die Menschen fragen, die mit mir gearbeitet haben, oder die, mit denen ich mich gut verstehe, die werden Ihnen sagen, wie oder was ich bin. Aber ich kann einfach nicht jeden umarmen und küssen, dem ich begegne. Ich liebe ganz bestimmte Menschen, bei denen ich mich wohlfühle, meine Freunde und meine Familie.“ Er wird unruhig und platzt jählings heraus: „Hören Sie, warum wechseln wir nicht das Thema? All das ist zu deprimierend, und ich mag es nicht, zu lange da drin rumzuhängen.“

Ich lenke das Gespräch auf glücklichere Zeiten, als seine Mutter noch am Leben war. Sanju schüttelt die düstere Stimmung ab, sein Gesicht wird weich, als er sich erinnert: „Ja, ich weiß noch, wir sind viel gereist. Den Großteil der Sommerferien verbrachten wir immer in London. Wir hatten dort ein Apartment, in dem meine Mutter, meine Schwestern und ich dann immer wohnten. Oft haben wir ganze Tage in dem Spielzeugladen verbracht. Einmal sind wir über Deutschland bis in die Schweiz und nach Italien gefahren. Meine Mutter hat Sightseeing geliebt.“ Er zieht ein schiefes Gesicht und fährt fort: „Sie hat uns ständig um 6 Uhr morgens aufgeweckt und zu all den touristischen Sehenswürdigkeiten geschleppt.“ Hat ihm das Sightseeing keinen Spaß gemacht? „Ich hasse es, zu all diesen speziellen Stellen zu gehen und die Freiheitsstatue oder den Big Ben zu besichtigen.“ Aber was würde er dann in einem neuen Land tun mögen? „Das Land einfach genießen, die Restaurants, die Menschen, die Stadt – warum sollte ich irgendwelche Ruinen besichtigen, oder den Tower of London oder den Big Ben?“ Und warum erwähnt er das Nachtleben nicht? „Ja, das natürlich auch“, grinst er verschmitzt.

Was ist das früheste Erlebnis mit seinen Eltern, an das er sich erinnert? Ein versonnener Blick steigt in Sanjus Augen. „Das war der Tag, an dem meine Eltern mich in meinem Internat ablieferten. Ich weiß noch, dass ich ohne Ende geweint habe. Ich war damals knapp neun Jahre alt. Sie verbrachten den ganzen Tag mit mir, aber um 6 Uhr mussten sie gehen, und plötzlich konnte ich nicht damit umgehen, der lange kalte Schlafsaal, ganz allein ohne meine Eltern, das war traumatisch für mich. Auch meine Mutter hat geweint, nur mein Vater war ein bisschen stärker. Aber schließlich und endlich müssen Eltern an das Wohl ihres Kindes denken. Ich musste aus dieser Atmosphäre in Bombay, in der ich aufwuchs, weggebracht werden. Sie hatten das Gefühl, ich würde mich dort zu einem verzogenen Rotzbengel entwickeln.“ Irgendwelche bitteren Erfahrungen im Internat? „Nein, nein“, lacht er, „meine Erfahrungen im Internat waren großartig. Ich habe dort eine Menge gelernt – zum Beispiel, wie man überlebt –, und du lernst dort auch, dass du ein ganz normaler Mensch bist und nicht irgendein großes Tier. Es lehrt dich, normal zu sein, bodenständig und vernünftig, es macht dich verantwortungsvoller, es macht dich zu einem Mann.“

Sanjay Dutts Welt drehte sich um seine Mutter. Sie beschützte ihn gegen den Rest der Welt. Glaubt er, dass die Dinge heute anders stehen würden, wenn sie noch da wäre? Sanju blickt irritiert drein. „Was ist so anders, wenn sie nicht da ist? Mein Vater hat alles getan, was er tun konnte. Ich glaube, es gibt nur ganz wenige solche Väter wie er, die solchen Schmerz und solche Traumata erleben und dennoch am Ende der Sieger sind. Wissen Sie, ich respektiere ihn wirklich und ich bin sehr stolz auf ihn. Ja, doch, eine Sache wäre anders: Dad hätte Moms Unterstützung gehabt in diesen Zeiten der Prüfung, und das hätte ihm das Leben sehr erleichtert. Außerdem wäre das Leben mit ihr besser, friedlicher, glücklicher. Eine komplette Familie ist etwas Schönes. Wenn man Mutter, Vater, Schwestern hat. Es gibt Momente, da willst du als Kind mit deiner Mutter reden, aber es geht gerade nicht. Und der Vater will mit seiner Frau reden, aber es geht gerade nicht. Aber du kannst dann mit deinen Nöten nicht stattdessen zu ihm kommen und er nicht zu dir. Dieses Gefühl der Nähe und Wärme einer Mutter kann niemand ersetzen. Nicht nur ich, wir alle vermissen sie in jedem Augenblick unseres Lebens. In allem, was wir tun. Mütter haben immer mehr Verständnis für ihre Kinder, sind geduldiger und flexibler. Väter sind strenger, sie wollen Disziplin. Als ich noch jünger war, habe ich von beiden meine Prügel bezogen, von Mom und von Dad. Aber Mom war immer schon zwei Minuten, nachdem sie mich verdroschen hatte, wieder okay.“

