Donnerstag, 14. Februar 2013

Son Of Sardaar (2012)


Zur Story: Jaswinder Singh Randhawa, genannt Jassi (Ajay Devgn), lebt in London. Dort erfährt er, dass die Regierung im Punjab ein Stück Land in Phagwada kaufen will, das ihm gehört. Deshalb reist er in das Land seiner Väter. Unterwegs trifft er die hübsche Sukhmit, genannt Sukh (Sonakshi Sinha), und landet als Gast im Haus ihrer Familie, angeführt von Balwinder Singh Sandhu, genannt Billoo (Sanjay Dutt). Zu spät gelangt Billoo zu der Erkenntnis, dass der so gastfreundlich aufgenommene Jassi aus der Randhawa-Familie stammt, mit der die Sandhus schon seit Generationen verfeindet sind. Billoo hat nach der Ermordung seines Onkels durch Jassis Vater sogar geschworen, seine Braut Parminder, genannt Pammi (Juhi Chawla), erst dann zu heiraten, wenn er das letzte Mitglied der Randhawa-Familie getötet hat. Nach 25 Jahren scheint der Tag der Rache nun gekommen zu sein – aber dazu muss Jassi Billoos Haus erst wieder verlassen, denn die Gastfreundschaft ist den Sandhus heilig. Jassi wiederum, der ebenfalls begriffen hat, mit wem er es zu tun hat, versucht deswegen nun mit allen Mitteln, im Haus zu bleiben...

Einen Masala-Entertainer für die ganze Familie, den perfekten Filmspaß für das Diwali-Fest versprach Produzent und Hauptdarsteller Ajay Devgn mit seiner Komödie Son Of Sardaar (den Titel überließ ihm großzügig Akshay Kumar, dem Ajay dafür in den Credits ebenso dankte wie Salman Khan, der einen sympathischen Gastauftritt in dem Film absolviert). Deshalb ließ Ajay es sich auch nicht nehmen, SOS am Diwali-Wochenende 2012 herauszubringen, obwohl gleichzeitig ein anderes filmisches Schwergewicht angekündigt war: Yash Chopras Regiearbeit Jab Tak Hai Jaan mit Shahrukh Khan, Katrina Kaif und Anushka Sharma. Selbst nach Yashs überraschendem Tod kurz vor der Premiere, als prompt Stimmen laut wurden, Ajay solle seinen Film zurückziehen und Chopras Schwanengesang das Diwali-Feld allein überlassen, wich Ajay nicht von der Stelle; seiner Ansicht nach sei genug Raum für zwei, noch dazu grundverschiedene Filme, und warum sollte man die Leute ihres Vergnügens berauben, die sich auf den Masala-Spaß an Diwali gefreut hätten? Der Erfolg gab ihm letzten Endes recht: Beide Filme knackten die 100-Crore-Marke und wurden zu Hits, und die Industrie feierte mit dem zuvor als suizidal verurteilten Clash eines der erfolgreichsten Diwalis aller Zeiten.

Ajay dürfte vermutlich aber auch geahnt haben, dass sein Film an jedem anderen Wochenende weniger eindrucksvoll eingeschlagen hätte. Zu sehr ist er auf die Diwali-Feierlaune der Inder zugeschnitten, bis hin zu dem "Happy Diwali"-Schild, das Ajay, Sonakshi, Sanjay und Gaststar Salman am Ende des während der Endcredits laufenden "Pon Pon"-Clips feuerwerkselig in die Kamera halten. Dass SOS für einen Familienfilmspaß erstaunlich viel Blut durch Schwerter verspritzen und ausgeschlagene Zähne und verprügelte Menschen durch die Gegend fliegen lässt – geschenkt. Die Stimmung ist von Anfang an da, wenn Ajay mit gespreizten Beinen auf zwei Schimmeln stehend (und damit auf seinen Markenzeichen-Motorradspagat aus seinem Debütfilm Phool Aur Kaante anspielend) angaloppiert kommt. Flotte Musik, coole Massentanzszenen und dazu Action und Raufereien im südindischen Zeitlupen-Stil, da weiß man schon nach den ersten zehn Minuten, wohin der Punjabi-Hase läuft. Aber andererseits erwartet ohnehin niemand, der sich einigermaßen mit der Hindi-Filmszene auskennt, eine cineastische Sternstunde, wenn eine Masala-Komödie für Diwali angekündigt wird.

