Mittwoch, 26. Dezember 2007

Devil's Advocate Interview 12/2007

Sanjay Dutt: Das Gefängnis war eine traurige, aber nützliche Erfahrung
Karan Thapar / CNN-IBN, veröffentlicht am 23. Dezember 2007


Nun, da er auf Kaution frei ist – wie blickt Sanjay Dutt auf die Zeit zurück, die er im Gefängnis verbracht hat, und welchen Effekt hatten die vergangenen sechs Monate auf sein Leben, seine Anschauungen und seine Zukunftsperspektiven? Das sind die Themen, über die Karan Thapar mit dem Schauspieler bei Devil’s Advocate spricht.



Karan: Sanjay, Sie sind gerade nach einem Monat im Gefängnis auf Kaution freigelassen worden. Was ist das für ein Gefühl, frei zu sein?

Sanjay: Freiheit ist etwas, das jeder als selbstverständlich ansieht; es ist traurig, aber es liegt in der menschlichen Natur, Freiheit als selbstverständlich zu erachten. Aber ich denke, Freiheit ist etwas, das man nicht kaufen kann, egal wieviel Geld man hat. Aber es ist großartig, frei zu sein.

Karan: Und wenn man sie verliert, dann schätzt man sie umso höher ein.

Sanjay: Dann schätzt man sie umso mehr, absolut.

Karan: Sie müssen sich oft den Moment vorgestellt haben, an dem Sie das Gefängnis verlassen würden. Was war das erste, das Sie gemacht haben?

Sanjay: Das erste, was ich machte, als ich das Gefängnis verließ, war, Gott zu danken. Ich sah mich um, und genau das ist Freiheit im Grunde. Es war großartig.

Karan: Sogar kleine Dinge wie Bäume und Vögel, die darin zwitscherten, standen für Freiheit und das Freisein.

Sanjay: Absolut, ja.

Karan: Wie leicht ist es nach einem Monat im Gefängnis, sich wieder an ein normales Leben zu gewöhnen?

Sanjay: Das kommt auf den Betroffenen an. Ich finde, man sollte die Vergangenheit hinter sich lassen, nach vorne blicken und mit seinen täglichen Aktivitäten und seiner Arbeit fortfahren. Ich denke, jeder sollte die Vergangenheit hinter sich lassen und weitermachen.

Karan: In gewissem Sinne sagten Sie also zu sich selbst, als Sie das Gefängnis verließen: „Ich werde vergessen, was geschehen ist, ich werde es ganz bewusst hinter mir lassen und nach vorne schauen.“

Sanjay: Absolut, genau das musste ich tun: Ich musste es einfach hinter mir lassen und wieder zu meiner Arbeit zurückkehren, zu meiner Sozialarbeit und allem, was ich so mache. Ich musste all das einfach nur wieder aufnehmen.

Karan: Für Ihre Millionen von Fans möchte ich Sie heute dennoch bitten, noch einmal wenigstens ein bisschen zurückzukehren und uns zu erzählen, wie es war im Gefängnis.

Sanjay: Ein Gefängnis ist im Grunde eine Besserungsanstalt. Die Kriminellen, die ins Gefängnis gehen, kommen reformiert wieder heraus, und es ist kein guter Ort, um dort zu leben. Aber wenn man es von der positiven Seite betrachtet, dann ist er die einzige wirklich direkte Verbindung zu Gott. Du wirst nicht vom Lärm und der Routine des Alltags abgelenkt, du kannst dich ganz und gar konzentrieren, und es ist eine absolut großartige Verbindung zu Gott.

Karan: Sie haben also viel Zeit im Gefängnis damit verbracht, über Gott nachzudenken.

Sanjay: Absolut; ich bete jeden Tag, aber die Stunden, die ich betend vor meinem Mandir saß, waren etwas Erstaunliches.

Karan: Sie meinen den Mandir im Gefängnis?

Sanjay: Nein, den in meinem Raum, den ich selbst gemacht habe.

