Mittwoch, 30. April 2008

The Hindu 8.12.2000: Like a phoenix he rises again

The Hindu, 8. Dezember 2000

Like a phoenix he rises again

Sanjay Dutt hat sich eine besondere Nische erarbeitet, als wertvolles Kassenangebot und als anerkennenswerter Darsteller.


Im unwahrscheinlichen Alter von 40 plus hat Sanjay Dutt eine ungewöhnliche kommerzielle Nische wiederentdeckt, eine Nische, die ihm zudem seinen Anteil an Kritikerlob einbringt. Die jüngste in Sanjays Serie bemerkenswerter Darbietungen ist seine Rolle als Polizist in Kurukshetra, bei der Dutt zur „kulturellen“ Abwechslung mal auf der rechten Seite des Gesetzes steht. Unter der Obhut des neuen Drehbuchschreibers und Regisseurs Mahesh Manjrekar vollzieht Sanjay Dutt in Kurukshetra diese bemerkenswerte Metamorphose.

Es war Mahesh Manjrekars Vaastav, mit dem Sanjay Dutt vehement den Comeback-Pfad einschlug. Ein Schauspieler reift mit jeder Form der Exposition. Und Sanjay Dutt hat (in diesem seinem „zweiten Anlauf“), wie man unschwer erkennen kann, zugelegt – nicht nur an männlicher Statur, sondern auch an mentaler Stärke durch jede einzelne Prüfung in seinem bewegten Leben.

Als Schauspieler in bester Hollywood-Tradition mündig werdend, ist Sanjay Dutt dabei, das Versprechen zu erfüllen, das ein Darsteller von der Feinfühligkeit eines Naseeruddin Shah schon vor langem in Dutt entdeckt hat: „Dieser Junge ist anders als die anderen Newcomer von heute. Sanjays Augen können wirklichen Schmerz reflektieren, wie es so kein anderer junger Schauspieler vermag. Und zwar, weil Sanjay schon so viele Erfahrungen in seinem Leben mitgemacht hat, Erfahrungen, die dazu beigetragen haben, dass er schon jetzt ein guter Schauspieler ist. Ein guter Schauspieler ist einer, der seine Ausdruckspalette durch die verschiedenen persönlichen Erfahrungen in seinem Leben erweitern kann. Dieser schmerzvolle Blick verleiht Sanjay auf der Leinwand sowohl Verletzlichkeit als auch rohe Kraft.“

Und doch kam „the Return of the Native“, die Rückkehr des Einheimischen (denn dafür steht Sanjays kraftvolles Comeback), erst zustande, nachdem der Schauspieler lange Zeit zielstrebig und mit unerschütterlicher Konzentration für seine Karriere geackert hatte. Zwei Maheshs spielten Schlüsselrollen bei der Erarbeitung der erstaunlichen Transformation in der Karriere dieses nunmehr geschliffenen Schauspielers: gestern Mahesh (Sadak) Bhatt, heute Mahesh (Kurukshetra) Manjrekar.

Mahesh (Naam) Bhatt brachte als Sanjays früher Mentor das Beste der gefühlvollen Seite dieses Schauspielers zum Vorschein. Während im Fall des anderen Mahesh Sanjay Dutt in dem grandiosen Manjrekar-Durchbruch Vaastav nach fast zwei Dekaden in seinem Job die ultimative Anerkennung fand. Diese Anerkennung erfolgte in Gestalt des Filmfare Best Actor Awards für seine Darbietung eines einfachen jungen Mannes, der zum Wechsel auf die falsche Seite des Gesetzes gezwungen wird – eine Darbietung von höchster Qualität.

Natürlich ist es nicht so, dass Sanjay Dutt (man bedenke seine Abstammung) nicht auch schon vor Vaastav gute Arbeit geleistet hätte – und auch das nicht nur als Khalnayak. Sanjays frühere Filme (wie Naam und Sadak) verschafften ihm eine Menge positiver Aufmerksamkeit als eigensinniger oder missratener junger Mann, der in die Welt des Verbrechens gerät und schwer dafür bezahlt. Die Charakterzüge seiner Figuren entsprachen in jener traumatischen Phase seines Lebens beinahe seinem wirklichen Image. Sowohl Kumar Gaurav als auch Sanjay Dutt gestalteten (in Naam) perfekt die gute bzw. die schlechte Seite der menschlichen Natur und erinnerten die Zuschauer an ihre Väter, die Schauspieler Rajendra Kumar und Sunil Dutt, in Mother India, auch wenn das Umfeld ein ganz anderes war als in dem Mehboob-Klassiker von 1957.

