Montag, 26. März 2007

Ciné-Blitz 10/1996: "Richas letzte Augenblicke - Sanjay am Boden zerstört"

Ciné-Blitz, Oktober 1996

"Richas letzte Augenblicke - Sanjay am Boden zerstört!"

Anlass für den Artikel war ein Bulletin aus dem Memorial Sloan-Kettering Cancer Center New York, in dem mitgeteilt wurde, dass Richa Sharma-Dutts Tumor ein Stadium erreicht habe, bei dem keine Therapie mehr möglich sei, und sie habe nunmehr nur noch kurze Zeit zu leben.

Acht Jahre lang hat Richa z.T. erfolgreich gegen ihre Krebserkrankung gekämpft. Doch am 4. August 1996, kurz vor ihrem Geburtstag, erlitt sie - geschwächt von den vielen Chemotherapien - einen Schlaganfall, der ihren Körper rechtsseitig lähmte. Nach bereits drei erfolgten Gehirn-Operationen war keine weitere mehr möglich; jeder weitere Versuch, den Tumor zu entfernen, hätte eher noch mehr Schaden verursacht. Richa schwankte nunmehr zwischen hellwachen Phasen und solchen, wo sie nicht einmal mehr ihre eigene Familie erkannte, und konnte sich kaum noch verständlich machen.

Als Sanjay - damals noch offiziell mit Richa verheiratet, obwohl die Ehe längst gescheitert war - davon erfuhr, war er erschüttert. Fünfeinhalb Jahre lang hatte alles so ausgesehen, als würde Richa es schaffen, und an diese Hoffnung hatte er sich geklammert. Obwohl er durch sein laufendes TADA-Verfahren genug eigene Probleme hatte, wollte er in dieser kritischen Phase unbedingt an Richas Seite sein und bat sofort das TADA-Gericht um die Genehmigung, seine kranke Frau in New York besuchen zu dürfen. Am 14. August erhielt er die Genehmigung (fast ein Wunder, wenn man bedenkt, dass er damals laut den Kautionsregeln eine Genehmigung zum Verlassen des Landes noch gar nicht hätte erhalten dürfen) und flog am 17. August nach New York, wo Richa überglücklich war, ihn zu sehen, und mit großer Anstrengung versuchte, mit ihm zu sprechen. Sanjay verbrachte viele Stunden mit ihr und Trishala, und zum ersten Mal seit vielen Tagen sah Richa beim Anblick des guten Verhältnisses von Vater und Tochter wieder richtig glücklich aus.

Doch dann verschlechterte sich Richas Gesundheitszustand, und Sanjay, der am 27. August wieder vor dem Gericht hätte erscheinen sollen, flehte das Gericht um eine Verlängerung seiner Sondergenehmigung an, unterstützt durch einen Brief des Krankenhaus-Arztes Jatin Shah, in dem dieser dem Gericht Richas Zustand schilderte. Tatsächlich hatte das Gericht ein Einsehen und verlängerte Sanjays Aufenthaltsgenehmigung bis zum 4. September, und Sanjay nutzte diese Zeit buchstäblich bis zur letzten Minute, nahm am 2. September den Nachtflug zurück und meldete sich am 4. pünktlich vor Gericht zurück.

Jedoch: "Seit seiner Rückkehr aus New York ist Sanjay ein niedergeschmetterter Mann. Es ist ein Wahnsinn, wie dieser Mann mit all den Traumata in seinem Leben zurechtkommt. Es scheint fast so, als habe das Schicksal beschlossen, ihm vollständig den Rücken zuzukehren. Nichts scheint für ihn gut zu gehen, und man kann sich wohl nicht einmal ansatzweise vorstellen, was dieser Mann durchmachen muss. Die Sorge wegen seines laufendes Verfahrens, die Angst, seine Frau zu verlieren, das Schuldgefühl, seine Tochter Trishala nicht bei sich zu haben, und natürlich das Bewusstsein, dass er möglicherweise bald alleine für sie verantwortlich sein wird, müssen ihn doch permanent verfolgen."