Karan: Erzählen Sie uns von Ihrem Gefängnisalltag. Um wieviel Uhr begann dort der Tag?

Sanjay: Der Tag beginnt gegen 5 oder 5.30 Uhr, es gibt Frühstück und Tee, und danach habe ich Stühle gefertigt. Ich habe damit um 9 Uhr angefangen, wir hatten eine Pause am Nachmittag, und danach am Abend haben wir weitergemacht.

Karan: Wenn Sie sagen, Sie haben Stühle gefertigt, heißt das, Sie haben die Holzarbeit gemacht?

Sanjay: Nein, ich habe nicht die Holzarbeit gemacht, sondern das kandi, die Flechtarbeit.

Karan: Hatten Sie das vorher schon einmal gemacht?

Sanjay: Nein, nie. Ich habe es von einem der Häftlinge gelernt. Es war sehr interessant.

Karan: War es schwierig zu lernen?

Sanjay: Ein bisschen schon, und es ist eigentlich sogar eine große Kunst.

Karan: Und jetzt können Sie es perfekt?

Sanjay: Ja, kann ich.

Karan: Sogar beinahe mit geschlossenen Augen?

Sanjay: Absolut.

Karan: Ist es hilfreich, wenn man im Gefängnis ist, eine Arbeit zu haben, die einen ablenkt und vom Nachdenken abhält?

Sanjay: Nun, das ist sehr notwendig, und genau das machen sie auch meistens im Gefängnis. Sie weisen den Gefangenen Arbeiten zu. Die einen arbeiten in der Küche, die anderen in der Schreinerei und wieder andere in der Kleiderabteilung. Ja, es lenkt einen vom Nachdenken ab.

Karan: Der Sanjay, der hier vor mir sitzt, hat sichtlich eine Menge Gewicht verloren. Kommt das vom Gefängnisessen?

Sanjay: Eigentlich mehr von dem ganzen Stress.

Karan: Man verliert also automatisch an Gewicht.

Sanjay: Man verliert an Gewicht, weil einem so viele Gedanken durch den Kopf gehen, wenn man hinter Gittern ist.

Karan: Wie war denn das Gefängnisessen?

Sanjay: Es war nicht das beste, aber es war genießbar. Es ist nicht schlecht, es ist ganz okay.

Karan: Und komplett vegetarisch?

Sanjay: Ja, vegetarisch.

Karan: Was war die Hauptmahlzeit, das Mittag- oder das Abendessen?

Sanjay: Beides, das Mittag- und das Abendessen.

Karan: Und um welche Zeit endet dann der Tag?

Sanjay: Der Tag endet gegen 18 Uhr, wenn man in seiner Zelle eingeschlossen wird.

Karan: Und gibt es einen Zeitpunkt, an dem von einem erwartet wird, dass man schläft, oder kann man solange aufbleiben, wie man will?

Sanjay: Nein, man kann aufbleiben. Man kann sein Buch lesen.

Karan: Hatten Sie eine eigene Zelle, oder waren Sie mit anderen zusammen?

Sanjay: Nein, ich war allein in einer Zelle.

Karan: Ist es schwierig, allein zu sein?

Sanjay: Nein, das ist wie im Internat und so. Es ist nicht leicht, im Gefängnis zu sein, aber dank dieser Erfahrungen bin ich damit klargekommen.

Karan: Wie groß war der Raum?

Sanjay: Es ist ein kleiner Raum. Etwa 2,50 mal 3 Meter.

Karan: Und nur auf das Nötigste beschränkt, ohne größere Ausstattung.

Sanjay: Nein, nichts, er ist absolut leer. Lediglich die Grundausstattung, also das Schlaflager und so.

Karan: Gibt es ein Bett, oder schläft man auf dem Boden?

Sanjay: Man schläft auf dem Boden.

Karan: Und stimmt es tatsächlich, was man so hört: dass auch eine Toilette in dem Raum ist?

Sanjay: Ja, die benutzt man, solange man eingesperrt ist; ansonsten, wenn man draußen ist, gibt es dort auch Toiletten.