Genau in dem Moment wird er vor die Kamera gerufen. Sanjay Dutt dreht gerade für Safari in einer Siedlung in Chembur. Mit eingespielter Leichtigkeit absolviert er die Szene, kehrt zurück und nimmt den Faden des Gespräches wieder auf. Ähnelt er als Individuum mehr seiner Mutter oder seinem Vater? Sanjay sieht verwirrt aus: „Ich weiß es nicht. Ich würde sagen, ich habe beide in mir. Ich habe den Zorn, die Unverblümtheit und Offenheit von meiner Mutter und den Sinn für Werte von meinem Vater. Meine Mutter war ein sehr offener und unverblümter Mensch, mein Vater ist sehr diplomatisch. Mom war sehr warmherzig und großzügig. Und das ist mein Dad auch“, fügt er hastig hinzu, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Töchter sind meist die Lieblinge der Väter und die Söhne die der Mütter. „Das sehe ich genauso“, sagt Sanju. „Meine Mutter hat mich am meisten geliebt, und auch ich habe sie über alles geliebt, weil ich mit allem zu ihr kommen konnte. Dad war streng mit uns. Dads Liebling ist Priya, er ist verrückt nach Priya, aber deshalb fühlen wir uns nicht weniger geliebt. Das stört uns überhaupt nicht. Schließlich ist sie ein ganz liebes Mädchen. Manchmal sage ich ihm: häng dich nicht so an sie, du wirst sie am Ende nicht mal heiraten lassen“ – er bricht ab, als ich laut zu lachen anfange. „Ja“, beharrt er, „er kommt ohne sie nicht aus.“

Beim Gespräch über seine Familie muss ich an seine verstorbene Frau Richa denken. Wie war es, nach Richas Tod nach Amerika zu fliegen? Sanju verliert sich wieder in seine leidvollen Gedanken. „Es war sehr schmerzhaft für mich. Erinnerungen kamen zurück; du siehst jemanden, den du geliebt hast – ein lebendiges, atmendes, warmes Wesen – kalt und still daliegen. Tot. Es war sehr qualvoll für mich, sie in diesem Zustand zu sehen. Es tat weh zu sehen, dass ein so lebensfroher Mensch so im Bett enden kann. Sie hat eine Menge Schmerzen durchmachen müssen.“

Was ist mit seiner Beziehung zu Trishala? Die bis dahin friedliche Ruhe des heißen Mittags ist mit einem Schlag dahin. „Was soll damit sein?“ fragt Sanju argwöhnisch und ein wenig aggressiv. Warum bringt er sie nicht hierher, damit sie bei ihm lebt? Viele glauben, der Grund sei, dass er kein Interesse an seinem Kind habe. „Gottverdammt noch mal!“ brüllt Sanju frustriert auf. „Werden diese Leute mich nie in Ruhe lassen? Wenn sie das glauben, dann von mir aus, dann sollen sie. Es ist mir gleich, was sie denken. Wenn die Leute meinen, ich sei kein guter Vater und dass ich mich nicht um sie kümmere, dann werde ich jetzt nicht hier sitzen und mich dafür rechtfertigen, wie ich meine Tochter aufziehe. Das ist mein Problem mit meinem Kind, und ich werde mich um sie kümmern. Wenn ich sie falsch behandle, dann geht das niemanden etwas an. Handele ich richtig oder falsch? Dafür bin ich nur Trishala gegenüber verantwortlich, und ich will niemand anderem dafür Rede und Antwort stehen müssen! Welcher Vater würde sein Kind nicht lieben? Sie ist mein Fleisch und Blut, mein Kind, meine Gene sind in ihr! Wie könnte ich sie nicht lieben? Niemand hat das Recht, mir zu sagen, wie ich mein Kind aufziehen soll. Ich möchte diesen Leuten nur eines sagen: Haltet euch raus aus meinem Leben! Das ist alles.“

