Mittwoch, 26. Dezember 2007

Devil's Advocate Interview 12/2007

Sanjay Dutt: Das Gefängnis war eine traurige, aber nützliche Erfahrung
Karan Thapar / CNN-IBN, veröffentlicht am 23. Dezember 2007


Nun, da er auf Kaution frei ist – wie blickt Sanjay Dutt auf die Zeit zurück, die er im Gefängnis verbracht hat, und welchen Effekt hatten die vergangenen sechs Monate auf sein Leben, seine Anschauungen und seine Zukunftsperspektiven? Das sind die Themen, über die Karan Thapar mit dem Schauspieler bei Devil’s Advocate spricht.



Karan: Sanjay, Sie sind gerade nach einem Monat im Gefängnis auf Kaution freigelassen worden. Was ist das für ein Gefühl, frei zu sein?

Sanjay: Freiheit ist etwas, das jeder als selbstverständlich ansieht; es ist traurig, aber es liegt in der menschlichen Natur, Freiheit als selbstverständlich zu erachten. Aber ich denke, Freiheit ist etwas, das man nicht kaufen kann, egal wieviel Geld man hat. Aber es ist großartig, frei zu sein.

Karan: Und wenn man sie verliert, dann schätzt man sie umso höher ein.

Sanjay: Dann schätzt man sie umso mehr, absolut.

Karan: Sie müssen sich oft den Moment vorgestellt haben, an dem Sie das Gefängnis verlassen würden. Was war das erste, das Sie gemacht haben?

Sanjay: Das erste, was ich machte, als ich das Gefängnis verließ, war, Gott zu danken. Ich sah mich um, und genau das ist Freiheit im Grunde. Es war großartig.

Karan: Sogar kleine Dinge wie Bäume und Vögel, die darin zwitscherten, standen für Freiheit und das Freisein.

Sanjay: Absolut, ja.

Karan: Wie leicht ist es nach einem Monat im Gefängnis, sich wieder an ein normales Leben zu gewöhnen?

Sanjay: Das kommt auf den Betroffenen an. Ich finde, man sollte die Vergangenheit hinter sich lassen, nach vorne blicken und mit seinen täglichen Aktivitäten und seiner Arbeit fortfahren. Ich denke, jeder sollte die Vergangenheit hinter sich lassen und weitermachen.

Karan: In gewissem Sinne sagten Sie also zu sich selbst, als Sie das Gefängnis verließen: „Ich werde vergessen, was geschehen ist, ich werde es ganz bewusst hinter mir lassen und nach vorne schauen.“

Sanjay: Absolut, genau das musste ich tun: Ich musste es einfach hinter mir lassen und wieder zu meiner Arbeit zurückkehren, zu meiner Sozialarbeit und allem, was ich so mache. Ich musste all das einfach nur wieder aufnehmen.

Karan: Für Ihre Millionen von Fans möchte ich Sie heute dennoch bitten, noch einmal wenigstens ein bisschen zurückzukehren und uns zu erzählen, wie es war im Gefängnis.

Sanjay: Ein Gefängnis ist im Grunde eine Besserungsanstalt. Die Kriminellen, die ins Gefängnis gehen, kommen reformiert wieder heraus, und es ist kein guter Ort, um dort zu leben. Aber wenn man es von der positiven Seite betrachtet, dann ist er die einzige wirklich direkte Verbindung zu Gott. Du wirst nicht vom Lärm und der Routine des Alltags abgelenkt, du kannst dich ganz und gar konzentrieren, und es ist eine absolut großartige Verbindung zu Gott.

Karan: Sie haben also viel Zeit im Gefängnis damit verbracht, über Gott nachzudenken.

Sanjay: Absolut; ich bete jeden Tag, aber die Stunden, die ich betend vor meinem Mandir saß, waren etwas Erstaunliches.

Karan: Sie meinen den Mandir im Gefängnis?

Sanjay: Nein, den in meinem Raum, den ich selbst gemacht habe.

Karan: Erzählen Sie uns von Ihrem Gefängnisalltag. Um wieviel Uhr begann dort der Tag?

Sanjay: Der Tag beginnt gegen 5 oder 5.30 Uhr, es gibt Frühstück und Tee, und danach habe ich Stühle gefertigt. Ich habe damit um 9 Uhr angefangen, wir hatten eine Pause am Nachmittag, und danach am Abend haben wir weitergemacht.

Karan: Wenn Sie sagen, Sie haben Stühle gefertigt, heißt das, Sie haben die Holzarbeit gemacht?

Sanjay: Nein, ich habe nicht die Holzarbeit gemacht, sondern das kandi, die Flechtarbeit.

Karan: Hatten Sie das vorher schon einmal gemacht?

Sanjay: Nein, nie. Ich habe es von einem der Häftlinge gelernt. Es war sehr interessant.

Karan: War es schwierig zu lernen?

Sanjay: Ein bisschen schon, und es ist eigentlich sogar eine große Kunst.

Karan: Und jetzt können Sie es perfekt?

Sanjay: Ja, kann ich.

Karan: Sogar beinahe mit geschlossenen Augen?

Sanjay: Absolut.

Karan: Ist es hilfreich, wenn man im Gefängnis ist, eine Arbeit zu haben, die einen ablenkt und vom Nachdenken abhält?

Sanjay: Nun, das ist sehr notwendig, und genau das machen sie auch meistens im Gefängnis. Sie weisen den Gefangenen Arbeiten zu. Die einen arbeiten in der Küche, die anderen in der Schreinerei und wieder andere in der Kleiderabteilung. Ja, es lenkt einen vom Nachdenken ab.

Karan: Der Sanjay, der hier vor mir sitzt, hat sichtlich eine Menge Gewicht verloren. Kommt das vom Gefängnisessen?

Sanjay: Eigentlich mehr von dem ganzen Stress.

Karan: Man verliert also automatisch an Gewicht.

Sanjay: Man verliert an Gewicht, weil einem so viele Gedanken durch den Kopf gehen, wenn man hinter Gittern ist.

Karan: Wie war denn das Gefängnisessen?

Sanjay: Es war nicht das beste, aber es war genießbar. Es ist nicht schlecht, es ist ganz okay.

Karan: Und komplett vegetarisch?

Sanjay: Ja, vegetarisch.

Karan: Was war die Hauptmahlzeit, das Mittag- oder das Abendessen?

Sanjay: Beides, das Mittag- und das Abendessen.

Karan: Und um welche Zeit endet dann der Tag?

Sanjay: Der Tag endet gegen 18 Uhr, wenn man in seiner Zelle eingeschlossen wird.

Karan: Und gibt es einen Zeitpunkt, an dem von einem erwartet wird, dass man schläft, oder kann man solange aufbleiben, wie man will?

Sanjay: Nein, man kann aufbleiben. Man kann sein Buch lesen.

Karan: Hatten Sie eine eigene Zelle, oder waren Sie mit anderen zusammen?

Sanjay: Nein, ich war allein in einer Zelle.

Karan: Ist es schwierig, allein zu sein?

Sanjay: Nein, das ist wie im Internat und so. Es ist nicht leicht, im Gefängnis zu sein, aber dank dieser Erfahrungen bin ich damit klargekommen.

Karan: Wie groß war der Raum?

Sanjay: Es ist ein kleiner Raum. Etwa 2,50 mal 3 Meter.

Karan: Und nur auf das Nötigste beschränkt, ohne größere Ausstattung.

Sanjay: Nein, nichts, er ist absolut leer. Lediglich die Grundausstattung, also das Schlaflager und so.

Karan: Gibt es ein Bett, oder schläft man auf dem Boden?

Sanjay: Man schläft auf dem Boden.

Karan: Und stimmt es tatsächlich, was man so hört: dass auch eine Toilette in dem Raum ist?

Sanjay: Ja, die benutzt man, solange man eingesperrt ist; ansonsten, wenn man draußen ist, gibt es dort auch Toiletten.

Karan: Und gibt es Wachen, die einen ständig im Auge behalten?

Sanjay: Ja, das müssen sie.

Karan: Wie leicht gewöhnt man sich daran, ständig bewacht und beobachtet zu werden?

Sanjay: Diese Wachen machen eine erstaunliche Art von Job. Und wenn man soviel Zeit mit ihnen verbringt, dann passiert es, dass du anfängst, Kontakte zu ihnen zu knüpfen, und sie fangen an, Kontakte mit dir zu knüpfen. Das war nicht, weil ich ein Schauspieler bin, das machen sie bei jedem normalen Gefangenen. Da kommt die menschliche Seite zum Tragen.

Karan: Das ist unter diesen Umständen also ganz natürlich, dass sich solche Beziehungen aufbauen.

Sanjay: Ja, sie bauen sich auf.

Karan: Sie haben also ein paar schöne Freundschaften mit den Menschen dort geschlossen?

Sanjay: Sie waren wirklich gute Menschen, sehr verständnisvoll und hilfreich. Als ich das erste Mal dorthin kam, hatte ich überhaupt keinen Hunger, und da saßen sie und sagten: „Nein, du wirst etwas essen.“ Ich sagte, macht ihr das jetzt, weil ich ein Schauspieler bin, und sie sagten, nein, das machen wir mit allen Gefangenen. Alle sind hier gleich. Und da habe ich mich wirklich gut gefühlt.

Karan: Sie waren nicht eingeschüchtert durch die Tatsache, dass es sich hier um den großen Schauspieler Sanjay Dutt handelte.

Sanjay: Nein, das haben sie nach ein paar Tagen abgelegt.

Karan: Und waren Sie sich der Tatsache bewusst, dass Sie ein Schauspieler sind, oder haben Sie das ganz schnell vergessen?

Sanjay: Das muss man vergessen, und man muss sich dem stellen.

Karan: Wenn Menschen ins Gefängnis gehen, hoffen sie üblicherweise, anonym bleiben zu können. Sie hoffen, dass sich niemand daran erinnert, warum sie dort waren. In Ihrem Fall ist es nicht nur so, dass alle Welt sich daran erinnert, es wird auch permanent darüber geredet. Ist die Tatsache, dass sich soviel Aufmerksamkeit auf Sie konzentriert, hilfreich oder störend?

Sanjay: Beides. Es hilft und es stört; aber ich schaue auf das Leben, und es war Schicksal, und das muss man ertragen und sich ihm stellen wie ein Mann.

Karan: Sie müssen also in sich selbst die Kraft finden, die Wahrheit zu akzeptieren und sich ihr zu stellen.

Sanjay: Ja, absolut. Ich muss es.

Karan: Und an dieser Stelle kam Gott ins Spiel?

Sanjay: Ja. Ich denke, Gott ist ein sehr wichtiger Faktor im Leben jedes Menschen. Aber wie ich schon sagte, ich hatte ja auch viel Zeit, um mit ihm in Verbindung zu treten.

Karan: Sie hatten viele Besucher, die gekommen waren, um Sie zu sehen, Ihre Familie und Ihre Freunde. Wenn man im Gefängnis ist, wie leicht fällt es einem da, Menschen von draußen zu treffen? Man weiß, dass sie am Abend nach Hause zurückkehren werden und dort tun können, was sie wollen, und man weiß auch, dass sich um einen selbst herum die Türen wieder schließen werden. Fallen einem da solche Besuche leicht?

Sanjay: Es ist sehr notwendig, dass man sie trifft und mit ihnen in Verbindung bleibt, aber es ist nicht leicht, wenn sie wieder gehen. Man kann sie ja nicht jeden Tag treffen. Man kann seine Familie nur einmal im Monat sehen.

Karan: Aber der Schmerz kommt, wenn sie gehen.

Sanjay: Ja, das tut er. Das tut er wirklich.

Karan: Wie wichtig ist es, seine Emotionen und Gedanken im Gefängnis unter Kontrolle zu haben?

Sanjay: Es ist sehr wichtig, die negativen Gefühle auszuschalten. Einfach der täglichen Arbeit nachgehen, positiv bleiben, beten und die Hoffnung bewahren. Man muss volles Vertrauen in die Justiz haben. Diese Faktoren sind notwendig, und das Entscheidende ist, dass man seinen Glauben und sein Vertrauen bewahrt.

Karan: Haben Sie im Gefängnis auch geweint?

Sanjay: Ich habe nie geweint in dem Sinne, aber es gab Zeiten, in denen ich viel an Dad und Mom gedacht habe. Und ich wusste, dass sie stolz auf mich sein würden.

Karan: Sie haben Diwali im Gefängnis verbracht, wie war das?

Sanjay: Ja, das war ein wirklich trauriger Moment meines Lebens. Ich konnte nicht mit meiner Familie zusammensein, ich war eingesperrt und konnte in der Ferne die Feuerwerkskörper explodieren sehen. Ich hatte einfach nur den Wunsch, ich könnte mit meiner Familie zusammensein. Ich betete, meditierte und dachte an Dad und Mom.

Karan: Ist Diwali im Gefängnis ein fröhliches Ereignis, oder wird es durch die Gefangenschaft nur umso schmerzvoller?

Sanjay: Es ist kein fröhliches Ereignis. Man versucht, in glückliche Stimmung zu kommen, aber von glücklich kann keine Rede sein. Es gibt immer eine gute und eine schlechte Seite. Die schlechte ist, dass du zu einem bestimmten Zeitpunkt wie 6 Uhr abends eingesperrt sein musst, selbst an Diwali oder am Unabhängigkeitstag. Da fragt man sich dann schon, warum man am Unabhängigkeitstag eingesperrt ist.

Karan: Sie haben ja 1994 schon einmal Diwali im Gefängnis verbracht, und Ihr Vater hat mir erzählt, Sie hätten damals zu ihm gesagt: „Zünde zu Hause eine diya an, und ich werde eine im Gefängnis anzünden, und die beiden diyas werden uns miteinander verbinden.“

Sanjay: Ja, und das habe ich auch in diesem Jahr wieder gemacht. Ich habe es zwar diesmal nicht meiner Familie erzählt, aber ich habe es meinem Vater im Gedanken mitgeteilt. Ich habe es für ihn getan, und ich wette, er hat da droben dasselbe gemacht.

Karan: Leider, Sanjay, sind Sie derzeit nur auf Kaution in Freiheit. Wie werden Sie mit der Tatsache fertig, dass in gewissem Sinne immer noch das Damoklesschwert über Ihnen hängt?

Sanjay: Sehen Sie, daran denke ich nicht. Ich bin vielleicht nur auf Kaution in Freiheit, aber ich habe eine Menge guter Werke zu tun in der Zeit, die mir bleibt. Ich muss das Vermächtnis weiterführen, das meine Eltern auf den Gebieten der Sozialarbeit und der Filme hinterlassen haben. Ich werde einfach sein, was ich bin.

Karan: Woran denken Sie, wenn Sie von Sozialarbeit sprechen?

Sanjay: Ich bin bereits aktiv in der Krebsgesellschaft tätig, die mein Vater vor vielen Jahren nach dem Tod meiner Mutter ins Leben gerufen hat. Wir sammeln eine Menge Spenden, besorgen Geräte und Apparaturen und tun viel für Krebspatienten. Eine weitere Gruppe, für die ich mich gerne engagiere, ist Support. Manchmal bin ich einfach nur dort und mache die Menschen auf die Straßenkinder aufmerksam, die Drogen nehmen. Die Organisation Support sammelt diese Kinder auf, es ist eine Art Reha-Zentrum. Die Kinder werden entgiftet, und dann versucht Support, die Kinder in die normale Welt zurückzuführen. Sie bekommen auch eine Ausbildung. Es ist eine erstaunliche Initiative, und ich hoffe nur, die Regierung misst solchen Themen künftig noch mehr Bedeutung bei.

Karan: Ich bekomme das Gefühl, dass Sie während Ihrer Zeit im Gefängnis Motivation und Entschlossenheit getankt haben, nach Ihrer Freilassung Ihre Zeit für gute Werke zu verwenden.

Sanjay: Ja, das heißt, ich habe schon immer gute Werke getan. Meine Eltern haben mich das stets gelehrt.

Karan: Und jetzt sind Sie entschlossen, noch mehr zu tun.

Sanjay: Ja, natürlich.

Karan: Eine der Begleiterscheinungen eines Gefängnisaufenthalts ist, dass man eine Menge Zeit zum Nachdenken hat. Ich habe das Gefühl, dass der Sanjay, der heute vor mir sitzt, ein ganz anderer ist als der Mann, den ich vor einem Jahr interviewt habe. Habe ich Recht?

Sanjay: Ja, Karan, das stimmt. Damals war ich ziemlich am Boden zerstört und wusste nicht, wie es mit meinem Leben weitergehen würde. Vielleicht war ich damals emotional sehr schwach. Wie Sie sagten, ich hatte viel Zeit, nachzudenken. Und so wie ich mein Problem betrachte, ist es nichts im Vergleich zu denen von den Menschen, denen ich helfen möchte – ich meine, die Krebspatienten oder die Straßenkinder, von denen ich Ihnen erzählt habe.