Karan: Und gibt es Wachen, die einen ständig im Auge behalten?

Sanjay: Ja, das müssen sie.

Karan: Wie leicht gewöhnt man sich daran, ständig bewacht und beobachtet zu werden?

Sanjay: Diese Wachen machen eine erstaunliche Art von Job. Und wenn man soviel Zeit mit ihnen verbringt, dann passiert es, dass du anfängst, Kontakte zu ihnen zu knüpfen, und sie fangen an, Kontakte mit dir zu knüpfen. Das war nicht, weil ich ein Schauspieler bin, das machen sie bei jedem normalen Gefangenen. Da kommt die menschliche Seite zum Tragen.

Karan: Das ist unter diesen Umständen also ganz natürlich, dass sich solche Beziehungen aufbauen.

Sanjay: Ja, sie bauen sich auf.

Karan: Sie haben also ein paar schöne Freundschaften mit den Menschen dort geschlossen?

Sanjay: Sie waren wirklich gute Menschen, sehr verständnisvoll und hilfreich. Als ich das erste Mal dorthin kam, hatte ich überhaupt keinen Hunger, und da saßen sie und sagten: „Nein, du wirst etwas essen.“ Ich sagte, macht ihr das jetzt, weil ich ein Schauspieler bin, und sie sagten, nein, das machen wir mit allen Gefangenen. Alle sind hier gleich. Und da habe ich mich wirklich gut gefühlt.

Karan: Sie waren nicht eingeschüchtert durch die Tatsache, dass es sich hier um den großen Schauspieler Sanjay Dutt handelte.

Sanjay: Nein, das haben sie nach ein paar Tagen abgelegt.

Karan: Und waren Sie sich der Tatsache bewusst, dass Sie ein Schauspieler sind, oder haben Sie das ganz schnell vergessen?

Sanjay: Das muss man vergessen, und man muss sich dem stellen.

Karan: Wenn Menschen ins Gefängnis gehen, hoffen sie üblicherweise, anonym bleiben zu können. Sie hoffen, dass sich niemand daran erinnert, warum sie dort waren. In Ihrem Fall ist es nicht nur so, dass alle Welt sich daran erinnert, es wird auch permanent darüber geredet. Ist die Tatsache, dass sich soviel Aufmerksamkeit auf Sie konzentriert, hilfreich oder störend?

Sanjay: Beides. Es hilft und es stört; aber ich schaue auf das Leben, und es war Schicksal, und das muss man ertragen und sich ihm stellen wie ein Mann.

Karan: Sie müssen also in sich selbst die Kraft finden, die Wahrheit zu akzeptieren und sich ihr zu stellen.

Sanjay: Ja, absolut. Ich muss es.

Karan: Und an dieser Stelle kam Gott ins Spiel?

Sanjay: Ja. Ich denke, Gott ist ein sehr wichtiger Faktor im Leben jedes Menschen. Aber wie ich schon sagte, ich hatte ja auch viel Zeit, um mit ihm in Verbindung zu treten.

Karan: Sie hatten viele Besucher, die gekommen waren, um Sie zu sehen, Ihre Familie und Ihre Freunde. Wenn man im Gefängnis ist, wie leicht fällt es einem da, Menschen von draußen zu treffen? Man weiß, dass sie am Abend nach Hause zurückkehren werden und dort tun können, was sie wollen, und man weiß auch, dass sich um einen selbst herum die Türen wieder schließen werden. Fallen einem da solche Besuche leicht?

Sanjay: Es ist sehr notwendig, dass man sie trifft und mit ihnen in Verbindung bleibt, aber es ist nicht leicht, wenn sie wieder gehen. Man kann sie ja nicht jeden Tag treffen. Man kann seine Familie nur einmal im Monat sehen.

Karan: Aber der Schmerz kommt, wenn sie gehen.

Sanjay: Ja, das tut er. Das tut er wirklich.

Karan: Wie wichtig ist es, seine Emotionen und Gedanken im Gefängnis unter Kontrolle zu haben?