Wobei, um der Wahrheit die Ehre zu geben: Son Of Sardaar ist allemal um Längen besser als so manche hirnlose Komödie, die es heutzutage erschreckend mühelos zum Blockbuster schafft. Inspiriert von dem Telugu-Hit Maryada Ramanna, ist der Film – wie die im Titelsong so beschriebenen Sardars – "a complete package of action and emotion". Für die Action sorgen vor allem die beiden so rachsüchtigen wie geistig beschränkten Sandhu-Brüder Tony (Mukul Dev) und Tito (Vidhu Dara Singh), aber natürlich auch der finstere Ober-Rächer Sanjay Dutt und der zeitweise wie aufgedreht spielende Ajay Devgn; im wirklichen Leben dicke Freunde, hatten die beiden an ihren Konfrontationen und an ihrer ausgedehnten Raufszene gegen Ende des Films mit Sicherheit ihren Heidenspaß.

Aber gerade diese beiden Hauptfiguren sorgen auch auf zum Teil bewegende Weise für die emotionalen Elemente des Films, und das nicht nur in der (leider viel zu kurzen) nächtlichen Balustradenszene, in der sie die Sinnlosigkeit dieses unversöhnlichen Familienhasses thematisieren. Ajay berührt vor allem in der Szene, in der Jassi auf seine Liebe zu Sukh (selbstbewusst und temperamentvoll: Sonakshi Sinha) zugunsten des netten Bobby (sehr sympathisch: Arjan Bajwa) verzichtet. Auch seine Szenen mit seiner Real-Life-Schwiegermutter Tanuja in der Rolle der Sandhu-Matriarchin Bebe machen Freude. Und Sanjay und die bezaubernde Juhi Chawla haben nichts von ihrer Safari-Chemie verloren: Wenn die als Halbverheiratete seit 25 Jahren in Billoos Haus lebende Pammi unerschütterlich immer wieder versucht, Billoo dazu zu bewegen, sie endlich zu heiraten und Kinder mit ihr zu bekommen, und Billoo einerseits dies nur zu gern tun würde, andererseits sich jedoch nicht von seinem vermaledeiten Racheschwur lösen kann, dann kommen bei Darstellern wie Sanjay (dessen Ausstrahlung selbst das fettsträhnige Langhaar nichts anhaben kann) und Juhi (an der die Jahre nach wie vor bewundernswert spurlos vorübergehen) einfach nur total süße Szenen dabei heraus.

Darüber hinaus gibt es auch immer wieder gelungene kleine Gags und Anspielungen wie zum Beispiel Sonakshis mit der Stimme ihres Shotgun-Vaters gebietendes "Khamosh!!" oder die Anspielung auf die DDLJ-Zugszene, die diesmal so ganz anders endet als in der Vorlage. All dies in Kombination mit einem Ensemble in blendender Spiellaune sorget dafür, dass man sich mit SOS letzten Endes durchaus gut unterhalten kann – auch wenn der Film, wie gesagt, alles andere als ein großer cineastischer Wurf ist. Aber das sollte er in dem Sinne ja auch nie werden.

Dennoch bleibt die Frage: Wie lange werden solche Filme in Indien noch überlebensfähig bleiben? Das Jahr 2012 hat gezeigt, dass beim Publikum ein Umdenken stattfindet – dass nicht mehr nur auf Stars zugeschnittene und oft erschreckend skriptfreie Vehikel ankommen, sondern dass immer häufiger auch (kleine) Filme ihr Publikum finden, deren Schwerpunkt auf dem Erzählen einer gut durchdachten Story und auf solidem Handwerk liegt. Die Erfolge von Filmen wie Barfi, Vicky Donor, Paan Singh Tomar und English Vinglish sprechen für sich. Deswegen sollten Ajay, Sanjay & Co. die Zeichen der Zeit im Auge behalten, denn auch hier gilt früher oder später: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Beziehungsweise in diesem Fall die Box-Office-Bilanz.

Produktion: Ajay Devgn, NR Pachisia, Pravin Talreja; Regie: Ashwni Dhir
141 Min.; DVD: Eros International, englische UT (inkl. Songs)
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