Karan: Das heißt, das Gefängnis gab Ihnen eine Gelegenheit, Ihr eigenes Problem denen anderer Menschen gegenüberzustellen. Und plötzlich wurde Ihnen bewusst, dass es noch viel mehr Menschen gibt, die viel mehr erlitten haben als Sie.

Sanjay: Absolut. Ich meine, das können Sie ja auch real erleben, wenn Sie andere Menschen sehen und mit ihnen reden.

Karan: Es ist seltsam, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass das Gefängnis in Ihnen neue Kräfte freigesetzt hat und dass Sie beinahe einen neuen Blick auf das Leben gewonnen haben.

Sanjay: So ist es. Entweder das Gefängnis stärkt dich, oder es zerbricht dich, das kommt immer auf denjenigen welchen an.

Karan: Und Sie hat es gestärkt, nicht wahr, in gewisser Weise?

Sanjay: Ja.

Karan: Das fühlen Sie in Ihrem Inneren?

Sanjay: Ja, ich möchte wirklich die Menschen erreichen, die Hilfe brauchen.

Karan: In gewisser Weise war das Gefängnis also eine traurige, aber nützliche Erfahrung. Es hat Ihnen geholfen, in sich selbst hineinzuhorchen, Dinge zu verstehen und Prioritäten zu setzen?

Sanjay: Absolut, es kommt immer auf den Menschen an. Aber leicht ist es nicht. Ich meine, ich verstehe viele Regeln und Vorschriften im Gefängnis nicht, weil dieser Regelkatalog etwa hundert Jahre alt ist. Und doch wird er immer noch benutzt. Ich meine, es gibt keine Kommunikation, man darf seine Familie nicht sehen.

Karan: Es gab also Momente, wo Sie ein wenig rebellisch waren, besonders als Sie begannen, Fragen zu stellen?

Sanjay: Ich habe mir selbst Fragen gestellt, wie: Da feiern wir hier sechzig Jahre Unabhängigkeit Indiens, und doch leben wir noch immer in der britischen Ära und mit dem gleichen britischen Leitfaden, mit dem damals die Inder verfolgt wurden und...

Karan: Die Gefängnisse hängen ihrer Zeit also sechzig Jahre hinterher.

Sanjay: Ja, ich kann einfach nicht vergessen, dass das Gefängnis-Handbuch an die hundert Jahre alt ist.

Karan: Wie leicht ist es, die Fäden wieder aufzunehmen und einfach weiterzumachen?

Sanjay: Es ist großartig, wieder da zu sein – ich war wieder am Set, und das ist sehr schön. Es war der glücklichste Tag meines Lebens, als ich vor ein paar Tagen wieder mit den Dreharbeiten begann.

Karan: Wieder im Scheinwerferlicht zu stehen und wieder ein Schauspieler zu sein bedeutet Ihnen viel?

Sanjay: Ja, das bedeutet mir viel. Das ist etwas, was ich liebe, und es war großartig, wieder dort zu sein.

Karan: Viele Menschen sind sicher neugierig und möchten wissen, wie es ist, im Gefängnis zu sein. Teilen Sie gerne Ihre Erfahrungen mit ihnen, oder würden Sie lieber sozusagen einen Schleier darüberwerfen, alles für sich behalten und wünschen, sie würden stattdessen über andere Dinge reden?

Sanjay: Ich finde es zwar besser, über andere Dinge zu reden, aber es macht mir wirklich nichts aus, über das Gefängnis zu reden. Es stört mich nicht – ich wünschte, ich könnte das Gefängnissystem verändern, aber ich kann da überhaupt nichts tun. Ich denke, wenn sie darüber nachdenken und versuchen würden, das System im Gefängnis zu verändern, dann wäre das viel besser für die Menschen da drin.

Karan: Glauben Sie, dass Sie nach diesen Gefängnisaufenthalten ein Star wie jeder andere in Mumbai sein und in Ihrem Starruhm schwelgen können? Oder wird Sanjay Dutt immer berühmt sein, nur anders?

Sanjay: Nun, ich war immer anders. Ich habe immer versucht, mich im Hintergrund zu halten, aber ich weiß nicht, irgendwie geht das immer schief. Aber ich würde gerne bleiben, wie ich bin.

Karan: Sie wollen sich nicht verändern?

Sanjay: Nein, ich will mich nicht verändern.

Karan: Also haben Sie, obwohl Sie eine schreckliche Zeit durchgemacht haben, in gewissem Sinne etwas über sich selbst entdeckt im Gefängnis: die Entschlusskraft zu arbeiten, Trost und Sicherheit in Gott und das Bewusstsein, dass es immer Menschen gibt, die noch schlimmere Probleme haben.

Sanjay: Ja, solche Menschen gibt es. Wenn man einfach nur mit offenen Augen aus dem Fenster schaut, dann wird einem klar, dass es eine Menge Probleme gibt, die die Menschen haben und die größer sind als meine.

Karan: Ihr Urteil lautet also: Ich habe das Gefängnis gehasst und ich will nicht dorthin zurück, aber ich bin glücklich über diese Erfahrung, weil sie mich etwas über mich selbst gelehrt hat.

Sanjay: Ich kann nicht glücklich über das Gefängnis sein – ich will wirklich nicht dorthin zurück, aber wie ich schon sagte: Man muss es positiv sehen, anstatt darüber nachzudenken, warum war ich da und so. Man muss im Gefängnis einiges verändern und einfach sagen: Ich habe aus dieser Erfahrung gelernt.

Karan: Alles ist eine Erfahrung, aus der man etwas lernt.

Sanjay: Ja.

Karan: Sanjay Dutt, es war ein Vergnügen, mit Ihnen zu reden. Alles Gute für Sie!

Sanjay: Danke.

(Deutsch von Diwali)

Mittwoch, 19. Dezember 2007

Devil's Advocate Interview 12/2007 (Auszüge)

Dezember 2007: Devil's Advocate Interview Sanjay Dutt - Karan Thapar
- Auszüge -


Sanjay Dutt: „Die Gefängnisregeln bedürfen einer Veränderung“
Quelle

Schauspieler Sanjay Dutt, auf Kaution in Freiheit, empfindet es als notwendig, die Regeln und Vorschriften in indischen Gefängnissen zu ändern, die sich noch immer an den Leitlinien der Briten orientieren. Er selbst habe es geschafft, damit fertigzuwerden, aufgrund seiner Erfahrungen mit dem Alleinsein in Schülerwohnheimen.

„Es ist nicht leicht. Ich begreife die Gefängnisregeln und -vorschriften nicht. Es gibt keine Kontaktmöglichkeiten, und du kannst deine Familie nicht sehen“, sagte er in einem Interview im Programm Devil’s Advocate zu Karan Thapar.

„Ich habe mich selbst befragt. Wir sind seit 60 Jahren unabhängig und leben doch noch wie zu Zeiten der Briten. Wir folgen den gleichen britischen Leitlinien, die die Briten uns zurückgelassen haben“, sagte der Schauspieler.

Auf die Frage, ob er eine Systemveränderung begrüßen würde, sagte er: „...ich meine, ich wünschte, ich könnte das System verändern, aber ich kann da überhaupt nichts tun. Wenn wir das System verändern könnten, dann wäre das viel besser für die Menschen.“

Auf die Frage, ob er seine Familie gerne öfter gesehen hätte, sagte er: „Es ist sehr wichtig, dass man sie sehen und in Verbindung mit ihnen bleiben kann, aber du kannst sie nicht immer sehen. Du darfst deine Familie nur einmal im Monat sehen.“

„Diwali im Gefängnis zu verbringen war sehr traurig. Ich konnte nicht mit meiner Familie zusammensein“, fügte er hinzu.

Auf die Frage, wie er sich fühle, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden sei, sagte er: „Ich denke, man sollte nicht in der Vergangenheit leben, sondern nach vorne schauen und weitermachen mit deinen täglichen Aktivitäten und deiner Arbeit, und nicht zurückbleiben.“

„Das Gefängnis ist im Grunde eine Besserungsanstalt... kein guter Ort, um darin zu leben. Die positive Seite ist lediglich die Verbindung zu Gott“, sagte Dutt und fügte hinzu, dass er im Gefängnis regelmäßig stundenlang gebetet habe.

Über seinen Alltag im Gefängnis befragt, sagte der Star der Munnabhai-Filmhits, er habe Rohrsessel angefertigt. „Das war anfangs sehr schwer.“

Dutt sagte, dass das Essen genießbar war, wenn auch nicht das beste. Aber es war schwer, allein zu sein.

„Das ist nicht leicht. Aber dass ich in einem Internat etc. gewesen bin, hat mir geholfen. Dadurch bin ich damit fertiggeworden“, fügte er hinzu.

Auf die Frage nach seinen Gefühlen darüber, auf Kaution frei zu sein, und ob er noch immer ein Schwert über seinem Kopf hängen fühle, sagte er: „Daran denke ich nicht. Ich muss mich um das Vermächtnis meines Vater und meiner Mutter kümmern.“

(Deutsch von Diwali)



Sanjay Dutt: “Diwali im Gefängnis war der traurigste Moment meines Lebens”
Quelle (mit Video)

In seinem ersten Interview nach seiner Entlassung aus dem Yerawada Prison in Pune hat Sanjay Dutt offen über seine Erfahrungen im Gefängnis gesprochen. Diwali im Gefängnis zu verbringen, sagt er, war einer der traurigsten Momente seines Lebens.

„Diwali war ein wirklich trauriger Moment meines Lebens; ich konnte nicht mit meiner Familie zusammensein, ich war eingesperrt und konnte die Feuerwerkskörper explodieren sehen. Ich betete und meditierte und dachte an Dad und Mom“, erzählte Dutt.

„Freiheit ist etwas, das jeder als selbstverständlich erachtet. Aber du kannst sie dir nicht kaufen, egal wieviel Geld du hast. Deshalb ist es großartig, frei zu sein“, sagte er.

Über seinen Gefängnisaufenthalt sagte er, es sei kein guter Ort, um dort zu leben, aber wenn man die positive Seite betrachte, so sei er die einzige wirklich direkte Verbindung zu Gott.

„Als ich zum ersten Mal dorthin kam, weißt du, du fühlst dich nicht hungrig, und da saßen sie und sagten: ‚Du musst essen’, und ich sagte: ‚Ist das jetzt, weil ich ein Schauspieler bin?’, und sie sagten: ‚Nein, so behandeln wir alle Gefangenen, alle sind hier gleich.’ Das hat mir ein wirklich gutes Gefühl gegeben“, sagte er.

„Es gibt eine gute und eine schlechte Seite. Die schlechte ist, dass du zu einem bestimmten Zeitpunkt eingesperrt sein musst, das heißt, du bist um 6 Uhr eingesperrt, egal ob an Diwali oder am Unabhängigkeitstag – da bist du sogar von 3 Uhr nachmittags bis zum nächsten Tag eingesperrt. Ich meine, da habe ich mich dann schon gefragt: ‚Es ist der Unabhängigkeitstag, warum sperrt ihr uns ein – ich bin Inder, weißt du“, sagte Dutt.

(Deutsch von Diwali)

Donnerstag, 13. Dezember 2007

Rediff 13.12.2007: "I am feeling very happy being on the sets"

Rediff, 13. Dezember 2007

"I am feeling very happy being on the sets"

Sanjay Dutt hat nach seiner Entlassung aus dem Yerawada-Gefängnis in Pune wieder mit den Dreharbeiten begonnen. Sein erster Film war Suniel Shettys Home Production EMI (Easy Monthly Installments), in der er Sattarbhai spielt, einen liebenswerten Schuldeneintreiber à la Munnabhai. Dutt erzählt uns mehr.

Rediff: Sie sind wieder in Aktion mit einem Film, der von Ihrem engen Freund Suniel Shetty produziert wird. Wie fühlen Sie sich?

Sanjay: Es ist großartig, wieder am Set zu sein, besonders für Anna (Suniel), der für mich wie ein Familienmitglied ist. EMI ist eine nette Komödie, etwas Neues und Frisches. Ich fühle mich sehr glücklich am Set.

Rediff: Ihre Rolle in EMI ist interessant und auch aktuell und zeitgemäß. Wollen Sie künftig eher solche Filme machen?

Sanjay: EMI hat ein sehr interessantes Drehbuch. Meine Filmfigur, Sattar, ist ein liebenswerter Schuldeneintreiber. Er ist kein böser Kerl. Im Gegenteil, er befasst sich mit dem Leben anderer Menschen. Wirklich nett.

Rediff: Ihr Outfit in dem Film sieht sehr interessant aus mit diesen Pathani-Anzügen.

Sanjay: Haben Sie Vaastav nicht gesehen? Im Vergleich zu Vaastav habe ich diesmal weniger Gold an mir. Sattar ist extravagant und protzig, deshalb trägt er Gold und einen ungewöhnlichen Bart. Aber das ist nur, um die Figur bhai-artig zu machen. Es vermittelt den Eindruck, dass es sich um einen sehr starken Charakter handelt. Gleichzeitig handelt er jedoch aus seinem Herzen heraus. Er gebraucht für seinen Job mehr seinen Verstand als seine Muskeln.

EMI ist nicht einfach nur die Geschichte eines Schuldeneintreibers, es geht mehr um Menschen. Die Story lehrt uns, besonders die Jugend, dass, wenn man Zugang zu einer Kreditkarte hat, man diese sehr bedachtsam verwenden sollte. Das Kreditkarten-Konzept ist gut, aber nur, wenn man sein Leben planen kann. Die jüngere Generation ist überall mit ihrer Kreditkarte zur Hand. Das ist eine große Verantwortung, aber niemand begreift das. Die Banken benutzen verschiedene Methoden, um ihr Geld einzutreiben. Sattarbhai versucht ganz genau herauszufinden, was der Grund dafür ist, dass die Leute den Banken ihr Geld nicht zurückzahlen. Und dann versucht er, diese Fehler auf seine eigene, liebenswerte Weise auszubügeln.

Rediff: Aber finden Sie nicht, dass auch die Banken ziemlich skrupellos sind mit ihren Mitteln, ihr Geld einzutreiben?

Sanjay: Ja, ich habe davon gehört und es auch im Fernsehen gesehen. Es ist Realität, dass die Banken solche Methoden verwenden, aber Sattarbhai ist nicht so. Wir haben viele Themen in diesem Film angesprochen.

Rediff: Werden wir in dieser Filmfigur Munnabhai-Elemente zu sehen bekommen?

Sanjay: Nein, er ist anders als Munnabhai. Er macht nach außen einen harten Eindruck, aber in seinem Inneren ist er ein Softie. Obwohl er ein Bhai ist, ist er innerlich ein Munnabhai. (lächelt)

Rediff: Hat Sattarbhai in dem Film auch eine Liebesgeschichte?

Sanjay: Natürlich! Wer sagt, dass Bhais keine Liebesgeschichten haben? Natürlich haben sie das. Es gibt eine Love Story in dem Film, und Urmila Matondkar spielt meine Partnerin.

Rediff: Neulich hieß es, Sie würden Wahlkampf für die Gujarat-Wahlen machen. Stimmt das?

Sanjay: Niemand hat mich um Wahlkampf-Teilnahme gebeten. Im Moment konzentriere ich mich auf meine Filme.

Rediff: Was war mit Ihrem Besuch bei Sonia Gandhi in Delhi?

Sanjay: Das war ein persönlicher Besuch, das hatte nichts mit Wahlkampf zu tun. Um Politik ging es bei diesem Besuch überhaupt nicht.

Rediff: Es heißt auch, Sie wollen einen ausländischen Trainer anheuern, um sich ein Sixpack anzutrainieren.

Sanjay: Yeah, alles redet heutzutage von Sixpacks. Suniel Shetty und ich haben uns inzwischen von Rambo zu Scarface entwickelt, aber die Leute stehen immer noch auf Rambo. Ich denke, wir werden wieder zu unserem Rambo-Stadium zurückkehren müssen.

Rediff: Erzählen Sie uns etwas über Ihre neue Produktionsfirma, Sanjay Dutt Productions.

Sanjay: In vier oder fünf Monaten wird es soweit sein. Nächstes Jahr wollen wir mit vier Filmproduktionen beginnen. Aber ich werde nicht in allen mitspielen.

Rediff: Was kommt als nächstes nach EMI?

Sanjay: Zuerst muss ich all die Filme beenden, die ich noch mit mir rumschleppe. Danach werde ich neue Projekte annehmen.

Rediff: Wie ist der Stand von Munnabhai Chale Amrika?

Sanjay: Munnabhai Chale Amrika wird 2009 losgehen. Die Arbeit am Drehbuch beginnt gerade erst. Regisseur Rajkumar Hirani ist noch mit einem anderen Film beschäftigt. Die Dreharbeiten werden 2009 beginnen.