Sanjay: Es ist sehr wichtig, die negativen Gefühle auszuschalten. Einfach der täglichen Arbeit nachgehen, positiv bleiben, beten und die Hoffnung bewahren. Man muss volles Vertrauen in die Justiz haben. Diese Faktoren sind notwendig, und das Entscheidende ist, dass man seinen Glauben und sein Vertrauen bewahrt.

Karan: Haben Sie im Gefängnis auch geweint?

Sanjay: Ich habe nie geweint in dem Sinne, aber es gab Zeiten, in denen ich viel an Dad und Mom gedacht habe. Und ich wusste, dass sie stolz auf mich sein würden.

Karan: Sie haben Diwali im Gefängnis verbracht, wie war das?

Sanjay: Ja, das war ein wirklich trauriger Moment meines Lebens. Ich konnte nicht mit meiner Familie zusammensein, ich war eingesperrt und konnte in der Ferne die Feuerwerkskörper explodieren sehen. Ich hatte einfach nur den Wunsch, ich könnte mit meiner Familie zusammensein. Ich betete, meditierte und dachte an Dad und Mom.

Karan: Ist Diwali im Gefängnis ein fröhliches Ereignis, oder wird es durch die Gefangenschaft nur umso schmerzvoller?

Sanjay: Es ist kein fröhliches Ereignis. Man versucht, in glückliche Stimmung zu kommen, aber von glücklich kann keine Rede sein. Es gibt immer eine gute und eine schlechte Seite. Die schlechte ist, dass du zu einem bestimmten Zeitpunkt wie 6 Uhr abends eingesperrt sein musst, selbst an Diwali oder am Unabhängigkeitstag. Da fragt man sich dann schon, warum man am Unabhängigkeitstag eingesperrt ist.

Karan: Sie haben ja 1994 schon einmal Diwali im Gefängnis verbracht, und Ihr Vater hat mir erzählt, Sie hätten damals zu ihm gesagt: „Zünde zu Hause eine diya an, und ich werde eine im Gefängnis anzünden, und die beiden diyas werden uns miteinander verbinden.“

Sanjay: Ja, und das habe ich auch in diesem Jahr wieder gemacht. Ich habe es zwar diesmal nicht meiner Familie erzählt, aber ich habe es meinem Vater im Gedanken mitgeteilt. Ich habe es für ihn getan, und ich wette, er hat da droben dasselbe gemacht.

Karan: Leider, Sanjay, sind Sie derzeit nur auf Kaution in Freiheit. Wie werden Sie mit der Tatsache fertig, dass in gewissem Sinne immer noch das Damoklesschwert über Ihnen hängt?

Sanjay: Sehen Sie, daran denke ich nicht. Ich bin vielleicht nur auf Kaution in Freiheit, aber ich habe eine Menge guter Werke zu tun in der Zeit, die mir bleibt. Ich muss das Vermächtnis weiterführen, das meine Eltern auf den Gebieten der Sozialarbeit und der Filme hinterlassen haben. Ich werde einfach sein, was ich bin.

Karan: Woran denken Sie, wenn Sie von Sozialarbeit sprechen?

Sanjay: Ich bin bereits aktiv in der Krebsgesellschaft tätig, die mein Vater vor vielen Jahren nach dem Tod meiner Mutter ins Leben gerufen hat. Wir sammeln eine Menge Spenden, besorgen Geräte und Apparaturen und tun viel für Krebspatienten. Eine weitere Gruppe, für die ich mich gerne engagiere, ist Support. Manchmal bin ich einfach nur dort und mache die Menschen auf die Straßenkinder aufmerksam, die Drogen nehmen. Die Organisation Support sammelt diese Kinder auf, es ist eine Art Reha-Zentrum. Die Kinder werden entgiftet, und dann versucht Support, die Kinder in die normale Welt zurückzuführen. Sie bekommen auch eine Ausbildung. Es ist eine erstaunliche Initiative, und ich hoffe nur, die Regierung misst solchen Themen künftig noch mehr Bedeutung bei.

