Freitag, 10. April 2009

Sanjay alleges he was tortured in Mumbai blast case

Quelle / Source in English
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Sanjay spricht von Folter während seines TADA-Prozesses

Sanjay scheint nun seinen Kreuzzug gegen Ungerechtigkeiten im indischen Rechtssystem zu beginnen und sich dabei überhaupt nicht darum zu scheren, welche Konsequenzen das für ihn haben könnte. (Wie ich nach der jüngsten SC-Entscheidung ja sagte: Wahrscheinlich macht er sich jetzt keine Illusionen mehr in Bezug auf seine Berufung; er ahnt, dass sie ihm nichts, aber auch gar nichts bringen wird. Wozu also dann noch vornehme Zurückhaltung üben.)

Jedenfalls hat er jetzt bei einer Wahlkampfveranstaltung in Barelly/Uttar Pradesh erstmals die lange schwelenden (und bislang von ihm stets zurückgewiesenen) Gerüchte bestätigt, dass er in Zusammenhang mit seiner TADA-Verhaftung gefoltert wurde: "Sie ziehen Schuldanerkenntnisse aus dir raus... sie schlagen dich zusammen. Die Polizei hielt mir vor, dass meine Mutter Muslim und mein Vater Hindu war. Sie brachten mich dazu, Papiere zu unterschreiben. TADA kann jeden brechen und fertigmachen. Wenn du das Verbrechen nicht gestehst, dann bringen sich dazu, ein Geständnis zu unterschreiben, indem sie dich zusammenschlagen. Genau das passierte auch mit mir. Bringt mir diesen Polizisten; nach der entsprechenden Behandlung bringe ich ihn zu dem Geständnis, dass er und nicht Osama Bin Laden den Angriff auf die Twin Towers in New York angeordnet hat."

In Bezug auf das Rechtssystem ist Sanju weit davon entfernt, den vergebenden Gandhi zu geben; er ist in diesem Punkt oft genug verletzt worden, bezeichnet Gesetze wie TADA (Terrorist And Disruptive Activities) und POTA (Prevention of Terrorism Act) als gefährlich und sympathisiert offen mit all jenen, deren Elend er am eigenen Leib erlebt hat: "Es gibt viele Menschen wie mich, die im Gefängnis schmachten. Es gibt keine Gerechtigkeit. Ich weiß nicht mal, was TADA ist und was POTA ist."



Der letzte Satz hat mich ein Weilchen grübeln lassen. Denn natürlich weiß Sanju, was TADA ist; vermutlich kennt er das Gesetz von vorne bis hinten auswendig. Ich komme zu der Vermutung, dass der Satz gemeint war im Sinne von: "Ich weiß nicht, was bei dem, was die Behörden machen, TADA und was POTA ist"; sprich: Die Justiz macht bei Prävention und Ernstfall keine Unterschiede, und schon beim leistesten Verdacht wird man wie ein Schwerverbrecher behandelt. (POTA = The Prevention of Terrorism Act)

Ja, ja, es gab von Anfang an immer wieder Gerüchte, Sanju sei während seiner U-Haft gefoltert worden - selbst vom dritten Grad war die Rede. Sanju hat dies später immer bestritten; aber andererseits, wer weiß, was er noch alles für sich hat behalten müssen, solange sein Verfahren lief. Als er im November 1994 sein Geständnis widerrief, geschah dies ja auch mit der Begründung, er habe es damals unter Druck abgelegt. Also mit Samthandschuhen hat man ihn bestimmt nicht angefasst. Zumal er ein halber Muslim ist, was ihm damals in der allgemeinen Anti-Muslim-Stimmung wohl auch nicht gerade geholfen hat.

Eines von Sanjus Argumenten für sein Berufungsverfahren ist, dass es keine Beweise für seine Schuld gibt und er nur aufgrund eines Geständnisses verurteilt wurde, das er zuvor widerrufen hat. Wenn das Geständnis unter Folter abgelegt wurde, dann könnte dies ein zusätzliches Argument für Sanju werden. Aber abgesehen davon geht es ihm wohl wirklich darum, Missstände im Rechtssystem anzuprangern und womöglich zu beseitigen - das hat man ja nach seiner letzten Freilassung schon gemerkt, als er offen gegen die Gefängnisregeln wetterte, die aus der Zeit der britischen Kolonialherren stammen und daher auf völlige Entrechtung der Gefangenen zielen.

Offenbar pfeift Sanju inzwischen darauf, ob und welche Konsequenzen solche Attacken gegen die Justiz bzw. die Gerechtigkeit gegen ihn haben werden. Nach dem Motto: Wenn ich schon irgendwann mal nochmal in den Knast muss, dann wenigstens für eine Sache, die ich wirklich getan habe und zu der ich stehe.

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