Rediff: Dus Kahaniyaan konnte die Erwartungen nicht erfüllen...

Sanjay: Aber (Produzent) Sanjay Gupta hat immerhin versucht, eine neue Art von Film zu machen. Letztlich entscheidet jedoch wie immer das Publikum.

Rediff: Viel ist darüber geredet worden, dass es mit der Freundschaft zwischen Ihnen und Sanjay Gupta bergab geht. Würden Sie da gerne etwas klarstellen?

Sanjay: Sehen Sie, Geschäft ist am Ende eben Geschäft, und jeder muss sich nach einer gewissen Zeit weiterbewegen. Auf persönlicher Ebene jedoch werde ich mein Leben lang für ihn da sein.

Rediff: Irgendwelche besonderen Pläne für Weihnachten und Silvester?

Sanjay: Nein, nichts Besonderes. Ich werde zu Hause bei meiner Familie sein.

(Deutsch von Diwali)

Dienstag, 11. Dezember 2007

Stardust 12/1995: The Lion King returns

Stardust, Dezember 1995

The Lion King returns (Sanju’s emotional outburst)

Und Gott sprach: Es sei eine Flut. Und es war eine Flut. Sintflutartige Regenfälle zerstörten die Erde. Nur ein guter Mann wurde gerettet: Noah. Und von jedem Tier ein Paar und die Pflanzen, die er auf seine Arche geschafft hatte. Dann ließ der Regen nach, alle Sünden waren fortgewaschen. Und Gott gab Noah ein Versprechen: dass er die Erde nie wieder überfluten würde. Und um sich selbst an dieses Versprechen zu erinnern, setzte er einen Regenbogen an den Himmel, bis heute bekannt als der Bogen des Bundes, der mit seinen schönen Farben Gott daran gemahnt, nie wieder zu zerstören, was er so liebevoll geschaffen hat.

Aber die Regenströme sind geblieben. Und die jüngsten Ereignisse in Sanjay Dutts Leben sind genau das gewesen: eine veritable Flut. Von Schmerz, Qual, Verzweiflung und Elend, unerträglich für eine normalsterbliche Seele. Alles Elend aus der Büchse der Pandora auf einen Mann geschleudert. Nur dass Pandoras Büchse auch noch ein weiteres Element enthielt, mit dem man all den anderen begegnen konnte: Hoffnung.

Es war die Hoffnung, die Sanju die Stärke und die mentale Kraft verlieh, alle Qualen zu ertragen. Seine Kreuzigung gab ihm Stärke. Seine Gefangenschaft gab ihm Kraft. Und seine Inhaftierung machte ihn zum Märtyrer. Am 17. Oktober 1995 wurde Sanjay Dutt auf Kaution freigelassen. Nach 470 grausamen Tagen und Nächten im Gefängnis. Das Leid von Sanjay, seiner Familie, seinen Freunden und seiner Geliebten war offiziell vorüber.

Auch für mich war es ein persönlicher Sieg. Denn dies war der Mann, den ich vor neun Jahren an meinem allerersten Tag als Jung-Reporter bei der Stardust getroffen hatte. Dies war der Mann, der Fototermine hasste. Ein Mann, mit dem alle meine Interviews (ohne Ausnahme und einschließlich diesem hier) stets nervenzerfetzende (weil Deadlines überschreitende) Gespräche bei einer Tasse Chai waren – mehr als alles andere. Ein Mann, über den ich Bände geschrieben habe. Und ein Mann, den ich sogar während seiner Haft mehrere Male getroffen hatte. „Genau genommen bist du der einzige Journalist, den ich während meiner Zeit im Gefängnis gesehen habe“, erzählte mir Sanju nach seiner Rückkehr und grinste: „Weißt du noch den Brief, den ich dir aus dem Gefängnis geschrieben habe und den du veröffentlicht hast?“ Wie könnte ich den vergessen.

Heute, in der ersten Novemberwoche, war Sanju mehr „mega“ als jemals zuvor. Er hat eine phantastische Kraft entwickelt, ist bereit, jede Konkurrenz wegzupusten. Er hatte mich eine Woche zuvor mit seinem neuen Mobiltelefon angerufen (an dem Tag, an dem er nach Shirdi aufbrach): „Schau bei mir vorbei, wenn ich wieder da bin. Du bist der einzige, der noch nicht da war.“ Ich versprach es ihm.

Ich hielt mein Versprechen, und bei Hühnerfrikadellen, Gemüsequiche und dampfend heißem Tee kamen wir ins Gespräch. Nicht in seinem Pali-Hill-Bungalow oder am Set wie früher, sondern in seinem gemütlichen neuen Zwei-Zimmer-Apartment, eine Minute von seinem Bungalow entfernt, wo er nun mit der großen Liebe seines Lebens wohnte – mit der beeindruckenden, wunderbaren Rhea Pillai.

Das Haus wurde gerade renoviert. „Tut mir leid, die Sofas sind noch nicht da“, lächelte Rhea, die umwerfend aussah in schwarzen Jeans und einem schwarzen Shirt. Würde schon gehen, ich saß auf der kleinen Couch zwischen zwei Mobiltelefonen (seinem und ihrem?), einer Packung Marlboro Light (immer noch die gleiche Marke), einem Feuerzeug und einem mit Handynummern vollgekritzelten Briefumschlag (diese zehnstelligen Nummern sind aber auch schwer zu merken). Ich bemerkte außerdem, dass Sanju anstelle seiner bevorzugten goldenen Rolex eine Piaget trug („Jeder trägt heute eine Rolex, Mann. Ich musste anders sein.“). Sanjay Dutt war anders.

Obwohl er 22 Kilo Körpergewicht verloren hatte, sah Indiens bestaussehender Star großartig aus. Abgesehen von ein paar dunklen Augenringen (die zu erwarten waren) und den ungekämmten Haaren sah Sanju jeder Zoll der Superstar aus, der er ist. Und er war unwillig wie eh und je, den versprochenen Fototermin zu absolvieren. „Ich sehe nicht gut aus... ich bin mental nicht vorbereitet. Können wir nicht einfach nur ein paar Schnappschüsse machen?... Ich habe jetzt schon seit anderthalb Jahren keinen Fototermin mehr gemacht“, flehte er geradezu. Es bedurfte einiger Überredungskünste von Rhea und mir, bis er sich das frischgebügelte Armani-T-Shirt überzog. Ich bemerkte seine Unbehaglichkeit, als er sich in Positur stellte und in meinen und Rheas Blicken Beruhigung und Rückversicherung suchte. Wir mussten nicht lügen, um ihm zu sagen, dass er supercool aussah. Dann, nach diesem seinem ersten Fototermin seit langer, langer Zeit („Du weißt schon, dass ich das jetzt ganz speziell für dich gemacht habe?“), verabschiedete sich der Fotograf, und Sanju und ich setzten uns hin, um zu reden.

Meine erste Frage sollte die gleiche banale, idiotische, dumme Frage sein, die jeder ihm (zu seiner Irritation) stellte. Also, was war das für ein Gefühl, wieder zu Hause zu sein? Im eigenen weichen Bett zu schlafen? Seine Lieblingsspeisen zu essen? Seine Lieblingskleidung zu tragen? Sein Lieblings-Aftershave von Armani zu benutzen? Und all die Filme zu sehen, die versäumt hatte – ganz nach seinem Belieben? Er grinste sein berühmtes Grinsen. Dann beugte er sich nach vorne und blickte argwöhnisch auf mein Diktiergerät. „Es ist ein gutes Gefühl, großartig, wunderschön.“ Er konnte seine Freude nicht zurückhalten. „Mein Bett ist eben mein Bett. Meine Kleider sind die meinen. Meine Duftwässer sind die meinen. Und auch der Großteil meiner Zeit gehört mir. Ich versuche, alles nachzuholen, was ich versäumt habe. All die Neuigkeiten, Gerüchte und Filme in Erfahrung zu bringen... Zu Hause ist am Ende einfach zu Hause. Der einzige Unterschied ist, dass ich gelernt habe, es viel mehr zu schätzen. Ich kenne jetzt den Unterschied zwischen einem Zuhause und einem Haus. Und mein Zuhause ist mein Zuhause“, seufzte er wehmütig.

Es waren Veränderungen in ihm. Definitiv. Subtile Veränderungen, aber dennoch Veränderungen. Der Blick ruhiger, der Geist mehr kontrolliert. Ein Mann, nicht mehr der Junge, den ich all die Jahre gekannt hatte. „Findest du?“ fragte er mich mit jungenhafter Freude. „Ich weiß nicht. Ich denke, das können dir nur die Leute in meiner Umgebung sagen. Meine Familie und meine engen Freunde. Sie werden dir sagen können, ob ich mich wirklich verändert habe oder nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass ich ruhiger geworden bin, vorsichtiger, weniger impulsiv. Früher war ich viel enthusiastischer, jetzt bin ich bedachter, kontrollierter. Man hat mir gesagt, dies sei ein sicheres Zeichen für Reife“, lachte er.

Ein Zeichen, dass er als Mensch gewachsen ist. Obwohl es sicher noch eine Weile dauern würde, bis er sich wieder an die Normalität gewöhnt hatte. Ich war neugierig zu erfahren, was er getan hatte, nachdem die anfängliche Euphorie nach seiner Entlassung auf Kaution abgeklungen war – nach all den Heimkehr-Feiern.

„Ich habe viel geredet. Mich viel ausgeruht. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich wieder eingewöhnt hatte. Ich saß stundenlang da und habe einfach nur geredet. Früher war das ein echter Luxus, wenn ich mir mal Zeit für meine Familie und mich genommen hatte. Aber ich habe gelernt, diese Dinge auszukosten, weil mir klargeworden ist, wie wichtig sie sind. In unserem Streben nach Starruhm merken wir gar nicht, wie wenig Zeit wir mit unseren Lieben und Nahestehenden verbringen, bis es zu spät ist. Aber das habe ich jetzt begriffen. Von jetzt an werde ich mir die Zeit nehmen, um mit denen zusammen zu sein, die mir wirklich etwas bedeuten.

Nachdem ich alles Wichtige an Nachrichten in Erfahrung gebracht hatte, beschloss ich, all die guten Filme nachzuholen, die ich verpasst hatte. Und weißt du, welcher der erste war? Es war ‚Der König der Löwen’, denn ich liebe Animationsfilme, und die Musik war fabelhaft. Ich liebe den Film, den hatte ich wirklich sehen wollen. Aber ich habe noch eine lange Liste vor mir.“ Ich war berührt von dieser romantischen Seite, dieser Liebe zum alten König der Löwen. Von ihm, der ja selbst der Original-Leo-Superstar ist.

Aber, so erinnerte ich ihn vorsichtig, anderthalb Jahre sind eine verdammt lange Zeit, selbst für einen verdammt mächtigen Sterblichen, um die Position wiederzuerlangen, die er verlassen hatte. Während seiner Abwesenheit sind eine Menge neuer Stars aus dem Boden geschossen. War er nicht der Ansicht, dass sich die Dinge verändert hatten? Er runzelte die Stirn.

„Nein, nicht wirklich. Und es ist ja nicht so, als wäre ich völlig von der Welt abgeschnitten gewesen. Ich habe viel gelesen. Das war mein Kontakt zur Filmwelt. Besonders mit der Stardust blieb ich in Verbindung, weil Rhea mir mit schönster Regelmäßigkeit jeden Monat mein Exemplar mitbrachte. Ich wusste genau, was in der Industrie vor sich ging. Ich blieb in Verbindung. Deshalb bemerke ich jetzt nicht wirklich eine Veränderung, geschweige denn, dass sie wie ein Schock für mich käme. Warten wir’s ab. Ich werde hart arbeiten.“ Die Aufrichtigkeit war unverkennbar.

„Das Wichtigste zuerst. Ich brauche erst mal ein paar Monate Auszeit und jede Ruhe, die ich kriegen kann. Und ich muss viel trainieren.“ Er fuhr sich mit der Hand über den Bauch. „Siehst du, wie weich das ist? Ich werde wie ein Irrer trainieren müssen. Und es wird nicht leicht sein. Weißt du, letzte Woche war ich zum ersten Mal wieder im Fitnessstudio und habe versucht, die gleichen Gewichte zu stemmen wie zu dem Zeitpunkt, als ich mit dem Training aufhörte. Und ich konnte es nicht glauben, dass ich es nicht schaffte. Aber ich war so wild entschlossen, ich habe sie gestemmt und alles viel zu sehr forciert. Und schau dir an, was dann passiert ist.“ Er beugte sich vor und zeigte mir seine Unterarme. Sie waren rot und geschwollen und voller Blutergüsse. „Jetzt tun meine Arme so weh, dass ich sie nicht mehr bewegen kann“, lachte er. „Jetzt muss ich warten, bis die Steifheit nachlässt, bevor ich überhaupt irgendetwas tun kann. Ich konnte meine Arme ja nicht mal für deinen Fototermin heben“, lachte er erneut.

In seinem Lachen war aber auch eine Grimmigkeit; es verriet seine eiserne Entschlossenheit, dieses Fitnessstudio – Schmerzen hin und her – wieder und wieder aufzusuchen. Bis er seine alte Form wiedererlangt haben würde. Und ebenso entschlossen war er auch in Bezug auf seine Karriere.

„Ich werde vorerst erst mal keine neuen Filme mehr annehmen. Aber wenn ich wieder in Form bin – mental und physisch –, dann werde ich all meine laufenden Projekte vollenden. Die von den Menschen, die auf mich gewartet haben. Dobby Goels Safari, Afzals Mahaanta, Ram Gopal Varmas Nayak; Anil Rathis Film ist fertig (Vijeta). Und Yash Johar hat mich bereits engagiert. Aber bevor ich damit anfange, muss ich gut aussehen und mich auch gut fühlen. Ich möchte wirklich gerne wieder arbeiten. Ich denke, bis Neujahr werde ich soweit sein. Hoffen wir, dass es ein Neubeginn wird.“

Bei der eisernen Entschlossenheit, die Dutt, wie er bereits bewiesen hat, in überreichem Maß besitzt, dürfte es das ganz bestimmt werden. Dennoch würde es Widerstand geben von denen, die vorübergehend seinen Thron okkupiert haben, während er im Exil war, und gegen eine Abdankung protestieren würden. Welche Ansichten hatte er über sie?

„Über diese neuen Helden? Sie sind gut, Mann. Einige von ihnen sind hervorragend. Im Vergleich zu ihnen fühle ich mich wie ein alter Mann.“ Das Grinsen in seinem Gesicht verriet, dass er das mit dem „alten Mann“ wohl nicht so wörtlich meinte. „Ich freue mich aufrichtig für sie. Aber du kennst mich, ich war sowieso nie der Typ, der eine bestimmte Position erreichen wollte oder verzweifelt versucht hat, die Nummer Eins zu werden. Ich war immer der Gleiche, egal ob ich Erfolg hatte oder am Boden war. Du kennst mich. Ich mache meine Arbeit und überlasse mein Schicksal dem Publikum. Und ich werde wirklich glücklich sein, wenn man mich aus dem Rampenlicht rauslässt. Ich möchte ehrlich und aufrichtig meiner Arbeit nachgehen, das ist alles.“

Nur dass der Deadly Dutt ein Mann ist, den sich das Rampenlicht geradezu sucht. Er war immer ein Superstar. Unabhängig von der Zahl seiner Hits und Pleiten an den Kinokassen. Er sah aus wie ein Superstar, und er hatte die Einstellung eines Superstars. Es war schieres Charisma und reine Star-Power. Ein schillerndes, wechselhaftes Leben. Während dem er viel gelernt hat.

Auch seine Gefängnishaft hat ihn eine Menge gelehrt. Er muss viel über die Industrie und ihre kriecherischen Wege gelernt haben. Er nickte.

