Zur Story: Der gewiefte und gewissenlose Investment Banker Tony Khosla, genannt Bachchu (Irrfan), arbeitet für den korrupten Central Minister Bapuji (Gulshan Grover), der Politik als Geschäft betrachtet und immense Summen Schwarzgeld auf mehreren Konten der Euro Swiss Bank in Zürich hortet. An diesem Morgen soll Tony mehrere Wahlhelfer von Bapuji mit Bargeld beliefern und lässt sich die Adressen sicherheitshalber über einen öffentlichen Fernsprecher in einer Telefonzelle durchgeben. Doch bevor er die Zelle wieder verlassen kann, wird er von einem Unbekannten (Sanjay Dutt) angerufen, der ihm klarmacht, dass er ein Gewehr auf Tony gerichtet hat, und ihn so dazu zwingen will, alle seine Anweisungen zu befolgen. Bald werden Polizei und Medien auf das Drama in der Telefonzelle aufmerksam – und damit auch Bapuji, der mit allen Mitteln verhindern will, dass Tonys Verbindung zu ihm und seinem Schwarzgeld aufgedeckt wird; denn genau das ist offenbar das Ziel des unbekannten Scharfschützen...
"Phone-Booth-Kopie" heulten die Medien von Beginn der Dreharbeiten an, auch wenn Regisseur Mani Shankar immer wieder betonte, dass das Motiv des Mannes, der in einer Telefonzelle von einem Scharfschützen als Geisel gehalten wird, die einzige Gemeinsamkeit seines Filmes mit diesem Hollywood-Streifen sei. Aber schließlich reichten die Macher von Phone Booth wenige Tage vor der Premiere von Knock Out eine Klage wegen Copyright-Verletzung ein, bei der sie tatsächlich Recht bekamen – angeblich sei Knock Out Szene für Szene von Phone Booth kopiert. Wie das möglich sein soll, da es in Phone Booth meines Wissens nach keineswegs um das Aufdecken von Politiker-Korruption und Geldwäsche geht, ist mir nach wie vor ein Rätsel (ja, ich gestehe: Ich kenne Phone Booth nicht), aber in jedem Fall war der Schaden immens; zwar durfte der Film dank einer einstweiligen Verfügung dennoch starten, doch die allgemeine Stimmung war derart gegen den Film aufgeheizt, dass er gnadenlos floppte – trotz einiger mutiger Kritikerstimmen, die das allgemeine "Abkupferer"-Geschrei verurteilten und Knock Out sogar besser als Phone Booth einstuften.
Letzteres kann ich, wie gesagt, nicht beurteilen, aber in jedem Fall habe ich mich mit Knock Out zwei Stunden lang glänzend unterhalten, und das ist es, was am Ende des Tages für mich zählt. Mani Shankar hat Mitte der 90er Jahre im Büro des indischen Premierministers gearbeitet und dabei wohl Einblicke in so manchen finanziellen Skandal gewonnen. Diese Erfahrungen hat er nun in seinem politischen Thriller Knock Out verarbeitet, unter dem Motto "Let's knock out this system – we must bring our money back". Der Film spielt in Realzeit (von 11 bis 13 Uhr) und verzichtet auf jegliche Songs – ein pro forma gedrehter Item-Song mit Mahi Gill flog am Ende ebenso aus dem Film raus wie der mit Sanjay Dutt als Protagonist gedrehte Clip zum Titelsong, der lediglich für die Promotion des Films verwendet wurde. Auf diese Weise gelang es Shankar, die Spannung über zwei Stunden lang kontinuierlich aufzubauen und immer mehr zu steigern.
Dabei konnte er auf zwei grandiose Protagonisten bauen: Sanjay Dutt und Irrfan Khan, die sich während der Dreharbeiten zwar niemals begegneten, sich aber dennoch gegenseitig die Dialoge um die Ohren fetzen, als hätten sie ihren Kontrahenten leibhaftig vor sich und könnten direkt auf ihn reagieren. Tolle Leistung. Sanjay spielt seinen Part souverän, mit ruhiger, besonnener Abgeklärtheit und bisweilen auch mit einem kleinen Zwinkern im Augenwinkel. Seine Martial-Arts-Einlage mit dem britischen Action-Choreographen Joey Ansah, der (wie bei Matt Damon in The Bourne Ultimatum) persönlich Sanjays Nahkampf-Gegner gespielt hat, ist sehenswert – Sanjay setzte Joeys Karatekünsten seine Fertigkeiten in Jiu Jitsu und Chow Lin Foot entgegen, und kein Zweifel, auch mit inzwischen über 50: Er kann es noch immer.
Irrfan wandelt sich vom aalglatten Banker zu einem hilflosen Menschen, der buchstäblich um sein Leben redet und am Ende über sich hinauswächst. Er hat auch die zweifellos köstlichste Szene des Filmes – seine ihm von Sanjay aufgezwungene "Tanz"-Einlage. Herrlich! Gegen diese beiden darstellerischen Kaliber hat es der Rest des Casts schwer; am eindrucksvollsten bleibt dabei Sushant Singh im Gedächtnis, der den ehrlichen Polizisten Vikram vollkommen natürlich und ohne irgendwelche Mätzchen spielt und gerade dadurch positiv auffällt. Kangna Ranaut als TV-Reporterin Nidhi Srivastav macht sich insgesamt gut; Gulshan Grover gelingt es dank seiner Routine, dem korrupten Minister seine Brandgefährlichkeit zu bewahren – bei einem schwächeren Darsteller wäre diese Figur mit ihren Wutausbrüchen möglicherweise ins Chargenhafte abgerutscht. Alle anderen, von Rukhsar als Tonys Frau Lakshmi bis zu dem Regisseur Apoorva Lakhia, der sich hier als Encounter-Spezialist Ranvir Singh zur Abwechslung mal als Schauspieler versucht, haben nicht viel zu tun. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich ganz und gar auf das Duell Sanjay-Irrfan. Und das ist großartig. Man bedauert dabei nur eines: dass es keine direkte Interaktion zwischen den beiden gab. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Hoffentlich.
Produktion: AAP Entertainment Ltd. Sohail Maklai; Regie: Mani Shankar
111 Min.; DVD: Moserbaer, englische UT
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The making of 'Knock Out' - Part 01
The making of 'Knock Out' - Part 02
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