Aber die Leute wissen nicht einmal, ob er in Kontakt zu ihr steht oder nicht. Sanjus Miene erhellt sich. „Wir kommunizieren jede Nacht per E-Mail miteinander. Wir senden einander kleine Botschaften. Sie schickt mir Briefe, Bilder, Karten. Würde sie das tun, wenn sie mich nicht liebte? Schauen Sie“, sagt er wie ein stolzer Vater, „Trishala hört sehr auf mich. So wie neulich, als ich ihr sagte, sie solle Sport treiben, weil sie zugenommen hatte, und wir dann miteinander joggen gingen.“ War er mit ihr in Disneyland? Er verneint es. „Ich hatte wohl kaum Gelegenheit, mit ihr nach Disneyland zu fahren. Ich hatte da drüben nie viel Zeit, um sie mit meiner Trishala zu verbringen. Wohin hätten wir fahren, was hätten wir tun können? Richa lag im Krankenhaus, und da war ich auch, bei ihr. Aber ich bin mit Trishala ins Toysaurus und zum Burger King gegangen. Nur war ich nie mit ihr allein. Wann immer wir zusammen weggingen, hatten wir Polizisten auf den Fersen. Ihre Familie erlaubt es weder mir noch meiner Familie, mit Trishala allein zu sein. Ich weiß nicht, warum.“ Schmerz und Kummer klingen in seiner Stimme, als er weiterredet: „Ich möchte, dass sie ihre Ferien bei mir verbringt, aber Richas Familie lässt Trishala nicht hierher zu mir kommen. Wie soll ich sie hierher bringen? Der einzige Weg, der mir bleibt, um sie zu bekommen, ist der durch die Gerichte, und zumindest im nächsten Jahr kann ich das nicht auch noch. Aber wenn es sein muss, dann werde ich es tun.“

Sanjay Dutts Leben ist gekennzeichnet von einer unendlichen Serie von Tragödien. Woher nimmt er die emotionale Stärke, all das zu überleben, was er durchmachen muss? Nachdenklich meint Sanju: „Ich denke, von Gott. Er hat mir die Stärke gegeben, mich diesen Dingen in meinem Leben zu stellen. Ich denke, man muss es schlichtweg akzeptieren. Es geht ja schließlich nicht weg, wenn du für den Rest seines Lebens darüber weinst und dich quälst. Wenn du immer nur davor wegläufst und dich selbst bemitleidest (er lacht), dann zerbrichst du dich selbst nur noch mehr. Aber wenn du es akzeptierst, dann fängst du an, dich wieder stark zu fühlen.“ Aber es muss doch manchmal frustrierend für ihn sein, wenn etwas nicht so läuft, wie er es gerne hätte? Er stimmt zu: „Natürlich. Aber jede Emotion, die negativ ist, sei es Schmerz oder Wut, die muss man überwinden. Manchmal kann ich es nicht. Auch ich bin nur ein Mensch. Dann lasse ich meine Gefühle und meine Frustrationen an den Menschen aus, die mir etwas bedeuten, wie meine Familie, Rhea oder Pankaj.“

Damit gibt er mir genau das Stichwort, das ich brauche, und ich wechsele über auf sensibles Territorium. Wann wird er Rhea heiraten? Die Wärme verlässt sein Gesicht, seine Augen werden kühl, und er zieht sich sichtbar in sein Schneckenhaus zurück. „Ich möchte im Moment nicht über Rhea sprechen“, sagt er kalt. Und wird reserviert. Zurückgezogen. Abgeschnitten vom Rest der Welt. In sich selbst versunken. Nur ein kleines Mädchen versucht, die kühle Verteidigungslinie zu durchbrechen. „Onkel“, fragt sie zaghaft, „darf ich mit dir zusammen ein Foto machen?“ Eine unglaubliche Zärtlichkeit überzieht Sanjays Gesicht. „Na klar, Darling“, sagt er beruhigend. „Aber warum nur fotografieren? Ich sag dir was“, flüstert er, „wie wäre es mit einem Anruf von meinem Handy auf deines? Gib mir deine Nummer, dann ruf ich dich an.“ Und er tut es.

(Upala K. Basu Roy; Deutsch von Diwali)

Dienstag, 8. April 2008

Filmfare 10.-23.1.2008: Suniel Shetty über Sanjay Dutt

Filmfare, 10.-23. Januar 2008

Aus: You win some, you lose some – Interview mit Suniel Shetty

Filmfare: Sanjay Dutt bewies seine Loyalität, als er für Ihren Film EMI drehte, kaum dass er das Gefängnis verlassen hatte.