„Diese Industrie ist eine knallharte professionelle Branche. Das habe ich inzwischen realisiert. Und daran ist auch gar nichts falsch. In einer professionellen Branche kann man sich keine Emotionalitäten leisten. Wenn du ganz oben bist, sind sie alle da, wenn du am Boden liegst, ist niemand mehr da. Das kann man akzeptieren. Mach deine Arbeit und bleib am Ball. Für jemanden mit Herz ist hier kein Platz. Und ich mache ihnen keinen Vorwurf. Schließlich geht es hier um so viel Geld, es steht so viel auf dem Spiel, da kann man sich Gefühle einfach nicht leisten. Man muss Profi sein, um mit diesen Profis umzugehen. Letztlich regiert Geld die Welt. Früher habe ich viele Gefälligkeiten geleistet in der Emotion des Augenblicks. Aber ich habe beschlossen, diese kostenlosen Gefälligkeiten einzustellen. Außer es geht um eine wirklich gute Sache.“

Nicht mal für Subhash Ghai würde er das tun? Ich konnte diesem Einschub nicht widerstehen. Seine aufschlussreiche Antwort war einfach nur ein herzliches Lachen. Offensichtlich nahm er es Ghai nicht übel, dass der ihn in einer Blitzaktion in Trimurti durch Anil Kapoor ersetzt hatte. „Überhaupt nicht. Ich hatte ihm sogar einen Brief geschrieben, dass er ruhig umbesetzen könne, da ich meinen Vertrag ja nicht erfüllen konnte. Soviel dazu.“

Plötzlich schoss mir der Gedanke an Madhuri Dixit durch den Kopf. Sie hatte mir gesagt, dass sie nichts dagegen hätte, wieder mit Dutt zu arbeiten, ihr Herz sei rein. Und er? „Auch mein Herz ist rein. Wenn Stoff und Drehbuch gut sind, hätte ich nichts dagegen, mit Madhuri zu arbeiten.“ Wieder dieses Grinsen, das mehr verbirgt als verrät.

Eins fiel mir jedoch auf. Der sonst so exaltierte Dutt hatte bis dahin noch nicht einen Kraftausdruck verwendet. Hat er der ordinären Sprache abgeschworen, oder was? Seine Antwort war die eines schuldbewussten Pfadfinders. „Nein, ich benutze schon noch immer ordinäre Ausdrücke. Warum?“ Ich brach in lautes Gelächter aus und bat ihn regelrecht um ein Schimpfwort. Hatte er vor, in die Politik zu gehen? Es gab eine Menge Berichte über die Folgen. Er saß kerzengerade.

„Ich möchte hier ganz kategorisch feststellen, und ich möchte, dass du das in Fettbuchstaben druckst: Ich gehe nicht in die Politik. Ich bin ein Schauspieler. Mein Job ist es, zu unterhalten. Ich bin kein Politiker. Ich werde niemals in die Politik gehen, weil ich dafür nicht geschaffen bin. Ich habe gelernt, mich davon fernzuhalten. Ich bin glücklich mit meiner Arbeit, ich bin glücklich, wenn ich spiele. Mein Vater ist seit zehn Jahren in der Politik, und ich habe nicht ein einziges Mal Wahlkampf für ihn gemacht. Ich bin so viel glücklicher. Ich war niemals daran interessiert“, fertige er dieses Thema barsch ab.

Und dennoch hatte er beschlossen, dem einen Mann zu danken, der während seiner Prüfung offen zu ihm gestanden hatte. Sanjay hatte seiner Dankbarkeit auch Ausdruck verliehen, indem er Bala Saheb Thackeray am Tag seiner Entlassung besuchte, noch bevor er in sein eigenes Haus zurückkehrte. Sanju lächelte.

„Für mich ist Balasaheb kein Politiker, sondern eher wie ein Familienmitglied. Wie eine Vaterfigur, ein Onkel. Ich respektiere ihn ungemein. Während andere unschlüssig abwarteten, war er der einzige, der aufstand und im Brustton der Überzeugung sagte: ‚Der Junge ist unschuldig.’ Da gehört eine Menge Mut dazu, so zu seinen Überzeugungen zu stehen. Und er war überzeugt davon, dass ich unschuldig bin. Dass ich nicht involviert war. Das war es, was zählte. Was das betrifft: Auch Shatru saab (Shatrughan Sinha) und Raj Babbar, obwohl sie zu anderen Parteien gehören, besaßen die Fairness, sich für etwas einzusetzen, was sie als richtig empfanden. Sie standen zu mir in der Stunde der Not, sie traten für mich ein und sprachen für mich. Ich werde nie vergessen, was sie für mich getan haben. So wie ich es auch Dilip (Kumar) saab, Yash Johar, Jayant Jadhav, Mukesh Patel (Autoriders), Harish (Glamour), Afzal, Dobby und Pankaj nie vergessen werde. Sie sind großartig. Ich habe wirklich großes Glück, Menschen wie sie um mich zu haben. Meine Fans, die Menschen meines Landes, die mir ihren unaufhörlichen Beistand bewiesen, indem sie mir schrieben. Rhea, meine Familie – ich möchte ihnen allen danken. Für ihre Liebe, Zuneigung und Gebete.“ Ich sah Tränen in seinen Augen schimmern. Und wie auf ein Stichwort kam Rhea herein und begann sich zu beschweren: „Euer Tee ist kalt. Würdet ihr zwei bitte aufhören zu reden und erstmal euren Chai trinken? Ich habe Kuchen und Gebäck für nachher. Ihr müsst etwas essen.“

Ich sah Sanju an, er musste etwas essen. „Ich muss trainieren“, entgegnete er. „Aber ich muss langsam anfangen. Ich wollte alle meine Muskeln an einem Tag wiederhaben. Und schau, was dabei rausgekommen ist.“ Er zeigte mir noch einmal seine Arme. „Aber ich meditiere auch viel. Ich habe begonnen, viel zu beten. Ich bin sehr religiös geworden. Ich glaube an die Kraft der Gebete. Und an das Schicksal.“

Und was ist mit seinen Zigaretten, fragte ich ihn, als er zu seiner Marlboro-Packung griff. „Ich habe sie auf zwanzig pro Tag reduziert. Irgendwann will ich ganz damit aufhören. Früher? O Gott! Frag mich gar nicht erst, es war eine einzige Kette.“

Um auf das Schicksal zurückzukommen: Da war eine Kette in seinem Leben, die mir zu denken gab. Die Art von Hölle, durch die er gegangen ist. Sein Drogenproblem, der Tod seiner Mutter, seine Lungenprobleme, Richas Krankheit, seine Inhaftierung. Wie viel kann ein Mann ertragen? War es karma, oder was?

„Ich glaube an das karma“, sagte Sanju feierlich. „Ich denke, mit all meinen Leiden habe ich dem Schicksal eine Schuld beglichen. Das müssen wir alle hier auf Erden. Ich denke, ich habe gelitten, weil es mir vom Schicksal so bestimmt war. Ich bete nur, dass ich jetzt schuldenfrei bin und endlich auf die hellere Seite meiner Lebensbilanz wechseln darf. Ich bete und hoffe.“

Er hat seine Lektionen gut gelernt. Und er hat gelernt, gut mit den Medien umzugehen, was er früher so nicht konnte. Er tätschelte mir das Knie und grinste: „Die Presse war gut zu mir. Sie haben zu mir gestanden. Und das sage ich jetzt nicht einfach nur, weil wir miteinander reden, aber das Magazin, das wirklich durch die Bank zu mir stand, war die Stardust. Und das will ich einfach sagen. Ihr habt mich auf eine Weise unterstützt, die geradezu unerhört ist. Und ich fühle ich richtig beschissen, dass ich damals an dem Star-Boykott gegen Filmmagazine teilgenommen habe. Ich fühle mich heute mies deswegen. Richtig, richtig furchtbar. Ich wünschte, ich wäre nie daran beteiligt gewesen. Aber nie wieder. Ich werde niemals wieder zulassen, dass jemand von meinen Schultern aus auf andere feuert“, und er brach in lautes Gelächter aus.

Unser Kreis hatte sich geschlossen. Der Kreis des Lebens, wie Sanju nach dem Lied aus dem „König der Löwen“ sagen würde. Aber das Leben war manchmal unglückselig. Tragisch. Heute war seine Frau Richa, mit der er sich auseinandergelebt hatte, in New York. In einer kritischen Kondition und um ihr Leben kämpfend. Auch seine Tochter Trishala war dort. Doch tragischerweise konnte Sanjay nicht zu ihnen reisen, um bei ihnen zu sein. Wie sehr er es sich auch wünschte. Denn sein Pass war eingezogen worden, bis das Gericht zu seinen Gunsten entscheiden würde. Auch lag eine Menge Bitterkeit in der Luft. Anklagen, Anschuldigungen. Richas Familie behauptete, Sanju kümmere sich nicht um sie. Nicht mal um seine eigene Tochter Trishala. Eine permanente Beschuldigung durch Ena (Richas aufwieglerische Schwester) war, dass Sanjay nicht einmal Unterhalt für seine Tochter bezahlte. Eine Anklage, die Dutt ganz klar zurückwies.

„Es ist sehr unglücklich, dass all diese Dinge gleichzeitig passiert sind. Meine Inhaftierung. Richas Krankheit. Gut, es bleibt die Tatsache, dass unsere Beziehung schon lange zu Ende war. Lange vor ihrer Krankheit. Uns war beiden klar geworden, dass wir nicht zueinander passten. Aber das Ganze nahm tragische Dimensionen an, als sie erkrankte. Und wie können sie sagen, dass wir uns nicht um sie kümmern? Das ist verletzend. Ich möchte Richa treffen, möchte sie sehen. Ich möchte bei ihr sein in dieser kritischen Zeit. Aber schau dir die unglücklichen Umstände an. Ich kann das Land nicht verlassen. Ich kann nicht reisen. Was kann ich tun? Meine Hände sind gebunden.

Zumindest Priya ist schon mal drüben, um bei Richa zu sein. Mein Vater wird rüberfliegen. Und ich will auch zu ihr. Um meine Tochter zu sehen. Ich liebe Trishala. Ich will für sie und Richa da sein.

Und wie können sie behaupten, dass ich keinen Unterhalt zahle und mich nicht um sie sorge? Wie könnte es möglich sein, dass ich meine Tochter nicht zurückhaben möchte? Ich möchte meine Tochter zurückhaben. Du kannst jeden danach fragen, wie sehr ich es versucht habe. Ich bin ein Mensch mit Familiensinn, so war ich schon immer. Wie könnte ich mich nicht um meine Tochter kümmern? Das ist eine so furchtbare Behauptung. Wenn ich die Erlaubnis bekomme, flieg ich noch heute zu ihr.

Ich habe vom Gefängnis aus an Richa geschrieben. Mehrere Male. Und ständig an Trishala. Ich habe auch mit Richa gesprochen, nachdem ich entlassen wurde. Ich bete für Richa. Gott ist groß. Ich hoffe, er schenkt ihr den Frieden und das Glück, das sie verdient. Ich werde ihr immer wünschen, dass es ihr gut geht.

Was all die negativen Dinge betrifft, die ihre Familie über mich verbreitet, daran bin ich gewöhnt. Genau genommen bin ich darauf vorbereitet. Aber ich kann nicht verstehen, warum sie nicht die volle Wahrheit sagen. Jede Geschichte hat immer zwei Seiten. Aber hast du jemals mich dazu etwas sagen hören? Ich ziehe es vor, Würde zu wahren und Privates privat bleiben zu lassen. Ich glaube an die Würde des Schweigens. Und auch meine Familie, hast du jemals irgendwelche negativen Kommentare von ihnen gelesen oder gehört? Vielmehr ist meine Familie so besorgt um sie, dass sie zu ihr geflogen ist. Und das werde ich auch, wenn ich die Erlaubnis bekomme. Es kommt jetzt einzig darauf an, dass Richa wieder gesund wird. Alles andere ist zu unbedeutend, um überhaupt darüber zu reden.“

Sanjay hat Klartext gesprochen. Offensichtlich war die Ehe schon lange zuvor vorüber. Wenn sie noch weitergeführt wurde, dann aus Liebe zu einem kleinen Stops namens Trishala. Aber Sanjay und Richa waren schon eine ganze Weile getrennte Wege gegangen. Es wäre wohl sensibler gewesen, schon viel früher loszulassen. Zwei unglückliche Menschen wären getrennt voneinander vielleicht besser dran gewesen. Wer weiß? Aber im grausamen Licht des heutigen Tages wäre das Gleiche unmenschlich und unsensibel. Ich bedauerte Richa, die ich nur einmal getroffen hatte, bei ihrer Ankunft in Bombay (am Flughafen) bei ihrem letzten Abstecher hierher. Und Sanjay, der arme Sanjay war auch in einem Dilemma, da die Scheidung, die er so lange gewollt hatte, drei Jahre lang, plötzlich eine zu grausame Sache war, um sie zu verlangen. Es war eine vollständige Tragödie. Und niemandem konnte ein Vorwurf gemacht werden außer den Umständen.

Das brachte mich zurück zu der wunderbaren, schönen und stoischen Frau namens Rhea Pillai. Eine Frau, die nicht nur das Herz von Sanjay und dem Rest seiner Familie gewonnen hatte durch ihren unermüdlichen und unerschütterlichen Beistand, sondern auch die gesamte Welt. Rhea, die warmherzige, zärtliche, gastfreundliche, höfliche, humorvolle, starke Rhea. Das perfekte Gegenstück zu Dutt, diesem Jungen und Mann in einem. Es bedurfte einiges an Mut für das zierliche Model, Tag und Nacht vor dem Gefängnis zu stehen, um einen Blick auf ihn zu erhaschen. Um nur seine Finger durch ein Maschendrahtgitter zu berühren. Es war eine übermenschliche Anstrengung von ihr, ihren Sanju zu unterstützen.

Sanju blickte sie liebevoll an und bat sie, sich zu uns zu setzen. „Wir reden gerade über dich“, sagte er und tätschelte ihr Knie. „Umso mehr Grund für mich zu verschwinden“, scherzte sie und deutete einen Fluchtversuch an. Dann setzte sie sich und hörte zu.

„Ich traf Rhea vor zwei Jahren im Büro von Mr. Jethmalani. Meine ganzen Probleme begannen damals erst, und ich war sehr deprimiert. Ich saß da ganz für mich allein. Aber dennoch bemerkte ich sie. Es war eine unmittelbare Chemie zwischen uns. Sie kannte mich damals noch nicht einmal, und doch war sie so besorgt. Wir verstanden uns sofort. Sie ist ein wunderbarer und liebenswerter Mensch. Sie ist stark. Sie hat wie ein Felsen zu mir gestanden. Wer würde stundenlang vor dem Gefängnis stehen nur für einen kleinen Blick? Ich bin sehr glücklich, sie zu haben. Ich liebe Rhea sehr. Und irgendwann möchte ich sie auch heiraten.

Ich weiß, ich klinge konservativ. Ich glaube, ich bin alt geworden.“ Oder erwachsen, werfe ich ein. Rhea nickte: „Er war immer schon konservativ.“ „Ja“, nickte Sanju. „Ich bin orthodox. Ich bin sehr religiös. Ich glaube an dieses besondere Band, das man Ehe nennt. Für mich ist dieses Ritual sehr wichtig für eine ernsthafte Beziehung. Diese Runden um das heilige Feuer sind für mich von großer Bedeutung. Für meinen Seelenfrieden. Rhea und ich mögen jetzt hier in diesem kleinen Apartment zusammenleben, aber erst am Tag unserer Hochzeit werde ich wirklich in Frieden sein. Doch das überlasse ich Gott. Und dem Schicksal.

Glaub mir, Rhea hat sich selbst bewiesen. Ich war anderthalb Jahre im Gefängnis. Aber sie hat alles aus eigenem Antrieb gemacht. Sie war meine Stärke von draußen. Deshalb bin ich auch beinahe zusammengebrochen, als ich hörte, dass es ihr nicht gut ging. Und ich bat um eine Sondergenehmigung, um sie besuchen zu dürfen. Ich danke dem Gericht, dass sie mir gewährt wurde. Es war das Wenigste, was ich tun konnte für jemanden, der so viel für mich getan hat.“ Er blickte sie erneut an mit diesem zärtlichen Licht der Liebe in seinen Augen, und auch sie leuchtete. Sanjay war zu Hause. Ihr Sanjay. Ihr König der Löwen.

„Ich freue mich auf die Zukunft. Ich bin sicher, sie wird hell und strahlend sein. Ich möchte jetzt einfach nur zur Ruhe kommen und sesshaft werden. Bete für mich.“ Immer, erinnerte ich ihn, als ich mich erhob, um zu gehen. Sanjay und Rhea begleiteten mich zum Aufzug. Er verpasste mir seine gewohnte Mann-zu-Mann-Bärenumarmung. „Komm wieder. Wir müssen richtig miteinander zum Essen ausgehen, weißt du, wir haben etwas miteinander zu feiern. Und wir haben gar nicht richtig miteinander geredet. Wir müssen viel nachholen.“ Ein warmherziges Auf Wiedersehen von beiden, dann kehrten sie in ihr vertrautes Liebesnest zurück, Hand in Hand.

Der König der Löwen. Er war zurück. Und zufälligerweise bemerkte ich später am Abend, als ich mit Rhea sprach (sie hatte angerufen, um zu fragen, wie die Bilder – die ersten nach anderthalb Jahren – geworden seien), dass sie ihn tatsächlich ihren „lion king“ nannte. Damals hatte ich darüber gelacht.