Allerdings konnte Sanjay Dutt nicht immer die Art von Rollen ergattern, die seinem Talent am besten entsprachen oder die ihn als Darsteller weitergebracht hätten. Meist setzten seine Produzenten zweckdienlicherweise auf Sanjay Dutts starkes Image als Action-Hero. Dennoch konnte Sanjay ganz sicher stolz sein auf seine Leistungen in Filmen wie Sadak und Saajan. In Saajan zeichnete Sanjay die sanfte, gefühlvolle Figur eines behinderten und introvertierten Dichters, der es seinem besten Freund (Salman Khan) ermöglicht, ihm seine große Liebe (Madhuri Dixit) wegzunehmen, und sie so um ein Haar an den jungen Mann verliert. Alle drei Hauptdarsteller lieferten in Saajan unter der kompetenten Regie von Lawrence D’Souza natürliche und ungekünstelte Darbietungen ab.

Saajan etablierte Sanjay Dutt als den konventionellen sanften Filmhelden, nachdem der unkonventionelle Film Naam die lange Pechsträhne nach seinem Hit-Debüt als Rocky (1981) beendet hatte. Es folgte eine Reihe von Filmen, die nicht viel mehr taten als dreist auf seiner Glückswelle zu reiten. Damals war Sanjay Dutt als Schauspieler stets der bessere von seinen Zeitgenossen. Leider war dies aber auch die Zeit, in der Sanjays Leben jenseits der Leinwand mehr in den Blickpunkt rückte als seine Darbietungen auf der Leinwand.

Als Sanjay Dutt dann schließlich als Khalnayak in Subhash Ghais gleichnamigem Film in Erscheinung trat, schien die Rolle des spitzbübischen Schurken, der sich weigert, ein neues Kapitel im Buch seines Lebens aufzuschlagen, geradezu aus seinem Leben gegriffen zu sein. Als Khalnayak spielte er erneut an der Seite von Madhuri Dixit in einem Film, der seine tief greifende Einsicht in seine Rolle darlegte. Das verdankte sich nicht nur der Tatsache, dass Subhash Ghai ein Regisseur ist, der seine Schauspieler stets zu guten Leistungen anspornt, sondern auch der harten Arbeit, die Sanjay in dieses Projekt investierte.

Wohl kein anderer Star hat so unterschiedliche und schwierige Zeiten durchlebt wie Sanjay. Sanjays Leben war ein offenes Buch, das jeder interpretieren konnte, wie er wollte. Kein anderer Star hätte seine Karriere fortsetzen können, während er eingestandenermaßen drogensüchtig war – Sanjay gelang das. Er bewies seine Charakterstärke durch die Art, wie er diese tödliche Sucht bekämpfte. Jedoch genau in dem Augenblick, als seine Karrierekurve nach allem, was er durchgemacht hatte, endlich auf dem Weg nach oben zu sein schien, schleuderte der TADA-Fall Sanjay Dutts Karriere um mindestens fünf Jahre zurück.

Doch Sanjay hatte stets das Glück, eine liebevolle und hilfreiche Familie zu haben – die ihn rückhaltlos bewunderte als einen, der seine Kämpfe immer selbst ausgefochten hatte. Nicht nur sein Vater, der Politiker und Schauspieler Sunil Dutt, stand felsenfest zu ihm, auch Sanjays unerschütterliche Freundin und jetzige Ehefrau Rhea Pillai war ihm eine ungeheure moralische Stütze. Seine Gefängnishaft und seine persönlichen Tragödien – wie der vorzeitige Tod seiner ersten Ehefrau Richa Sharma und dass man ihm seine einzige Tochter entzog – haben Sanjay nur umso mehr reifen lassen. Und waren ihm anfangs die Angebote nur so in den Schoß gefallen, so arbeitete Sanjay nunmehr bei seinem Comeback wie nie zuvor, richtete alle seine Konzentration auf seine Karriere und ließ seine Vergangenheit hinter sich.