Der Gehirntumor war bei Richa erstmals im März 1989 aufgetreten, knapp zwei Jahre nach ihrer Hochzeit mit Sanjay und gerade mal sieben Monate nach der Geburt Trishalas. Sanjay hatte damals beschlossen, Richa nach New York in das Sloan-Kettering-Krebszentrum zu bringen, in dem auch schon seine Mutter Nargis behandelt worden war. Dort wurde sie operiert und unterzog sich einer schmerzhaften Chemotherapie. Mitglieder der Sharma- und der Dutt-Familie wachten rund um die Uhr an ihrem Bett. Sanjay, der damals nach seiner Drogenphase gerade dabei war, festen Fuß in der Filmindustrie zu fassen, besuchte sie, so oft sein vollgestopfter Terminkalender es ermöglichte.

Schon bald gab es Anlass zur Hoffnung. Richa ging es besser, und die Ärzte erklärten, dass man den Krebs als besiegt betrachten könne, wenn der Tumor innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht wiederkehren würde. Aber die vielen drastischen Veränderungen in Sanjays und Richas Leben hatten längst ihren Zoll gefordert. Die beiden hatten sich voneinander entfernt, das Scheitern ihrer Ehe wurde allmählich offensichtlich, und Sanjay dachte 1992 erstmals ernsthaft an Scheidung. Kurze Zeit später wurde er in den TADA-Fall verwickelt; alle anderen privaten Probleme wurden zweitrangig. Erst nach seiner Freilassung auf Kaution Ende 1995 konnte er sich wieder damit befassen - doch just in diesem Augenblick wurden alle Hoffnungen auf Richas vollständige Genesung jäh zerstört: Nach fünfeinhalb Jahren - mehr, als die Ärzte in ihrer Hoffnungsprognose angegeben hatten - kehrte der Tumor zurück. Damit kam für Sanjay eine Scheidung nicht mehr in Frage: "Das wäre rücksichtslos hoch drei von mir gewesen. Solange sie krank ist, will ich sie unterstützen und für sie da sein." Ein paar Monate später dann erlitt Richa jenen Schlaganfall, nach dem Sanjay die Ausnahmegenehmigung bekam, sie in New York zu besuchen.

Nach seiner Rückkehr stand er sichtlich unter Schock: "Ich kann es immer noch nicht glauben, ich fühle mich wie betäubt. Ich kann nicht fassen, dass so etwas Drastisches geschehen konnte. Ich wollte unbedingt bei ihr sein, ihr Frieden bringen und sie glücklich machen." Über Richas Aussichten meinte er "Man gibt ihr weiterhin ihre Medikamente, aber keine Therapie der Welt kann ihr mehr helfen. Ihr geschwächter Körper verträgt keine Chemotherapie mehr, eine weitere Operation ist auch nicht mehr denkbar, und der Tumor breitet sich immer weiter aus. Uns bleiben nur noch Gott und unsere Gebete. Die Ärzte können nichts mehr tun. Ich bin überzeugt, sie haben alles für Richa getan, was sie konnten. Ob sie jetzt noch einen Tag, eine Woche, einen Monat oder vielleicht sogar noch ein Jahr leben wird, weiß niemand."

Laut der Reporterin standen in Sanjays Augen Zärtlichkeit und Schmerz zugleich. "Richa war sehr glücklich, mich zu sehen. Zum ersten Mal seit Tagen sprach sie wieder, und ich konnte sehen, wieviel Schmerzen ihr das bereitete. Der Tumor hat einige ihrer Körperfunktionen zerstört und ihr Nervensystem angegriffen. Als ich die Ärzte darauf ansprach, dass sie Richa für außer Gefahr erklärt hatten, sollte der Tumor sich fünf Jahre lang nicht mehr blicken lassen, meinten sie, es sei ein Wunder, dass Richa fünfeinhalb Jahre lang überlebt hatte. Andere Patienten mit einem solchen Tumor überleben nicht einmal zwei Jahre." Befragt, was im Falle von Richas Tod aus der kleinen Trishala werden würde, die nie ein richtiges Familienleben mit Vater und Mutter gekannt hat, bat Sanjay, solche Fragen vorerst nicht zu stellen: "Ich habe noch gar nichts entschieden. Damit befasse ich mich später. Jetzt geht es erst einmal darum, dass es Richa gut geht und sie Frieden findet." Und sollte er noch einmal in New York gebraucht werden, dann wird er erneut um eine Sondergenehmigung beim Gericht bitten - "und wenn ich dafür bis zum Supreme Court gehen muss, aber wenn sich Richas Zustand verschlimmert, dann werde ich bei ihr sein."

(Sonali K.; auf Deutsch zusammengefasst von Diwali)

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