Erst als ich die letzten Worte dieses emotionalen Interviews niederschrieb, traf mich der Gedanke. Sollte die Schmerzensflut in Sanjus Leben tatsächlich allmählich nachlassen, wo war dann der berühmte Bogen des Bundes? Der Regenbogen als Erinnerung an das Versprechen Gottes? Dieser Regenbogen, so wurde mir klar, war Rhea. Ein Versprechen an Sanju zur Erinnerung, dass sein Elend endlich hinter ihm lag und dass die Zukunft farbenfroh aussah.

Es war ein wohlgehaltenes Versprechen. Toi-Toi-Toi!

(Omar Qureshi; Deutsch von Diwali)

Donnerstag, 6. Dezember 2007

Showtime 8/1994: The Sanjay Saga

Showtime, August 1994

The Sanjay Saga – Do you know?

Sanju wurden an seinem Geburtstag am 29. Juli im Thane Jail einige spezielle Besucher gestattet. Kumar Gaurav und die Dutt-Mädchen kamen, bewaffnet mit liebevollen Karten und Briefen für das Geburtstagskind Sanjay Dutt.

Der Supreme Court schenkte Sanju nichts zum Geburtstag. Das Dutt-Lager hatte gehofft, der höchste Gerichtshof des Landes würde Sanju am 29. Juli, seinem 36. Geburtstag, auf Kaution freilassen. Stattdessen wurde die Anhörung auf den 12. August verschoben. Zum ersten Mal musste Sanju seinen Geburtstag im Gefängnis verbringen.

Als seine Freundin Rhea Pillai ihn in Thane besuchte, brach sie weinend zusammen, während Sanju (nachdem er seine eigenen Tränen fortgewischt hatte) ihr zuliebe ein tapferes Lächeln aufsetzte.

Ein selbsternannter Numerologe hat herausgefunden, dass die Zahl 4 eine permanente Unglückszahl für ihn ist. Zum ersten Mal verhaftet wurde er im April, dem vierten Monat des Jahres; ein Appell gegen die TADA-Anklagen wurde an einem 13. (Quersumme 4) abgewiesen; und er wurde am 4. Juli erneut verhaftet – eine weitere Unglücks-4 für ihn. Dabei hat Sanjay selbst immer geglaubt, dass die 2, 4 und 8 seine Glückszahlen seien!

Die gewitzten Sippy-Brüder hatten Sanju am Sonntag, dem 3. Juli, unmittelbar nachdem er die Shraddha-Klinik in Bhanyendar eingeweiht hatte, ins Synchronstudio entführt, wo er non-stop das Dubbing für ihren Film Amaanat absolvierte. Am nächsten Tag war Sanju wieder im Gefängnis, womit Amaanat sein einziger vollendeter Film geblieben ist.

Die August-Ausgabe der Stardust mit dem von Kraftausdrücken nur so gespickten Interview seines Kumpels Sanjay Gupta hatte ein zu diesem Zeitpunkt sehr seltenes Lächeln um Sanjus Lippen spielen lassen. Für einen Moment fand der besorgte Schauspieler Vergnügen an Guptas Flüchen gegen die FMC, mit der zuletzt ja auch Sanju Ärger gehabt hatte.

Sanjus einziges Exklusivinterview, das er vor seinem zweiten Gefängnisaufenthalt noch aufgezeichnet hat, hatte sich natürlich die Showtime gesichert!


Das letzte Wort von Sanjay Dutt

Er sog die Lungen mit Freiheit voll – doch nur für eine kurze Zeit. Er hatte das Innere eines Gefängnisses gesehen und war demütig und bescheiden herausgekommen: „Es war so demütigend. Wie sie mich auf dem Weg zum Gericht immer vorgeführt und zur Schau gestellt haben... alles nur, um mich zu demütigen, damit ich mich klein fühle“, erinnerte er sich an seine kurze Inhaftierung 1993. Aber es erwies sich als ein Albtraum ohne Morgendämmerung – denn er ist nun erneut dort.

Bevor er ins Gefängnis zurückkehrte, sprach Sanjay Dutt mit der Showtime. Das Tonband enthält einen seltenen Sanjay, einen unverhüllten Sanjay, der die Leser direkt in sein aufgewühltes Herz mitnimmt.

Das Interview begann ganz einfach mit einem kleinen Spiel: Gib dem Star ein Stichwort und lass ihn spontan, instinktiv und geistreich darauf reagieren.

Das erste Stichwort war Khalnayak. Unmittelbare Reaktion von Sanjay Dutt: „Er bedeutet mir als Schauspieler sehr viel, er war eine Lektion für mich als Schauspieler. Ein brillanter Film.“

Nachfrage: Was bedeutete der Erfolg von Khalnayak für Sie? Die schnelle Antwort: „Beruhigung. Die Versicherung, dass das Publikum mich mag, dass es mich liebt. Das hat mir viel bedeutet. Ich war gerade erst aus dem Gefängnis gekommen. Ich war skeptisch, ich wusste nicht, wie die Leute auf mich reagieren würden. Die Art, wie sie mich akzeptiert haben, war überwältigend.“

Die nächste nette Frage: Was war das für eine Erfahrung, als die Massen bei der Gumrah-Premiere im strömenden Regen ausharrten, um einen Blick auf Sie zu erhaschen?

„Das hat mich sehr glücklich gemacht. Ich bin durch viele traumatische Phasen in meinem Leben gegangen, und anfangs hat man sehr negativ auf mich reagiert. Aber allmählich entwickelten die Menschen Sympathie für mich, sie realisierten, dass ich kein solcher Typ bin (= ein Landesverräter), und als ich dann die Menschen in diesem strömenden Regen auf mich warten sah, war ich geschockt und überrascht. Es war ein gutes Gefühl, dass sie zu mir standen. Ich hatte nicht erwartet, dass sie dort im Regen stehen würden. Das war wie ein Rausch für mich. Jeder Film ist ein Test, und jedes Mal, wenn ich vor die Menge trete, ist das wie ein Rausch. Ich stand einfach nur da, sah sie an und winkte ihnen zu.“

Noch eine Runde mit Samthandschuhen: eine schnelle Reaktion auf das Wort Fans. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für die Sanjay-Welle – Sie sind derzeit der gefragteste Typ weit und breit. Gefragt bei den Produzenten, bei der Presse und bei den Fans.

„Fans. Ich betrachte sie niemals als selbstverständlich, ich freue mich immer über sie. Nicht ich oder die Produzenten und Regisseure haben mich zu dem gemacht, was ich bin. Das verdanke ich einzig den Fans, die mich lieben. Ich schreibe die gesamte Sanjay-Welle meinen Fans zu. Ohne sie gäbe es keinen von uns. Wie Amitji. Als er krank war (und ich habe mit eigenen Augen im Breach Candy gesehen, was er durchgemacht hat), hat er sich aus dieser Phase rausgekämpft nur wegen seiner Fans. Ich würde sogar sagen: Auch Amitabh Bachchan gibt es heute einzig dank seiner Fans! Ich bin drogenfrei dank meiner Fans. Ich habe diese traumatische Zeit im Gefängnis hinter mir gelassen einzig dank ihrer Liebe, Zuneigung und Gebete.“

Langsam wird’s ernst: Ihre Spontanreaktion auf das Wort TADA?

„In einem Wort: furchterregend! Ein Wort, von dem ich wünschte, es würde für immer aus meinem Leben verschwinden.“

Und Ihre schnelle Antwort auf das Wort AK-56?

„Schwierigkeiten mit einem großen S. Absolut. Ich will mein Leben lang nie wieder eine Schusswaffe sehen. Überhaupt keine Waffen mehr. Ich will mich nur noch um meine Arbeit und um meine eigenen Angelegenheiten kümmern.“

Machen wir es ihm wieder leicht. Das Wort Prem Granth steht auf der Liste. Was bedeutet ihm der Verlust von Prem Granth?

„Es ist ein großartiger Film, ein sehr gutes Drehbuch. Ich wünschte, ich hätte ihn machen können. Aber die Umstände haben es mir nicht gestattet, ich hatte Terminprobleme. Sie hatten schon viel zu lange meinetwegen gewartet, und ich wollte nicht der Grund für Spannungen und weitere Verzögerungen sein, dazu respektiere ich diese Familie viel zu sehr. Ich war so glücklich gewesen, als sie mich für diesen Film unter Vertrag nahmen! Meine Mutter und Rajji hatten diese Firma gestartet, und nun nach so vielen Jahren sollten die Söhne von Nargis und Raj Kapoor zusammenarbeiten! Das war ein sehr emotionaler Augenblick für mich. Aber dann musste ich mich aus dem Film zurückziehen, und das war für mich ein trauriger, emotionaler Entschluss. Es gab mir einen Stich, als ich ausstieg, und ich bedauerte es sehr. Aber ich musste es tun, für Chimpu.“

Liebe Zeit, er wurde ja richtig redselig! Aber er kehrte schlagartig zu seiner angespannten Einsilbigkeit zurück, als er auf das nächste verflixte Wort reagieren sollte: Madhuri Dixit.

„Mmm?“ kam zuerst, gefolgt von einem geschraubten „ein nettes Mädchen, ein lieber Mensch; mehr nicht“.

Mehr nicht? Ist sie nicht der Traum, der für Sie sehr bitter wurde?

„Nein.“

Wir glauben Ihnen nicht, aber das nächste Wort lautet: Lisa Ray. Was bedeutet Ihnen dieser Name? „Nichts.“ Nichts?

„Sehen Sie, ich habe sie zusammen mit Raju Patel (in London) getroffen. Wir brauchten ein Mädchen für unseren Film Jungle. Sie schien die richtige Wahl – wir alle, Rahul Rawail, ich, wir dachten, sie wäre die Richtige. Aber letztlich passte sie nicht in die Atmosphäre indischer Filme. Sie war zu westlich. Also ließen wir die Idee fallen. Ich hatte nichts mit Lisa Ray zu tun. Jedenfalls nicht das, was die Leute glauben.“

Die wirkliche Antwort auf die beiden obengenannten Namen kam als Stegreifbemerkung: „Ich rede nicht gerne über meine Beziehungen. Das wäre nicht gentlemanlike.“

Akzeptiert. Also weiter zu Name Nummer drei: Rhea Pillai.

Diesmal kommt eine entschieden enthusiastischere Antwort: „Sicher, ich kenne sie. Ja, wir treffen uns. Sie ist ein sehr einfaches Mädchen, sehr ausgeglichen und vernünftig, ein ganz phantastischer Mensch. Aber ich weiß nicht, in welche Richtung sich diese Geschichte entwickeln wird.“

Okay. Schluss mit den leichtfertigen Scherzen. Gehen wir zu ernsteren Themen über.

Und das erste Wort in diesem Zusammenhang ist Politik.

„Ich kann kein Politiker sein. Ich kann nicht diplomatisch sein. Ich bin glücklich da, wo ich jetzt bin. In dieser Industrie. Es ist ein großartiger Ort mit wunderbaren Menschen.“

Sie meinen also, Ihr Dad sei diplomatisch?

„Nein, ist er nicht. Deshalb sollte er auch besser... wie soll ich es ausdrücken?“

Sie meinen, er soll besser damit aufhören? „Ja, Politik ist nichts für ihn... Er sollte lieber sein eigenes Ding durchziehen und den Menschen helfen. Ich weiß nichts von Politik. Ich kenne auch keine Politiker. Obwohl ich zu Hause mit meinem Vater einen Politiker um mich habe, habe ich mich nie dafür interessiert. Ich verstehe überhaupt nichts davon.“

Das nächste Wort verwandelte den für seine Einsilbigkeit berühmten Sanjay Dutt in einen gepeinigten 35-jährigen Dauerredner. Es lautete: Scheidung. Wir überlassen Sanju das Feld.

„Eine Scheidung kann eine äußerst unschöne Angelegenheit sein, aber ich möchte sie einvernehmlich haben, ohne dass man sich gegenseitig mit Dreck bewirft. Und sie (der Richa-Sharma-Clan) haben mich mit Dreck beworfen, aber ich will mich nicht auf ihr Niveau herabbegeben. Sie werden nie erleben, dass ich über die Familie so rede wie sie über mich. Ich möchte nur eines sagen, dass nichts einseitig ist, es braucht immer zwei Hände zum Klatschen. Ich behaupte nicht, dass ich hundertprozentig im Recht bin. Ich weiß, dass auch ich Fehler gemacht habe. Aber gleichzeitig haben auch Richa und ihre Familie Fehler gemacht, und zwar gewaltige.

Richa und ich leben seit sieben Jahren voneinander getrennt. Meine Tochter ist sechs Jahre alt. Sieben Jahre sind eine lange Zeit. Ich bin so eigenständig geworden, ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wieder in einer (bzw. dieser) Ehe zu leben. Anfangs habe ich vieles versucht, damit die Sache funktioniert. Aber am Ende waren die Ansichten ihrer Familie einfach immer völlig anders. Ich habe versucht, Richa nach Hause zu bringen, aber sie hatten Angst davor, sie in diesem Land zu lassen. Ihr Vater bat mich, ihm seine Tochter zurückzuschicken. Also musste ich sie zurückschicken, und meine Tochter gleich mit dazu. Ich habe es so oft und so sehr versucht, sie hierher zu bringen. Aber irgendwann kam dann der Punkt, an dem ich mir sagte: vergiss es.

Stellen Sie sich vor, sie wollten, dass ich nach Amerika ziehe. Aber unser Leben ist hier. So sehe ich das Richa gegenüber: Ich habe dich geheiratet, hier ist dein Zuhause. Aber Richas Schwestern haben dem entgegengewirkt. Ich weiß nicht, warum ihre Schwestern sich so sehr gegen mich ausgesprochen haben. Und was für dumme Anschuldigungen sie gegen mich erhoben haben! Jeder weiß, wie oft ich hin- und hergeflogen bin, damit unsere Ehe funktioniert!

Ja, es ist wahr, dass ich Richa um die Scheidung gebeten habe. Aber so was kann man nicht am Telefon besprechen. Ich muss zu ihr fliegen, wir müssen uns zusammensetzen und reden. Über eines bin ich mir sicher. Ich werde mich definitiv um sie kümmern, um Richa und meine Tochter. Aber ich möchte, dass sie frei ist, und auch ich möchte frei sein, so dass wir je unser eigenes Leben führen und einander respektieren können.

Aber sie sind sehr nachtragend geworden. Sie erlauben meiner Tochter nicht, hierher zu kommen und mit mir zusammen zu sein. Als sie zusammen mit ihrer Mutter hierherkam, hat Richa sie mit nach Delhi genommen. Hätte sie meine Tochter nicht bei mir lassen können?

Ich werde nicht um das Sorgerecht für meine Tochter kämpfen. Ich weiß, dass Richa sie mehr braucht als ich. Ich bitte lediglich, dass man mir mein Recht zugesteht, sie zu treffen und sie kennenzulernen. Sie haben meiner Tochter nie von mir erzählt, sie kennt mich nicht einmal. Nur unser gemeinsames Blut lässt sie in mir ihren Vater erkennen. Es stimmt, dass sie mich Onkel genannt hat, als sie klein war. Aber wie könnte ein Kind so etwas tun, ohne dass es zuvor von jemand anderem dazu angehalten worden wäre?

Ich bin nicht von der Sorte Mensch, die bettelt. Ich bitte zwei- oder dreimal, vielleicht sogar zehnmal. Und nach zehnmal Bitten sollte man ihr dann doch mal erlauben, mich zu sehen, wenigstens einmal. Aber sie erlauben es ihr nie! So rachsüchtig sind sie.

Ich will meine Tochter nicht von ihrer Mutter trennen. Aber ich will definitiv Zeit mit ihr verbringen. Ich will sie kennenlernen, und ich will, dass sie mich kennenlernt. Sie kennt weder ihren Großvater noch ihre Tanten noch mich. Ich möchte das Besuchsrecht für meine Tochter.

Es stimmt nicht, dass unsere Ehe funktioniert hätte, wäre Richa nicht krank geworden. Unsere Ehe wäre in jedem Fall schiefgegangen. Wir waren zu verschieden. Für Richa war New York City groß und Bombay nur ein Dorf. Okay, ich weiß es zu schätzen, dass man in New York einfach die Straßen entlanggehen kann, Schaufenster ansehen, ins Kino, in die Oper oder in ein Restaurant gehen, während solche Möglichkeiten in Bombay begrenzt sind. Ich mache ihr keinen Vorwurf. Ich weiß, dass es schwierig ist, sich anzupassen, aber ich hätte großen Respekt vor einer Ehefrau, die sich anpassen würde, und das hat Richa eben nicht gemacht.

Ich will nicht sagen, dass sie falsch liegen und wir richtig, aber kulturell sind sie einfach ganz anders. Zum Beispiel wie Richa mit ihrem Vater redet. Ich sage nicht, dass sie ihn nicht respektiert, aber ich bin einfach schockiert, wenn sie zu ihm sagt: ‚Mann, jetzt mach mal halblang, Dad, lass mich in Ruhe mit dem Scheiß!’ Unsere Werte passen eben nicht zusammen. Ich könnte mir nie vorstellen, so mit meinem Dad zu reden. Stellen Sie sich vor, ich würde zu ihm sagen: ‚Jetzt mach mal halblang, Duttsaab, komm mir nicht mit solchem Schrott daher!’