Suniel Shetty: Sanjay Dutt ist ein Baby. Er weint buchstäblich jeden Tag und er bringt dich zum Weinen. Ich liebe ihn ohne Ende. Auch meine Kinder, meine Eltern, alle lieben ihn. Es tut weh zu sehen, wenn ihm wehgetan wird. Die Menschen verstehen meine Beziehung zu Sanjay nicht. Wir gehen nicht zusammen auf Partys, wir gehen überhaupt nicht gemeinsam unter die Leute, aber wir sind füreinander da. Er musste ins Gefängnis kurz nach dem Beginn der EMI-Dreharbeiten, und seine einzige Sorge dabei galt mir. Aber glauben Sie mir, mein Film war mir in dem Moment egal. Einzig und allein für ihn hat es mir das Herz zerrissen. Das Band zwischen uns ist unglaublich. Aber ich rede nicht darüber, weil ich nicht möchte, dass irgendjemand unsere Beziehung missversteht.
Zwischen Sanjay Gupta und Sanjay Dutt ist eine Menge passiert. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war Guptas Lästerei über Mission Istanbul. Das hat Baba verletzt. Denn Sanjay Dutt war ein Teil von White Feather Films, und wenn ein Kommentar aus der Richtung von White Feather Films kam, dann war es so, als hätte Sanjay Dutt ihn von sich gegeben. Aber selbst in seinen wildesten Träumen würde Sanjay mich niemals verletzen wollen.

Filmfare: Angeblich hat Sanjay Dutt in den Jahren seiner Verbindung und Partnerschaft mit White Feather Films nichts erhalten. Ist das einer der Gründe für das Ende der Freundschaft zwischen Sanjay Dutt und Sanjay Gupta?

Suniel Shetty: Ich weiß nicht, was sich zwischen Dutt und Gupta abgespielt hat. Ich weiß nichts über die Finanzen von White Feather Films. Aber ich weiß, dass Sanju jetzt sein Hauptaugenmerk mehr auf Sanjay Dutt Productions gerichtet hat und außerdem das Banner seines Vaters, Ajanta Arts, wiederbeleben will. Und er hat Priya, Anju und Manyata, die ihn unterstützen. Alle seine Co-Stars, ob Shahrukh Khan, Salman Khan, Abhishek Bachchan oder ich, sind vernarrt in ihn. Wir haben eine zweifache Beziehung zu Sanjay Dutt: Wir bewundern ihn dafür, dass er durch und durch ein Mann ist, für seinen Stil und für seine Macho-Art, aber schließlich und endlich ist er dennoch ein baba, und so behandeln wir ihn auch.

Filmfare: Und wie reagieren Sie auf Ansichten, Sanjay Dutt müsse für seine Filme wieder in Form kommen?

Suniel Shetty: Das ist Unsinn. Baba ist fit genug. Die Leute vergleichen Baba mit dem, was er früher war. Aber wenn wir unter Druck stehen, dann lassen wir uns doch alle gehen. Ich habe diesen Artikel gelesen, und ich fand das so unfair, zu sagen, Sanjay Dutt müsse trainieren. Sanjay Dutt muss zuallererst seinen Geist und sein Leben in Form bringen, Frieden mit sich selbst finden, damit er sich selbst wieder lieben kann. Sanjay ist eine große Persönlichkeit. Und für EMI passt Baba genau so, wie er ist. Baba mag physisch nicht fit aussehen, aber er ist ein starker Mann. Wir alle können von ihm lernen, wie man auch nach zwei Jahrzehnten extremen Drucks nicht untergeht. Ich wäre längst ein Nervenwrack, wäre ich dem Druck ausgesetzt gewesen, den er in den vergangenen 14 Jahren ertragen hat. Lasst uns nicht Stärken und physische Erscheinungen vergleichen, denn – auch das dürfen wir nicht vergessen – Sanjay Dutt ist 48 Jahre alt. Lasst die anderen erst mal so gut altern wie er, und dann reden wir weiter.

(Purnima Lamchhane; Deutsch von Diwali)

Sonntag, 6. April 2008

Man's World 11/2004: The Big Style Issue

Man’s World, November 2004

The Big Style Issue: India's 50 most stylish men

Der erste Sanjay Dutt, dem wir begegneten, war der klassische junge Mann. Er hatte einen schlanken Körper, matte „bitte hab mich lieb“-Augen und langes glattes Haar. College-Stil.

Der nächste Sanjay Dutt war kantig, gut gebaut und muskulös, mit schickem Haarschnitt und mit der Warnung in den Augen, dass ihn zu lieben bedeutet, verletzt zu werden. Ghetto-Stil.