Der Filmfare Best Actor Award für Vaastav kam für Sanjay Dutt genau im richtigen Alter und in der richtigen Phase seines Lebens. Er kam zu einem Zeitpunkt, als Sanjay gelernt hatte, die Anerkennung zu würdigen und zu schätzen, die man sich durch echte Anstrengung erwirbt. Und heute bekommt er nun endlich immer mehr Rollen, die seiner Persönlichkeit entsprechen. Sanjay hat seine Position als Darsteller und Star – mit einem ganz eigenen Marktwert – wiederbelebt, aber er nimmt sie nicht mehr unverhohlen als selbstverständlich hin.

Empfand Sanjay das Tanzen auf der Leinwand früher als anstrengenden Kraftakt, so ist es heute eine Lust, ihm zuzusehen, wie er sich vor der Kamera gehen lässt – wie es bei einem guten Schauspieler auch sein sollte. Man schaue sich nur seinen leichten Gang und seine ganze Haltung in David Dhawans Chal Mere Bhai an – neben einem solchen Show-Stehler und Exhibitionisten wie Salman Khan. Man hätte meinen können, eine Komödie dieser Art sei nicht Sanjays Sache, da er doch eher in der Action-Szene zu Hause ist. Und doch hat der Schauspieler in Sanjay im Vergleich mit Salman in Chal Mere Bhai nicht das geringste Nachsehen. Er fühlt sich (auch bei all den Tänzen) so wohl mit Salman und Karisma, dass die Art, wie er sich als Schauspieler entwickelt hat, einer Offenbarung gleichkommt.

Sanjay Dutt ist nunmehr wie geschaffen für solche schwierigen Rollen wie in seinen jüngsten Filmen, z.B. Vidhu Vinod Chopras Mission Kashmir, in dem er mühelos die Rolle eines Terroristen* verkörpert. Man darf nicht vergessen, dass er hier an der Seite des neuesten Millionen-Lieblings Hrithik Roshan zu sehen ist. Auch wenn er dem Jungen dessen Jugend zugesteht, bedeutet dies für Sanjay nicht den geringsten Nachteil, da er imstande ist, stark dagegen zu halten. Und so ist er auch zu seinem Vorteil in Mahesh Manjrekars Kurukshetra zu sehen – in der zentralen Rolle eines ehrenwerten Polizeibeamten. Selbst die Zuschauer, die den Film an sich kritisierten, konnten Sanjay Dutts herausragende Darbietung in Kurukshetra nicht ignorieren.

Heute hat Sanjay Dutt seine eigene Leinwandpersönlichkeit etabliert, die so anders ist als die all der anderen derzeit populären Stars; er ist ein Publikumsmagnet mit einer ganz eigenen und individuellen Methode, um die Menschen anzuziehen – nämlich mit starken und überzeugenden Darbietungen. Sanjay hat keine Angst davor, auf der Leinwand Rollen zu spielen, die seinem Alter entsprechen, und durch dieses anerkennenswerte Arrangement mit der Realität hat Dutt gewonnen, nicht verloren. Auf diese Weise gibt Sanjay Dutt ein gutes Beispiel für seine älteren Kollegen in der Szene; ältere Kollegen, die noch immer kämpfen, weil sie davor zurückscheuen, in Rollen gesehen zu werden, in die sie altersmäßig längst hineingewachsen sind. Durch dieses gelassene und abgeklärte Akzeptieren des Lebens, wie es ist, war Sanjay imstande, seine Karriere-Optionen offen zu halten. Er ist nicht länger der konfuse Jugendliche von einst – er ist sich seiner selbst wie auch seiner Ziele sicher. Hier haben wir wirklich einmal einen Star-Schauspieler, der nicht an einer Manipulation seiner Karriere interessiert ist – Sanjay ist nicht hier, um irgendjemandem etwas wegzunehmen oder jemanden zu ersetzen. Er ist glücklich, dort zu sein, wohin die harten Erfahrungen seines Lebens und seine konzentrierten Bemühungen ihn gebracht haben – und das nach wie vor als ein „Bestseller“.

(Girja Rajendran; Deutsch von Diwali)

*Anm. d. Übers.: Sanjay Dutt spielt in Mission Kashmir keinen Terroristen, sondern einen SSP, der Terroristen bekämpft. Entweder hat die Autorin Sanjays Rolle mit der von Jackie Shroff bzw. Hrithik Roshan verwechselt, oder sie bezieht sich auf die Szene, in der Inayat Khan (SD) mit Sturmhaube die Familie des kleinen Altaaf niedermetzeln lässt, und hat das als terroristischen Akt gerechnet. Dennoch ist die Formulierung, Sanjay Dutt spiele in MK einen Terroristen, nicht korrekt.

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