Ich mag westlich orientiert erscheinen, was meine Kleidung betrifft, oder wenn ich Fast Food esse oder in die Disco gehe. Aber nur in solch harmlosen Dingen bin ich verwestlicht. Sobald es um die ernsten Dinge im Leben geht, bin ich ein echter Inder. Zum Beispiel würde ich jederzeit meine Frau mit in die Disco nehmen, aber mir würde nicht gefallen, wenn jeder von uns alleine geht; solchen Unsinn kann ich einfach nicht haben.

Ich habe nichts gegen die Vorstellung, dass meine Frau arbeitet, solange sie ihr eigenes Unternehmen oder ihre Boutique hat und ihr eigener Boss ist. Aber ich würde nicht wollen, dass meine Frau eine Schauspielerin ist. Wir hätten niemals Zeit für uns gemeinsam. Ich würde nicht gerne abends heimkommen und erfahren, dass sie zu einem Nachtdreh gegangen ist. Wenn ich nachts drehe und sie auf mich warten will, nun, genauso ist es eben, oder? Okay, ich messe hier mit zweierlei Maß, und wenn Sie mich jetzt einen Chauvi nennen wollen, nur zu, dann bin ich eben einer. Heute kann ich das akzeptieren.

Ich denke, all diese Veränderungen kommen allmählich, wenn man älter wird. Früher denkt man noch, wow, New York, da muss man hin, da muss man leben. Und ich habe dieses Leben geliebt. Doch allmählich erkennst du, welches deine Werte sind, wo du hingehörst. Und ich bin ein Inder, hier ist mein Zuhause. Sobald es um Ehefrau, Schwestern und Familie geht, bin ich konservativ und meine Werte sind sehr indisch. Solange du noch um Frauen wirbst, merkst du das alles nicht. Erst nach der Hochzeit wird dir das plötzlich klar.“

Hochzeit und Ehe. Das waren die nächsten Worte an ihn. Und erneut reagierte Sanju mit erfrischend klaren Gedanken.

„Am Anfang, nach all dem, was passiert war (mit Richa), hatte ich genug von der Ehe. Aber ich bin jetzt 35 und habe es satt, alleine zu sein. Ich möchte zu jemandem nach Hause kommen. Ich gehöre niemandem, aber ich möchte jemandem gehören. Ich bin ein Vagabund, ein Zigeuner. Ich weiß, ich habe meinen Vater und meine Schwestern, die mich sehr lieben, aber das ist nicht das Gleiche. Nein, ich habe keine Angst vor der Ehe. Ich sehe das ganz cool. Aber ich bin in einer komischen Situation. Ich war so lange eigenständig und unabhängig, obwohl ich verheiratet bin. Man könnte mich als einen verheirateten Junggesellen bezeichnen!“

Alkohol. Wie wär’s mit einer Reaktion auf dieses Wort? Angeblich schauen Sie oft ganz schön tief in die Flasche.

„Nicht wirklich. Ich trinke keinen Whiskey. Mein Lieblingsdrink ist Bacardi. Ich war ein ziemlicher Säufer, bevor sie mich eingebuchtet haben (das erste Mal, im vorigen April). Aber nach meiner Freilassung habe ich kaum noch getrunken. Ich nehme nicht einmal mehr einen regelmäßigen täglichen Drink. Meine Geburtstagsparty, bei der ich besoffen war? Hey, meine Freunde haben mich betrunken gemacht, das war ich nicht selber. Aber ich versichere Ihnen, heute trinke ich nicht allzu viel mehr. Ich bin definitiv kein Alkoholiker! Und ich verspreche, dass ich eines Tages das Rauchen aufgeben werde. Ich kann nicht sagen, wann das sein wird. Aber eines schönen Tages, wenn es sich einmal in meinem Kopf festgesetzt hat, dann werde ich es problemlos aufgeben.“

Bis dahin bleibt er der Archetyp des Marlboro Man.

(Bharathi S. Pradhan; Deutsch von Diwali)

Mittwoch, 5. Dezember 2007

g 6/1998: Has trauma transformed Sanjay Dutt?!

g, Juni 1998

"There is sorrow in Sanju’s eyes" – Has trauma transformed Sanjay Dutt?!

Die Menschen lieben Sanjay Dutt. Ich komme zum Abschluss, noch bevor ich überhaupt beginne. Mit diesem Artikel möchte ich das Charisma von Sanjay Dutt enträtseln. Es ist schon seltsam: Ohne den Mann selber getroffen zu haben, scheine ich genug über Sanjay zu wissen. Durch seine Filmemacher. Die Worte seines Regisseurs und Freundes Sanjay Gupta haben sich mir eingeprägt: "Sanju verarbeitet seine Probleme und Leiden zu positiven Charakterzügen." Nicht jeder kann das. Nicht jeder hat den Mut, in den tiefsten Abgrund zu stürzen und sich daraus wieder zu erheben. Trotz der Narben all seiner Tragödien macht Sanjay mit seinem Leben weiter!

Vor vier Jahren, vor seiner Inhaftierung, war Sanjay der Herr im Hause und galt bereits als die nächste Numero Uno. Nie hätte er sich vorstellen können, welche Wende sein Schicksal nehmen würde. Seine Inhaftierung war für seine Rivalen der Startschuss, um die Ernte einzufahren. Als er zurückkehrte, hatten sich die Dinge in der Glitzerstadt drastisch verändert. Und Sanjay ebenso!

Jedermann sprach über den neuen Sanjay Dutt – den verbitterten Sanjay, den grübelnden Sanjay, den starken Sanjay, den philosophischen Sanjay, den religiösen Sanjay... und so weiter... Ein Trauma hinterlässt stets Spuren, und in Sanjay waren sie sichtbar. Schmerz stirbt niemals, man lernt, mit ihm zu leben. Und Sanjay hat das bewiesen. "Wenn du ein Trauma hast, darüber heulst und ihm erlaubst, sich in deinem Leben breitzumachen, dann wird es dich umbringen. Aber wenn du es als Herausforderung betrachtest, als eine Erfahrung, und vergibst und vergisst, dann wirst du ein besserer und stärkerer Mensch. Und dann kannst du in Frieden mit deinem Leben weitermachen", hatte Sanjay vor einem Jahr in der ’g’ gesagt.

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis hatte die Filmindustrie prophezeit, dass Sanjay seine Position an den Kinokassen wiedererlangen würde. Er wurde als Held bejubelt, der sich wie Phönix aus der Asche erhoben hatte. Das änderte sich nach dem Debakel von Mahaanta. Dieselben Menschen, die zuvor gar nicht hatten aufhören können, seine Lobeshymnen zu singen, schrieben nun seinen Nachruf. Sanjay, unbeeindruckt von diesen Beobachtungen, machte weiter. Hatte es noch irgendwelche Zweifel über seinen Status gegeben, so wurden sie durch das Scheitern von Daud bestätigt. Filmemacher wurden skeptisch, ihn unter Vertrag zu nehmen. Und dennoch hat Sanjay heute beinahe zehn Filme an der Hand – Dushman, Vaastav, Khauff, Chakra, Dus, Safari, Khoobsurat, Haseena Maan Jaayegi und Jung.

Während er im Gefängnis war, übernahm eine neue Schauspielerriege das Regiment. Kompetente Stars mit einer großartigen Physis wie Akshay Kumar, Suniel Shetty und Salman Khan. Wo passte Sanjay Dutt da rein? Ist er noch immer ein heißes Angebot an den Kinokassen? Und wenn ja, was macht ihn dazu? "Sanju hat eine ganz eigene Ausstrahlung", verrät Tanuja Chandra, die mit Dushman ihr Regiedebüt gibt. "Er ist äußerlich tough, aber innerlich sehr verletzlich. Man kann gar nicht anders als Zuneigung für Sanju zu empfinden, egal wie sehr er einen irritiert. Jedermann liebt es, ihn zu bemuttern, weil er ständig im Schlamassel steckt, egal ob auf oder hinter der Leinwand. Ob Drogenphase oder TADA-Untersuchungshaft, irgendwas vermasselt Sanjay immer – aber er kommt auch immer wieder aus der Sache raus."

Sanjay Chel, ebenfalls Regiedebütant, hat die gleiche Beobachtung gemacht. "Keiner von diesen Schauspielern kann Sanjays Platz einnehmen, weil Sanju eine Mischung aus Macho und Verletzlichkeit ist. Seine Augen sprechen Bände, und das Leid in ihnen kann man gar nicht übersehen. Abgesehen davon hat Sanjay, im Gegensatz zu anderen Schauspielern, keine action-orientierten Rollen gespielt. Seine Figuren hatten immer auch eine emotionale Seite – und ganz genauso ist Sanjay auch im wirklichen Leben."

Ein weiterer Filmemacher, der zum ersten Mal mit Sanjay zusammenarbeitet, ist der Marathi-Schauspieler und Regisseur Mahesh Manjrekar mit Vaastav. Wobei Mahesh Sanjay schon einmal inszeniert hat, nämlich in Nidaan, einem kurzen Dokumentarfilm über AIDS, in dem Sanjay einen Gastauftritt absolvierte. "Damals habe ich bemerkt, dass Sanjay ein ausgesprochen ruheloser Typ ist. Da ist eine enorme Menge an Energie in ihm, die nur darauf wartet, zu explodieren. Und genau das brauchte meine Figur in Vaastav", sagt Mahesh. Und was ist mit seinem Marktwert? Ziehen Filme mit Sanjay in der Hauptrolle denn noch an den Kinokassen? "Darüber mache ich mir keine Gedanken", erklärt Manjrekar. "Er ist perfekt für meinen Film, und das ist wichtig. Heute kann doch niemand voraussagen, wie ein Film sich machen wird. Auch Sunny Deol war vor ein paar Jahren schon abgeschrieben, und heute steht er wieder mit ganz oben."

Jyotin Goel, Produzent und Regisseur von Safari, meint: "Sanjay hat eine äußerst dominierende Präsenz auf der Leinwand, und er ist ein ausgezeichneter Schauspieler. Die derzeit aktuellen Schauspieler haben alle nicht die richtige Mischung aus Machismo und Gefühl. Sanjay schon. Wir haben Stars, die entweder Muskelprotze oder Darsteller sind, aber niemals beides auf einmal. Und deshalb übertrifft Sanju sie alle." Wahrscheinlich kann Goel sich deshalb auch keinen anderen vorstellen, der an Sanjays Stelle treten könnte: "Egal, wie lange es dauerte, ich war immer bereit zu warten bzw. meine Drehtermine Sanjays Terminen bei Gericht anzupassen. Und zwar, weil ich vollkommen überzeugt war, dass er zu der Rolle passte. Ich habe nie in Erwägung gezogen, ihn zu ersetzen, und das sagt eine Menge über seine Glaubwürdigkeit als Schauspieler aus."

Manjrekar dagegen ist der Ansicht, dass niemand unersetzlich ist: "Es gibt hierzulande genügend Schauspieler, die jeden ersetzen können. Und niemand wartet hier auf irgendjemanden. Es war völlig normal, dass die Filmemacher sich an andere Schauspieler hielten, während Sanjay im Gefängnis war." Laut Sanjay Gupta, der früher schon in dem Sanjay-Film Aatish Regie geführt hat und nun Khauff und Jung mit ihm macht, hat Sanjay die magnetischste Leinwandpräsenz: "Die jüngeren Schauspieler sind alle Papiertiger. Sicher haben sie ihre kleinen Nischen, aber seine Position erreichen sie nicht. Er ist ein Superstar mit dem besten Body und bringt seine Leistungen trotz seiner Probleme mit der Justiz."

Dass Sanjay Dutt auch heute noch immer beliebt ist, darauf würde jeder Filmemacher einen Eid ablegen. "Sie müssten mal sehen, wie die Massen auch heute noch auf Sanju reagieren", sagt Tanuja. "Seine Figuren auf der Leinwand machen ihn leicht zugänglich für die einfachen Menschen; sie können die Hand nach ihm ausstrecken und ihn berühren. Das hebt ihn von den anderen ab." Sanjay Chel stimmt der Ansicht zu, dass Sanjay Dutt unersetzlich ist: "Es ist ein Wahnsinn in Sanju, der ihm diese zusätzliche Schärfe verpasst", verrät er. "Alles, was Sanju braucht, ist ein Hit", fügt Gupta hinzu. Manjrekar hat eine interessante Beobachtung gemacht: "Heute ist Sanjay nicht in der gleichen Position wie vor seiner Verhaftung. Aber es wird nicht lange dauern, bis er diese verlorene Position wiedererlangt hat. Es ist eine Aura um ihn, die niemandem entgehen kann." Seiner Ansicht nach haben Sanjays überemotionale Wesenszüge seiner Karriere geschadet: "Jackie und Sanjay sind zu emotional. Die meisten ihrer Filme haben sie für Freunde gemacht. Sie haben ihre Karrieren nie richtig geplant, und das hat ihnen geschadet."

Sanjay Gupta hat das Gefühl, dass es nur eine Sache der Zeit (und eines Hits) ist, bis Sanjay seinen verlorenen Thron zurückgewinnt. Auch Jyotin Goel meint, dass es nur eines Hits bedarf, und Sanjay ist wieder ganz oben. Tanuja, die einen älteren Mann für Dushman gebraucht hat, ist froh, dass sie Sanjay Dutt für den blinden Major im Ruhestand bekommen hat. "Ob in Saajan, Sadak oder Naam, das Publikum liebt Sanju, wenn er Figuren mit einer Behinderung oder in Gefahr spielt. Sanju sollte sich auf Rollen konzentrieren, in denen er seine Emotionen ausspielen kann.“

"Schmerz ist der Antrieb der Kreativität", hatte Pooja Bhatt einst gesagt. Und in Sanjays Leben gab es genug davon. Der Tod seiner Mutter, seine Drogenphase, seine Inhaftierung, seine Scheidung, Richas Tod und Trishalas Entfremdung, alles hat Sanjay durchgemacht. Doch wieviel von diesem Schmerz hat ihn verwandelt? Hat der Schmerz seine Darbietungen bereichert? "Hundertprozentig", stimmt Tanuja zu. "Heute ist eine furchtbare Trauer in Sanju. Aufgrund seiner Erlebnisse im Gefängnis reagiert er intensiver auf Situationen als vorher. Und er merkt das nicht einmal." Gupta meint: "Der Unterschied in Sanju ist bemerkenswert. Er spielt heute mit sehr viel Reife."

"Sanjus emotionale Narben haben sich in positive Eigenschaften verwandelt. Seine schauspielerischen Leistungen sind besser geworden", mutmaßt Goel. "Sanju war immer emotional. Heute ist er Menschen gegenüber skeptisch, er vertraut ihnen nicht mehr so leicht. Er will keine Risiken mehr eingehen, was Beziehungen betrifft." Nach Ansicht von Chel hat Sanjays Gefängniserfahrung ihn milde gemacht: "Heute ist mehr Tiefe in seinen Darbietungen. Und Sanjay ist sich dieser Veränderung in ihm nicht einmal bewusst. Er ist ein Analytiker. Hat eine philosophische Einstellung zum Leben."

"Ein Trauma, wie er es durchlitten hat, könnte jeden mit Leichtigkeit brechen", sagt Manjrekar. "Aber Sanjay ist als Sieger daraus hervorgegangen. Zu seiner täglichen Routine gehören der Aufenthalt bei Gericht und danach zwei Stunden Training, und anschließend dreht er bis drei oder fünf Uhr morgens."

Es ist interessant, dass Filmemacher heiß darauf sind, Sanjay unter Vertrag zu nehmen, obwohl er tagsüber nicht drehen kann (wegen seiner Anwesenheitspflicht beim Gericht). "Alles hängt von deinem Drehbuch ab", sagt Tanuja. "Wenn du ein klares Drehbuch hast, ist die halbe Schlacht schon gewonnen. Sanjay hat gut kooperiert, wir hatten keinerlei Probleme während der Dreharbeiten zu Dushman." Chel stimmt ihr zu: "Wenn du dir über dein Skript im Klaren bist, dann gibt es keine Probleme." Manjrekar fügt hinzu, dass Sanjay den Zeitverlust wettmacht, indem er an Sonn- und Feiertagen dreht. Laut Gupta hat die Justiz viel Verständnis für Sanjay: "Sie gestatten ihm Außendreharbeiten, und manchmal lassen sie ihn auch ein paar Stunden früher gehen." Goel macht sich da keine Gedanken mehr, Safari ist fertig: "Obwohl Sanju nur nachts drehen konnte, haben wir den Film ziemlich schnell fertiggestellt, dank seines Einsatzes und seiner Willenskraft. Wir haben nach seiner Freilassung in gleichmäßigem Tempo gedreht, die kleine Verzögerung entstand durch den unerwarteten Tod von Shafi Inamdar."

