Freitag, 2. November 2007

Dhamaal (2007)

Zur Story: Deshbandhu Roy (Ritesh Deshmukh), Boman Contracter (Aashish Chowdhry) und die Brüder Aditya (Arshad Warsi) und Manav Shrivastav (Javed Jaffrey) sind vier Freunde, für die Arbeit ein Fremdwort ist und die sich mit Betrügereien aller Art durchs Leben schlagen. Als sie Augenzeugen eines Autounfalls werden und dem verunglückten Fahrer Bose (Prem Chopra) zu Hilfe eilen, verrät dieser ihnen sterbend, er habe die Ersparnisse seines Lebens – 100 Millionen Rupien – in einem Friedhof in Goa vergraben. Prompt setzen die vier alles daran, nach Goa zu gelangen und das Geld an sich zu nehmen, doch schon auf dem Weg dorthin zerstreiten sie sich restlos, so dass fortan jeder dem anderen zuvorzukommen sucht. Dabei erhält Boman unerwünscht Gesellschaft von seinem hysterischen Vater Nari (Asrani) und Roy von einem Terroristen namens Babu Bhai (Sanjay Mishra). Und noch einer mischt in der wilden Verfolgungsjagd nach Goa mit: Inspektor Kabir Nayak (Sanjay Dutt), der den kriminellen Bose zehn Jahre lang vergeblich gejagt hat und nun als Ersatz für die entgangene Beförderung wenigstens die 100 Millionen einkassieren möchte...

"No Drama + No Romance + No Action = Dhamaal" wirbt die Tagline für diesen Film. Wobei der wichtigste Punkt im Vorfeld der mit "No Romance" war, wurde doch von Anfang an stets betont, dass es in Dhamaal (= Spaß) keine weibliche Hauptfigur und demnach keine Liebesgeschichte gäbe. Auch wenn die Phrase etwas abgedroschen klingt: Und das ist auch gut so. Bei diesem Katz-und-Maus-Spiel zwischen vier nicht gerade von des Gedankens Blässe angekränkelten Nichtsnutzen, einem abgedrehten autoverliebten Papa, einer Terroristen-Knallcharge und einem Inspektor, der auch nicht so cool ist, wie er sich gibt, hätte jeder Anflug von Romanze empfindlich gestört und den Fluss der Handlung nur unnötig aufgehalten.

Denn das muss man der Story lassen: Sie hat keine Hänger. Es ist immer etwas los. Und ich kann gar nicht begreifen, warum die meisten indischen Kritiker die zweite Hälfte des Films bemängelten – gerade der Teil, in dem die zerstrittenen Freunde und der Inspektor jeder auf seine Weise versucht, nach Goa zu gelangen, gefiel mir fast besser als der erste, zumal gegen Ende hin die Spannung sehr gut immer weiter vorangetrieben wurde. Dennoch ist der Film insgesamt allemal Durchschnitt. Die Witze sind teils (für meinen Geschmack zu) schrill und laut, teils abgestanden und nur zu einem gewissen Teil so, dass ich behaupten kann: Ja, da habe ich mich amüsiert und konnte auch wirklich voll loslachen.

Das verdankt sich jedoch vor allem den Darstellern, die durch die Bank über ein herrliches Gespür für Komik und über das entsprechende Timing verfügen. Dass Javed Jaffrey als mehr als nur leicht unterbelichteter Manav, der mit seinem notorischen Wahrheitstick seine Kumpels permanent in die Bredouille reitet, bei den indischen Kritikern meist am besten wegkam, wundert mich bei meinem derzeitigen Wissensstand über den indischen Humor nicht mehr sonderlich; ich kann mit dieser Form des Overactens wenig anfangen, aber wer’s mag, kann sich mit Javed bestens amüsieren. Sehr positive Überraschungen waren Ritesh Deshmukh (eine gelungene Mischung aus coolem Möchtegern-Held und sympathischem Loser) und Aashish Chowdhry (der dank seines schlagfertigen Vaters das ärmste Schwein der Viererbande ist). Arshad "you’re so smart, Adi" Warsi kann an seine grandiosen Circuit-Leistungen nicht ganz anknüpfen, aber allein schon für seine Saxophon-Szene muss man ihn einfach lieben.

Bleibt noch Sanjay Dutt als um seine Beförderung geprellter und Dummköpfe jagender Inspektor. Hm. Also zuerst mal das Allerbeste: Er verzichtet diesmal auf jedes Overacting (was seit Ek Aur Ek Gyarah und Shaadi No. 1 jedesmal meine ärgste Befürchtung ist, wenn ich höre, dass er wieder in einem "laugh riot" mitspielt). Auch sein Timing ist verlässlich wie immer, und mit seinem staubtrockenen Humor würzt er so manche Witzszene delikat nach. Aber – vielleicht kenne ich ihn mittlerweile auch einfach nur zu gut – man merkt diesmal, dass es ihm während der Dreharbeiten nicht gut ging. Normalerweise beherrscht er die Kunst perfekt, seine privaten Probleme in seiner Arbeit nicht durchscheinen zu lassen, aber diesmal hing das Damoklesschwert des unmittelbar bevorstehenden Urteils in seinem Verfahren wegen illegalen Waffenbesitzes wohl doch zu tief über ihm. Regisseur Indra Kumar bezeugte ihm denn auch vor der Filmpremiere seine absolute Hochachtung dafür, in seiner prekären Situation den Film nicht geschmissen, sondern professionell zu Ende geführt zu haben: "Wäre ich an seiner Stelle gewesen, dann wäre Dhamaal bis heute noch nicht fertig."

Vielleicht hat Kumar deshalb seinem Kabir Nayak – ein Name, der verdächtig Sanjus einstiger Paraderolle des Khalnayak entlehnt scheint (dessen Titelsong prompt auch ausgerechnet an der Stelle im Hintergrund erklingt, als Kabir von den vier Freunden als angeblicher gemeingefährlicher Verbrecher angeschwärzt wird) – solch spezielle Szenen geschenkt wie die mit den für einen Auftritt verkleideten Kindern, von denen das mit der Krrish-Maske ihm feierlich bescheinigt: "You are the real superhero." Oder die schöne Schlussszene, in der diese Kinder ihm noch einmal einstimmig bestätigen: "We love you, uncle." Im Nachhinein erscheinen diese Stellen des Films wie vorab vorsorglich getätigte Statements für den worst case, der ja auch prompt nur kurze Zeit nach der letzten Klappe eintrat.

Insofern kann man nur voll Bewunderung den Hut ziehen, wenn Sanju am Ende zusammen mit Arshad, Ritesh, Javed und Aashish zu den Endcredits rockt wie in seinen besten Tagen und man nur ahnen kann, was es ihn gekostet haben muss, so entspannt und glücklich zu wirken. Möge das Dhamaal-Sequel, das Thakeria und Kumar trotz Sanjus Verurteilung schon jetzt in unerschütterlicher Loyalität mit ihm planen, unter besseren Vorzeichen entstehen.

Produktion: Indra Kumar & Ashok Thakeria; Regie: Indra Kumar
131 Min.; DVD: Shemaroo, englische UT (inkl. Songs); die DVD enthält zudem ein Making Of.

P.S. Die gemeinsamen Dreharbeiten haben Sanju und den Kindern übrigens offensichtlich viel Spaß gemacht, wenn man diesem Bericht aus dem Mumbai Mirror glauben darf.

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