Der dritte Sanjay Dutt scheint willens, das nun total auf den Kopf zu stellen. Er ist das Tier, das gezähmt werden will, und plötzlich lugt ein verirrter Sinn für Unfug hinter dem Kurzhaarschnitt hervor.

Dutt hat sich schon immer regelmäßig neu erfunden und ist jedem Wettbewerb stets einen Schritt voraus. „Er war der erste, der für eine tolle Physis trainierte, sich ein Tattoo stechen und Strähnchen in die Haare färben ließ. Seine beständigen Experimente mit seinem Aussehen funktionieren so gut, dass sie nach einer Weile zum Trend werden“, sagt sein guter Freund Regisseur Sanjay Gupta.

Selbst mit 45 schlägt er noch locker jeden einzelnen der jüngeren Typen, sobald es um Stil geht; deshalb fiel die Wahl für MTVs Most Stylish Person (male) 2004 auf Sanjay Dutt. Zur Verleihung erschien er in einem leuchtend blauen geblümten Hemd, schwarzen Hosen und einer atemberaubenden langen Jacke mit Metallknöpfen und Beschlägen.

Für Dutt geht es bei Stil eher darum, „wie du dich selbst darstellst, wie du dich kleidest und wie du bist. Mein persönliches Stilkennzeichen ist lediglich ein einfaches weißes Shirt und Blue Jeans, mehr nicht.“ Und doch hat er über die Jahre mit mehreren Looks gearbeitet. Erst seine Jeans-und-Jacke-Phase, dann seine Anzüge, und nun seine Art, interessante Jacken mit Seidenhemden und tollen Stiefeln zu kombinieren.

Zugleich ließ er sich silberne, violette und sogar knallblaue Strähnchen färben. Und er bereitete der Bizeps-Revolution in Bollywood den Weg. „Ich mag diesen klassischen schroffen Look, den du mit Blue Jeans, einem guten Shirt und schönen Schuhen erzeugst. Ein Blazer wirkt Wunder bei einem solchen Look. Aber meine Lieblingskleidung ist und bleibt Blue Jeans und ein schwarzes T-Shirt.“

Der Star gibt zu, dass er gutes Leben und gute Kleidung liebt. „Allem voran kaufe ich Designer-Anzüge, Hemden, Armbanduhren und Krawatten.“

(Deutsch von Diwali)

Stardust 3/1993: Sanjay Dutt - God of the lesser children

Stardust, März 1993

Sanjay Dutt: Gott der geringeren Kinder


Jedes Herz hat eine weiche Ecke, die für die weniger Glücklichen schlägt. Sie mag oder mag nicht gelegentlich zu Tage treten, aber sie ist trotzdem da. Für diese Tatsache lieferte der spaßliebende Sanjay Dutt bei Außendreharbeiten in Ooty (für Sahebzaade) einen unwiderlegbaren Beweis. Es war eine frostkalte Winternacht, aber das war nicht der einzige Grund, warum die glücklicheren Mitglieder der Belegschaft beschlossen, es sich gut gehen zu lassen und sich so warm zu halten. Brandy floss wie Wasser, und die Zentralheizungen liefen auf vollen Touren, um die Leute zu wärmen. Es gab Essen, Spaß, Gelächter und Musik. Nur Sanjay Dutts Herz stimmte nicht mit ein. Es war woanders, außerhalb des Fünf-Sterne-Hotels, bei den Kindern eines geringeren Gottes. Bei den nicht so glücklichen Mitgliedern der Belegschaft, die (buchstäblich) draußen in der Kälte saßen. Die gegen das Frieren nur Tee hatten. Dieser Gedanke war zu bitter für Sanju, und er beschloss, sich zu ihnen zu gesellen, um ihre Misere selbst zu erleben. Es war hart. Er beschloss, etwas dagegen zu tun. Unverzüglich rief er einen Freund in Bombay an, der am nächsten Tag nach Ooty kommen wollte. Sanju bat ihn, einen Haufen Decken und eine Menge Geld mitzubringen. Und am nächsten Tag verteilte er sorgfältig die gottgesandten Wolldecken und Brandyflaschen an die wahrhaft Bedürftigen. Und alle erhoben in dieser Nacht das Glas einzig und allein auf ihren Sanju baba. In diesem Augenblick war er Gott für die Armen und Bedauernswerten. Und wenn sie ab sofort alles unter der Sonne für ihn tun, dann ist das nur die Belohnung für eine gute Tat.

(Deutsch von Diwali)