Das Rennen läuft, und sollte Sanjay von seiner Außenseiter-Position aus als Sieger durchs Ziel gehen, dann ist das auch der Geduld seiner Regisseure zuzuschreiben. Abgesehen von Jyotin Goel und Sanjay Gupta sind sie alle – Tanuja Chandra, Sanjay Chel und Mahesh Manjrekar – Regiedebütanten, die eine Menge Hoffnung auf ihren Helden setzen. Sie sind überzeugt davon, dass Sanjays Charisma intakt ist und dass mit seinem Namen dank seines Star-Status nach wie vor zu rechnen ist.

(Ryan Stephen; Deutsch von Diwali)

Dienstag, 4. Dezember 2007

Filmfare 3/2003: Sanjay Dutt: "Please, I'm no terrorist"

Filmfare, März 2003

Sanjay Dutt: „Please, I’m no terrorist“

Kaante läuft gut. Seine Position als Schauspieler ist vielleicht besser als je zuvor. Seine Ehe mit Rhea Pillai scheint wieder in Ordnung zu sein. Aber bei meiner Begegnung mit Sanjay Dutt an einem kühlen Januarabend kann er die Sorge in seiner Stimme kaum verbergen.

Die Anhörungen im Mumbai-Bomb-Blast-Prozess sind soeben zu Ende gegangen; demnächst werden die Urteile erwartet. „Ich habe schlaflose Nächte hinter mir, in denen ich nur an meinen Fall gedacht habe. Es ist beängstigend“ gesteht der umlagerte Star. „Ich wünschte, es wäre nie geschehen. Der Prozess war wahnsinnig anstrengend. Er hat mich total wachgerüttelt. Er hat mir klargemacht, dass ich mir der Gesetze meines Landes bewusst sein muss und dass ich meine Freiheit nicht als garantiert betrachten darf.“

Er verrät, dass er daran permanent erinnert wird. „Ich bin einmal beim Einreiseschalter in London festgehalten worden, und Scotland-Yard-Offiziere haben mich eine Stunde lang verhört. Auch bei der Einreise nach Australien wurde ich aufgehalten. Als die Terroranschläge vom 11. September stattfanden, war ich gerade in den USA bei Kaante-Dreharbeiten, und prompt tauchten zwei CIA-Agenten bei mir auf. Das ist alles sehr unangenehm, denn ich bin kein Terrorist. Ich bitte Sie, ich bin in keiner Weise verantwortlich für die Mumbaier Bombenanschläge. Man tötet keine unschuldigen Menschen. Ich kann es nicht glauben, dass ich eines derart abscheulichen Verbrechens angeklagt wurde.“

Er leugnet auch, das vielpublizierte aufgezeichnete Gespräch mit dem Unterwelt-Don Chhota Shakeel geführt zu haben: „Ein solches Gespräch habe ich nie geführt, mit niemandem. Ich weiß wirklich nicht, warum man mich da reinzieht. Selbst der Stimmenexperte sagte, dass die Stimme auf dem Band nicht die meine ist, aber das scheint niemanden wirklich zu kümmern. Offenbar gibt es 50 bis 70 Aufnahmen dieser Gespräche. Warum spielen sie nicht alle ab?“

Die Arbeit war ihm ein großer Trost, sagt er. In mehr als nur einer Hinsicht. Die Menge, die sich an der Mount Mary Church in Mumbai um ihn versammelt hat, feuert Sanjay lautstark an. Als er für eine Szene in Munnabhai MBBS die Kirchenstufen runterrennt, pfeifen und klatschen sie nach jedem einzelnen Dreh. Ein paar weibliche Teenager kreischen laut, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Sanjay schenkt ihnen ein Lächeln und löst dadurch nur noch mehr Hysterie aus.

Eine ähnliche Szene wiederholt sich einige Stunden später, als er beim Lilavati Hospital vorbeischaut, um seinen Freund und Kaante-Regisseur Sanjay Gupta zu besuchen, der sich von den Folgen eines Autounfalls erholt.

Zu Hause entspannt sich Sanjay bei einer Tasse Zitronentee und sagt: „Ich bin froh, dass Kaante so gut gelaufen ist. Weil wir unser Hauptziel erreicht haben: einen Film im Stil Hollywoods zu drehen.“

Er ist nicht enttäuscht darüber, dass dem Film die hundertprozentige Anerkennung verwehrt blieb. „Ehrlich gesagt sind es die Mitglieder der Filmgemeinde, die gegen Kaante sind, nicht die Massen. Obwohl die Einnahmen an den Kinokassen großartig sind, machen sie den Film immer noch nieder. Die Handelsexperten jammern ständig, dass Filme gut laufen müssen, aber wenn dann ein Film mal gut läuft, dann wollen sie es nicht akzeptieren. Voriges Jahr haben sie den Film als die große Hoffnung für die Industrie propagiert, und jetzt wollen sie ihn einfach nur noch niedermachen“, klagt er.

Da er sich nun schon mal aufregt, erklärt er verärgert: „Über Kaante wird man reden, solange es die Industrie gibt. Ich wusste, dass Sanjays Film ein Meilenstein werden würde. Technisch ist er brillant, da gibt es nichts zu deuteln. Der Rest der Industrie ist da zwar nicht mit mir einer Meinung, aber das ist mir egal. Sanjay und ich haben das Drehbuch immer und immer wieder überarbeitet. Ich wusste, dass wir Emotionen brauchten; das Publikum musste mit allen Figuren mitfühlen können. Und irgendwie haben wir es geschafft, die Menschen zu berühren.“

Ohne Frage hat Kaante ihm einen guten Einstieg als Produzent verschafft und auch seine Position als Schauspieler befestigt. „Ich bin meiner Arbeit stets mit Leidenschaft nachgegangen“, merkt er an. „Leider haben das nicht viele bemerkt. Vielleicht, weil ich am Set mehr der Spaßmacher bin. Man wird mich nie mit meinen Dialogbögen in einer Ecke beim Proben meiner Rolle antreffen. Aber es ist nicht so, dass ich mich nicht einsetzen würde. Man sieht es nur nicht.“

Mit über 40 scheint der Schauspieler seinen jüngeren Kollegen noch immer ein zäher Konkurrent zu sein. „Das liegt vor allem daran, dass ich im Herzen noch immer ein Kind bin“, lacht er. „Physische Fitness und Diät sind sehr wichtig, besonders in meinem Alter. Ich trainiere regelmäßig und befolge eine strenge Diät. Ich rutsche nicht ab, unter keinen Umständen.“

Er sinnt nach: „Heute sehe ich eine Menge Respekt in den Augen des Publikums. Ich glaube, das geht inzwischen weit über normale Liebe hinaus. Ich habe sehr hart gearbeitet, um diese Position zu erreichen. Mir ist nichts auf einem Silbertablett serviert worden. Ich habe viel durchgemacht, und der Kampf war schwer. Als Schauspieler wachse ich nach wie vor, da ich nie diese Ich-weiß-schon-alles-Einstellung hatte. Ich lerne immer noch.“

Er erzählt, dass er dieser Tage auch lernt, Nein zu sagen. Besonders nach Projekten wie Annarth und Hum Kisise Kum Nahin. Er erklärt: „Diese Filme habe ich für Freunde gemacht. Aber mir ist klar geworden, dass ich mit solchen Gefälligkeiten aufhören muss. Niemand hier weiß Freundlichkeit zu schätzen, und am Ende bin ich dann der Verlierer. Aber damit ist jetzt Schluss. Ich bin von mir selbst überrascht, aber ich habe tatsächlich gelernt, Nein zu sagen.“

Das gilt auch bei Gejammer und Geldbitten. „Ich bin sehr weichherzig. Immer wenn ich eine rührselige Geschichte höre, lasse ich mich von meinen Gefühlen übermannen. Aber ich habe meine Lektion gelernt, und zwar auf die harte Tour. Mein Kontostand ist nicht niedrig, er ist gleich Null. Von jetzt an helfe ich anderen nur noch, nachdem ich mich selber angesichert habe. Ich war lange genug ein emotionaler Trottel, es war höchste Zeit, dass ich damit aufhöre.“

Dennoch leistet Dutt jr. noch immer einiges an wohltätiger Arbeit. „Das mache ich für meine persönliche Zufriedenheit, nicht für die Öffentlichkeit“, sagt er. „Ich tue viel für AIDS-Patienten, spastisch gelähmte Kinder und Krebs-Organisationen. Ich habe ein Cricket-Match organisiert zu Gunsten der Hinterbliebenen der Techniker, die am Set von LOC Kargil ums Leben gekommen sind. Vielleicht sollte ich meine Wohltätigkeitsarbeit doch öffentlich machen. Damit die Menschen wissen, dass ich ein guter Kerl bin und nicht der Terrorist, als der ich immer hingestellt werde.“

Zum Glück für Sanjay steht sein Vater Sunil Dutt in jeder Situation felsenfest hinter ihm. „Er ist der beste Dad der Welt“, sagt Sanju in einer Gefühlsaufwallung. „Im Moment hat er eine Menge zu tun in der Politik und reist viel herum. Er hat eine Rückenfraktur, aber das hält ihn nicht auf. Ich wünschte nur, er würde sich etwas mehr Ruhe gönnen. Ich habe ihm -zigtausend Mal gesagt, er soll mal Urlaub machen und in den Schwarzwald oder sonst irgendwohin fahren, aber er hört nicht auf mich. Er ist einfach viel zu engagiert.“

Er sorgt sich um seine Tochter Trishala in Amerika. „Ich warte darauf, dass der Prozess zu Ende ist, damit ich sie besuchen kann, wann immer ich will“, sagt er. „Das Gericht da drüben hat mich angewiesen, sie nicht zu entwurzeln und nach Indien zu bringen, obwohl ich ihr biologischer Vater bin. Aber wenn ich mir das Szenario hier ansehe, dann ist es eh besser, dass sie drüben ist. Ich bin ständig in Kontakt mit ihr, per E-Mail oder Telefon.“

Zu den Gerüchten, dass in seiner zweiten Ehe mit Rhea Pillai nicht alles in Ordnung ist, meint Sanjay: „Wir sind noch immer zusammen. Jede Ehe hat ihre Probleme, und auch die unsere hatte ihre Kinderkrankheiten. Aber das war’s auch schon.“

Es gibt Gründe dafür, warum sie noch keine Familie gegründet haben, erklärt er: „Sie ist sehr beschäftigt mit ihren ‚Art of Living’-Kursen, und ich respektiere, was sie tut.“ In Erinnerung an seine kurzzeitige Beschäftigung mit der ‚Art of Living’ gluckst er vergnügt: „Ich bin zu ungeduldig, um diesen Kurs durchzustehen. Ich bin drei Tage lang hingegangen, und am Ende habe ich die Dame beraten, die uns unterrichtet hat.“

Jede Erwähnung seiner angeblichen Beziehung zu einer Frau namens Nadia weist er zurück... so wie andere auch. „Die Bezeichnung als Casanova sollte endlich jemand anderem verliehen werden. Es gibt so viele andere gutaussehende Schauspieler, die sie verdienen“, grinst er.

Auch mit dem Trinken ist Schluss, behauptet er. Er gibt zu, bei der Flasche Trost gefunden zu haben, als ihm während des Prozesses der Druck zu sehr zugesetzt hatte: „Ich habe zwischenzeitlich eine Menge getrunken. Aber seit dem 1. Januar 2003 habe ich komplett damit aufgehört.“

Derzeit freut er sich auf seine nächsten Filmprojekte. „Ich probiere in jedem meiner Filme einen anderen Look aus. Und ich arbeite an einem neuen Drehbuch mit Sanjay Gupta. Es wird ein noch dunklerer Film werden als Kaante. Er wird Zinda heißen“, verrät er. „Es gibt eine Menge, worauf ich mich freuen kann.“

(Nilufer Qureshi; Deutsch von Diwali)

Montag, 3. Dezember 2007

Movie 7/1997: Sanjay Dutt: Renaissance Man

Movie, Juli 1997

Sanjay Dutt: Renaissance Man

Sanjay Dutt ist heute der lebende Beweis für die Fähigkeit des Menschen zur Regeneration. Der Mann, der nach über einem Jahr Gefängnis aussah, als stünde er am Rande eines Abgrunds, hat sich allem Anschein nach aus dieser Lage befreit – er ist wieder ein gefragter Star... muskulös, marktfähig und einen Preis von über 1 crore wert.

Für mich war diese unglaubliche Wiedergeburt der interessanteste Aspekt an Sanjay Dutt. Als mir die Aufgabe zufällt, ihn in diesem Monat zu interviewen, bin ich nicht gerade hocherfreut darüber. Auf der Leinwand mag ich ihn ganz gern – er hat Talent, aber das beruht mehr auf seiner Persönlichkeit als auf seiner Fähigkeit, sich chamäleongleich in verschiedene Figuren zu verwandeln. Und jenseits der Leinwand ist Sanjay berühmt dafür, kaum jemals in ganzen Sätzen zu sprechen, geschweige denn in ganzen Abschnitten.

Aber dennoch genieße ich meine Begegnung mit dem Star. Ich treffe einen offenherzigen Mann, der nichts davon hält, auf ewig vergangenen Träumen nachzutrauern; einen Mann, der ein unglaubliches Trauma erlebt hat und dem es jedoch irgendwie gelungen ist, seine Erinnerungen und seine Schmerzen in einer unterirdischen Erdspalte zu versenken, suchtfrei zu bleiben und mit seiner Arbeit weiterzumachen.

Jedermann nennt ihn Baba – vom Spot Boy bis zu Juhis Friseuse Pramila. Ein ungezwungener Kameradschaftsgeist herrscht im Team von Jyotin Goels Safari, und auch Sanjay scheint darauf anzusprechen. Die alte Passivität ist einer selbstironischen Ehrlichkeit gewichen. Und doch macht mich die puppenhafte Effizienz, mit der er seine Scherze von sich gibt, irgendwie glauben, dass Sanjay Dutt trotz des Erfolgs, aller Tiefschläge und der Wiederauferstehung noch immer zu stark eingeschnürt ist.



Movie: Sie sind wieder zurück in Ihrem gewohnten Alltag – Filmverträge unterschreiben, Premieren besuchen (Mahaanta) und auf Partys gehen. Haben Sie das so erwartet, als Sie aus dem Gefängnis entlassen wurden?

Sanjay: Ich habe überhaupt nichts von niemandem erwartet. Ich habe einfach jeden einzelnen Tag bewusst gelebt.

Movie: Im Moment spricht alles von Ihrem nächsten Film Daud. Betrachten Sie ihn als Ihren Comeback-Film?

Sanjay: Wir werden sehen. Ich weiß nicht, wie er laufen wird – man kann überhaupt nichts voraussagen.

Movie: Es heißt, es gäbe in Daud eine richtig erotische Nummer mit Urmila und Ihnen; alle reden darüber.

Sanjay: Ich finde sie eher animalisch als sexy. Die Bewegungen, die Blicke, das ist alles animalisch. Aber letztlich weiß ich es nicht. Es kommt darauf an, wie die Leute es aufnehmen.

Movie: Wie haben Sie sich während der Dreharbeiten zu dem Song gefühlt?

Sanjay: Nicht gut. Eher seltsam. Ich bin bei so was immer befangen. Auch bei all den Songs im Regen, die wir früher immer gedreht haben, habe ich mich nie wohlgefühlt, sondern immer nur gedacht: „Warum zum Teufel tanze ich hier im Regen rum?“ Gott sei Dank ist diese Regentanzphase vorbei, und die Produzenten haben sich auf andere Gleise begeben.

Movie: Ram Gopal Varma hat nicht nur Urmila „entblättert“, auch Jackie war in Rangeela mit Badehose zu sehen. Haben Sie etwas Ähnliches gemacht?

Sanjay (lächelt): Ich habe keine Badehose getragen. Selbst wenn man mich darum bitten würde, täte ich es nicht.

Movie: Ich habe unlängst Urmila getroffen und habe die Fotos gesehen, die Sie während der Daud-Dreharbeiten auf Neuseeland von ihr gemacht haben. Die Ausdrucksvielfalt war interessant.

Sanjay: Ich habe keine Bilder in dem Sinne gemacht... ich habe einfach nur einen Film verknipst.

Movie: Okay. Aber befassen Sie sich mit Fotografie?

Sanjay: Nein. Nicht wirklich. Ich konzentriere mich mehr auf Naturaufnahmen, Natur in ihrem unberührten Zustand. Ich habe mir eine Kamera gekauft, so dass ich, wenn ich in einem Wald unterwegs bin, jederzeit gute Aufnahmen von einem Tiger oder einem anderen wilden Tier machen kann.

Movie: Die meisten Menschen würden sich als ihre erste Filmpremiere nach einer Karriereunterbrechung einen Film wie Daud mit einem brandaktuellen Regisseur wie Ram Gopal Varma geradezu herbeiwünschen und ein Mahaanta eher stillschweigend kommen und vorübergehen lassen. Sie dagegen haben richtig Werbung für Mahaanta gemacht, Interviews auf Star Plus gegeben und die Premiere besucht. Offenbar haben Sie Ihr Herz über Ihren Verstand entscheiden lassen.

Sanjay: Nein, so ist das nicht. Schließlich ist der Regisseur Afzal Khan ein sehr guter Freund von mir. Er hat Dinge für mich getan, die sonst niemand gemacht hätte. Wie viel Geld hat er ausgegeben, wie oft und wie lange hat er auf mich gewartet! Im Laufe von acht Jahren hätte jeder andere diesen Film längst zu den Akten gelegt und vergessen, aber er hat darauf bestanden, dass er am Ende herauskam. Das ist kein Witz.

Movie: Was ging Ihrer Meinung nach schief bei Mahaanta?

Sanjay: Erstens war es ein veralteter Stoff. Vor acht Jahren, als die Dreharbeiten begannen, war er okay – Rache, Bruder, Schwägerin, Vergewaltigung. Außerdem ist er ziemlich lang geworden. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich jeder Regisseur bei seinem ersten Film in jede Szene verliebt, die er gedreht hat. Ich mache ihm keinen Vorwurf. Nur seinem Glück.

Movie: Finden Sie nicht, dass es für alle Beteiligten besser gewesen wäre, Daud als Ihren Comeback-Film einzuplanen?

Sanjay: Das ist mir gleich, yaar. Ich plane überhaupt nichts. Was bringt einem das Planen? Ich meine, ich habe so viele Menschen gesehen, die jedes Detail genau geplant haben und denen selbst dann nichts gelungen ist.

Movie: Aber andere Filmhelden planen durchaus. Im Gegensatz zu Ihnen hält es ein Aamir offenbar nicht für karriereförderlich, in einem Dushman mitzuspielen, wo die Heldin (Kajol) eine Doppelrolle hat.

Sanjay: Jeder ist anders. Aamir ist anders. Ich bin anders. Und ich sage Ihnen eines: Wäre das in Dushman nur eine sinnlose Rolle gewesen, dann hätte ich sie nicht angenommen. Ja, ich bin sehr eng verbunden mit der Bhatt-Familie, aber wenn ich in der Rolle nicht mehr zu tun gehabt hätte als gerade mal einen Song zu singen, dann hätte ich sie abgelehnt.

Movie: Soviel ich weiß, spielen Sie einen Blinden, der einen Racheplan schmiedet.

Sanjay: Ja, die Rolle hat Substanz, und deshalb habe ich sie angenommen.

Movie: Für jemanden, der als das Höchste der Machismo-Gefühle gilt...

Sanjay: Nicht mehr. Dieses Stadium habe ich hinter mir gelassen. Es gibt jetzt andere Macho-Helden. Da draußen sind eine Menge anderer junger Typen unterwegs.

Movie: Aber Sie kümmern sich offensichtlich sehr gut um Ihre Physis.

Sanjay: Das muss ich, yaar. Das ist eine zu persönliche Sache für mich. Ich muss in guter Form bleiben. Ich liebe es, einen guten Body zu haben, denn dann fühle ich mich selber einfach besser.

Movie: Erliegen Sie auch mal der Versuchung, die Zügel schleifen zu lassen?

Sanjay: Nein, niemals. Ich kann dieser Versuchung nicht nachgeben. Ich trainiere jeden Abend zweieinhalb bis drei Stunden. Ich habe einen persönlichen Trainer, Carlos aus Kalifornien. Er hat einen stupenden Body und weiß viel über physische Fitness und Ernährung. Was man isst und wie man isst, ist gleichermaßen wichtig, und ich befolge alle seine Anweisungen.

Movie: Was fasziniert Sie so am Bodybuilding?

Sanjay: Es ist letztlich ein Rausch. Wenn du einen Cut (Muskelbezeichnung) entdeckst, den du vorher noch nicht gesehen hattest, dann denkst du nur noch: „Mannometer, woher habe ich den jetzt wieder?“ Physische Fitness ist mein Ziel. Und dieses verdammte Ziel hängt sich immer höher und höher auf – das ist das Problem. Zuerst hast du gar keine Physis, dann sagst du, ja, jetzt habe ich eine gute Physis, die will ich behalten, aber am Ende willst du einfach nur weiterhin immer größer und größer werden, immer fitter und immer muskulöser. Ist schon seltsam.

Movie: Eigentlich habe ich Ihren Machismo ja deshalb angesprochen, weil Sie in Dushman zum ersten Mal mit einem weiblichen Produzenten (Pooja Bhatt) und einem weiblichen Regisseur (Tanuja Chandra) zusammenarbeiten werden. Wird es Ihnen leichtfallen, Anordnungen von zwei Frauen entgegenzunehmen?

Sanjay: Damit habe ich absolut keine Probleme. Wenn sie Regie führt, mische ich mich nicht in ihre Arbeit ein. Ich mache vielleicht ein paar Vorschläge, aber am Ende ist es ihr Baby und ihre Vision.

Movie: Unterteilen Sie Männer und Frauen in Bezug auf die Arbeit, die sie machen sollten?

Sanjay: Wollen Sie mich damit fragen, ob ich ein Chauvi bin?

Movie: Nun... ja.

Sanjay: Yeah, yeah. Jeder Kerl ist einer, jeder. Frauen mögen es, beschützt zu werden, aber sie tun gerne so, als wäre es anders und sie seien befreit.

Movie: Von allen Ihren Beziehungen haben Sie die mit Rhea mit der größten Reife behandelt. Glauben Sie noch immer an das „auf ewig“ in Ihrer Beziehung.

Sanjay: Ja.

Movie: Steht eine Hochzeit auf dem Programm?

Sanjay: Später. Abgeschworen habe ich ihr nicht.

Movie: Welche Pläne haben Sie für Ihre Tochter?

Sanjay: Ich hoffe, eines Tages mit ihr zusammenleben zu können.

Movie: Wie sehen Sie die Zukunft?

Sanjay: Wenn das Morgen kommt, werde ich sehen, wie es läuft.

Movie: So eine Philosophie würde jeder gerne befolgen, aber kann man so leben?

Sanjay: Manchmal denke ich an die Zukunft, aber das Leben ist so... ich meine, man kann das Leben nicht als selbstverständlich erachten. Irgendwas passiert, und mit einem Fingerschnippen ändert sich alles. Sobald du das Leben als selbstverständlich betrachtest, lehrt es dich, dass du das besser nicht hättest machen sollen. Deshalb ist es besser, immer nur von einem Tag auf den anderen zu leben – à la: Heute bin ich hier, ich arbeite, ich bin glücklich. Was morgen passiert, sehen wir dann schon.

Movie: Was das Heute betrifft, so hat die Industrie Sie voll vereinnahmt. Waren Sie überrascht, als Sie wieder Filmangebote bekamen – und über die Gagen?

Sanjay: Ich war nicht überrascht. Ich war glücklich. Ich meine, ich liebe die Industrie und die Menschen darin.

Movie: Hat Ihnen die Tatsache, dass Sie so etwas in der Zeit vor Naam schon einmal durchgezogen haben (fortgehen und zurückkehren), diesmal geholfen?

Sanjay: Die Zeit vor Naam war eine komplett andere Erfahrung. Damals ging es um Drogen und solches Zeug. Diesmal ist es etwas absolut anderes. Ich kann die Zeiten und die Leute nicht vergleichen. In den Tagen vor Naam musste ich hart kämpfen. Da gab’s keinen neuen Rocky, um mich zu lancieren; ein Produzent bot mir sogar eine Bruderrolle an. Mein Dad sagte: „Mach dein eigenes Zeug“, und dafür respektiere ich ihn heute wirklich. Er war nicht bereit, für mich noch einmal einen Debütfilm zu produzieren; er sagte: „Geh raus in diesen Dschungel und finde deinen Weg.“ Später, als ich dann Erfolg hatte, konnte ich mich dann selber gut fühlen, und ich war stolz auf ihn. Wenn du kämpfst, dann schaffst du deinen Aufstieg von einer ganz anderen Plattform aus. Es ist sehr wichtig, das mal durchzumachen. Denn solchen wie ich, die von ihren Vätern lanciert wurden, entgeht das, und wenn man dann abstürzt, hat man das Gefühl der totalen Katastrophe. Wenn man so sehr hochgejubelt wird und plötzlich geht’s abwärts – dann bist du erledigt. Jaan Ki Baazi war nichts Besonderes, ein B-Film, den so viele Hauptdarsteller abgelehnt hatten, aber ich machte ihn, und er lief. Ich musste Stück für Stück nach oben klettern, und ich bin sehr glücklich, dass ich es getan habe, denn jetzt kann keiner mehr sagen: „Der musste sich nicht anstrengen, er ist ja der Sohn eines Schauspielers.“

Movie: Und dieses Mal, nach Ihrer Entlassung aus dem Gefängnis, wie haben Sie sich da motiviert?

Sanjay: Ich musste allen etwas beweisen. Jeder, der durch eine Talsohle schreitet, möchte beweisen, dass er „noch immer da ist“. Und anders als in der Zeit vor Naam hatte ich jetzt Filme wie Mahaanta zu vollenden. Du wirst da draußen genau beobachtet. Das ist wichtig. Und schließlich heißt es dann: „Ja, er arbeitet.“

Movie: Die Fähigkeit, aus einer Krise herauszukommen und nicht aufzugeben oder dem Alkohol, Drogen oder Ausschweifungen zu verfallen, sondern stattdessen produktiv arbeiten zu können, ist in meinen Augen anerkennenswert.

Sanjay: Entweder du betrachtest eine Krise als eine Erfahrung, aus der du etwas lernst, oder du lässt dich von ihr brechen. Ich war immer ein positiver Denker. Ich versuche immer alles in einem positiven Licht zu sehen.

Movie: Ist sicher nicht leicht.

Sanjay: Es ist schwierig, ja, aber ich kann ja nicht ewig nachgrübeln, heulen und mich selbst bemitleiden. Wie lange würde ich das durchhalten? Sehen Sie, ich bin ein Mensch. Natürlich habe ich mich im Gefängnis eine Weile selbst bemitleidet, aber eben nur vorübergehend. Anfangs dachte ich ständig nur: „Warum ich? Was habe ich getan?“ Aber so verhalten sich nur Verlierer. In dem Moment, in dem man die Realität akzeptiert und sich sagt, „okay, ich bin jetzt eingesperrt, daran ist nichts zu ändern, also, wie gehe ich jetzt damit um?'“ – in dem Moment verschwindet das Selbstmitleid. Ich habe eine positive Einstellung, die eines Gewinners.

Movie: Jeder braucht etwas, woran er sich klammern kann. Was war das bei Ihnen?

Sanjay: Der Fitnessraum. Mein Zorn, alles, überträgt sich auf diese Gewichte. Es hat eine Weile gedauert, bis ich wieder in ein normales Leben zurückgefunden hatte – wieder von einem richtigen Teller zu essen, so viele Menschen um mich zu haben – es dauert eben, bis man wieder sozusagen in die Gänge kommt.

Movie: Gehören Sie zu den Menschen, die viel nachdenken?

Sanjay: Nein, yaar. Das hasse ich. Ich hasse Menschen, die nachgrübeln.

Movie: Muss hilfreich gewesen sein, jemand zu sein, der nicht zu sehr nachdenkt.

Sanjay: Ja, ich denke schon.

Movie: Sind Sie imstande, diese Krise zu vergessen?

Sanjay: Wunden verheilen, aber die Narben bleiben sichtbar. Ich gehöre nicht zu denen, die eine Wunde, wenn sie zu heilen beginnt, bewusst kratzen und wieder zum Bluten bringen. Meine Wunden mögen verheilt sein, aber sie bleiben als ein Teil meiner Psyche bestehen.

Movie: Was denken Sie als erstes, wenn Sie morgens aufstehen?

Sanjay: Gott gebe mir die Stärke, durch diesen Tag zu gehen.

Movie: Und als letztes?

Sanjay: Danke, Gott, dass ich frei bin.

Movie: Ihre Karriere war in der Zeit um 1991 bis 1993 auf dem Gipfelpunkt mit Saajan, Sadak und Khalnayak. Bedauern Sie den Verlust dieses Aufschwungs?

Sanjay: Das habe ich mal. Aber jetzt nicht mehr. Vielleicht ist es eine Herausforderung, der ich mich stellen muss. Vielleicht gibt es einen guten Grund für das alles. Höhen und Tiefen sind gut für den Charakter eines Menschen. So denke ich jedenfalls. Ich bin nüchtern und realistisch geworden.

Movie: Sind Sie ehrgeizig?

Sanjay: Jeder ist ehrgeizig, aber ich hab’s nicht so mit dem Hochfliegen à la „ich bin der und der und mir kann nichts passieren“. Ich bin mir der Tatsache, nicht das A und O zu sein, jederzeit bewusst. Ich bin nicht „der Eine“.

Movie: Tut es weh, all diese Hauptdarsteller zu sehen, die während Ihres Zwangsexils ans Licht gekommen sind?

Sanjay: Über wen reden Sie jetzt? Akshay und so weiter?

Movie: Ja – Akshay, Shahrukh und all die anderen.

Sanjay: Wären Akshay oder Shahrukh beschissene Schauspieler, dann hätten sie es nicht geschafft, egal ob ich dagewesen wäre oder nicht. Man braucht ein gewisses Maß an Qualität, ein Charisma – irgendetwas. Ich kann nicht verstehen, warum die Leute nicht begreifen, dass sie einfach hart dafür gearbeitet haben. Wir sind eine Familie, yaar. Je mehr wir sind, desto besser ist es für die Industrie. Warum sollte ich eifersüchtig sein?

Movie: Sie reden mit einer gewissen Nachsicht über die Neuen.

Sanjay: Nun ja, ich meine, ich arbeite schließlich bereits seit achtzehn Jahren. Ich empfinde überhaupt keinen Konkurrenz- oder Wettbewerbszwang. Ich denke, es ist Platz für jeden. Ich halte mich aus dem Ranglistenspiel ganz klar raus. Das habe ich schon immer getan. Ich bin ein Individuum und keine Nummer. Ich habe meine treuen Fans, die meine Filme sehen wollen. In dem Ranglistenspiel konzentrieren sich die Leute mehr auf Nummern als auf ihre Arbeit, yaar.

Movie: Sie haben vor kurzem für Mahaanta einen Song mit Madhuri gedreht – wie kamen Sie miteinander klar?

Sanjay: Oh, damals war ich gerade erst aus dem Gefängnis rausgekommen.

Movie: Hegen Sie einen Groll gegen sie, weil sie Sie während Ihrer Krise weder lautstark unterstützt noch an einer jener morchas teilgenommen hat?

Sanjay: Ich hege gegen niemanden einen Groll.

Movie: Wissen Sie noch, wer bei der morcha dabei war und wer nicht?

Sanjay: Viele waren dabei. Aber mit Ausnahme von einigen wenigen waren sie nur dabei, weil sie dabei sein mussten. Nicht aus Herzensgüte.

Movie: Würden Sie heute wieder einen Film mit Madhuri machen?

Sanjay: Nein.

Movie: Warum nicht?

Sanjay: Ich weiß nicht.

Movie: Sie machen eine ganze Menge Filme mit Menschen, die Sie persönlich mögen, so wie Salman, mit dem Sie jetzt gleich drei Filme machen: Dus, Kainaat und den für David Dhawan.

Sanjay: Ja, ich mag unkomplizierte, lockere Menschen. Und es ist mir viel lieber, ich fühle mich wohl am Set, als dass ich ständig an der Grenze stehe. Ich hasse es, unter Strom zu stehen. Ich entspanne mich lieber.

Movie: Worüber reden Sie und Salman, wenn Sie sich treffen?

Sanjay: Unsere gemeinsamen Interessen sind Bodybuilding, Nahrungszusätze und Ernährung. Er kommt oft in mein Fitnessstudio.

Movie: Wer hat Ihrer Ansicht nach die beste Physis in der Industrie?

Sanjay: Salman.

Movie: Und wo stehen Sie?

Sanjay: Ich bin gut, yaar. Ich arbeite dran.

Movie: Zum Abschluss: Was macht Sie heute glücklich?

Sanjay: Ich möchte frei sein. Wenn ich einmal frei sein werde, dann wird das mein höchstes Glück sein.

(Jitendra Kothari; Deutsch von Diwali)