Karan: Ich bekomme das Gefühl, dass Sie während Ihrer Zeit im Gefängnis Motivation und Entschlossenheit getankt haben, nach Ihrer Freilassung Ihre Zeit für gute Werke zu verwenden.

Sanjay: Ja, das heißt, ich habe schon immer gute Werke getan. Meine Eltern haben mich das stets gelehrt.

Karan: Und jetzt sind Sie entschlossen, noch mehr zu tun.

Sanjay: Ja, natürlich.

Karan: Eine der Begleiterscheinungen eines Gefängnisaufenthalts ist, dass man eine Menge Zeit zum Nachdenken hat. Ich habe das Gefühl, dass der Sanjay, der heute vor mir sitzt, ein ganz anderer ist als der Mann, den ich vor einem Jahr interviewt habe. Habe ich Recht?

Sanjay: Ja, Karan, das stimmt. Damals war ich ziemlich am Boden zerstört und wusste nicht, wie es mit meinem Leben weitergehen würde. Vielleicht war ich damals emotional sehr schwach. Wie Sie sagten, ich hatte viel Zeit, nachzudenken. Und so wie ich mein Problem betrachte, ist es nichts im Vergleich zu denen von den Menschen, denen ich helfen möchte – ich meine, die Krebspatienten oder die Straßenkinder, von denen ich Ihnen erzählt habe.

Karan: Das heißt, das Gefängnis gab Ihnen eine Gelegenheit, Ihr eigenes Problem denen anderer Menschen gegenüberzustellen. Und plötzlich wurde Ihnen bewusst, dass es noch viel mehr Menschen gibt, die viel mehr erlitten haben als Sie.

Sanjay: Absolut. Ich meine, das können Sie ja auch real erleben, wenn Sie andere Menschen sehen und mit ihnen reden.

Karan: Es ist seltsam, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass das Gefängnis in Ihnen neue Kräfte freigesetzt hat und dass Sie beinahe einen neuen Blick auf das Leben gewonnen haben.

Sanjay: So ist es. Entweder das Gefängnis stärkt dich, oder es zerbricht dich, das kommt immer auf denjenigen welchen an.

Karan: Und Sie hat es gestärkt, nicht wahr, in gewisser Weise?

Sanjay: Ja.

Karan: Das fühlen Sie in Ihrem Inneren?

Sanjay: Ja, ich möchte wirklich die Menschen erreichen, die Hilfe brauchen.

Karan: In gewisser Weise war das Gefängnis also eine traurige, aber nützliche Erfahrung. Es hat Ihnen geholfen, in sich selbst hineinzuhorchen, Dinge zu verstehen und Prioritäten zu setzen?

Sanjay: Absolut, es kommt immer auf den Menschen an. Aber leicht ist es nicht. Ich meine, ich verstehe viele Regeln und Vorschriften im Gefängnis nicht, weil dieser Regelkatalog etwa hundert Jahre alt ist. Und doch wird er immer noch benutzt. Ich meine, es gibt keine Kommunikation, man darf seine Familie nicht sehen.

Karan: Es gab also Momente, wo Sie ein wenig rebellisch waren, besonders als Sie begannen, Fragen zu stellen?

Sanjay: Ich habe mir selbst Fragen gestellt, wie: Da feiern wir hier sechzig Jahre Unabhängigkeit Indiens, und doch leben wir noch immer in der britischen Ära und mit dem gleichen britischen Leitfaden, mit dem damals die Inder verfolgt wurden und...

Karan: Die Gefängnisse hängen ihrer Zeit also sechzig Jahre hinterher.

Sanjay: Ja, ich kann einfach nicht vergessen, dass das Gefängnis-Handbuch an die hundert Jahre alt ist.

Karan: Wie leicht ist es, die Fäden wieder aufzunehmen und einfach weiterzumachen?

Sanjay: Es ist großartig, wieder da zu sein – ich war wieder am Set, und das ist sehr schön. Es war der glücklichste Tag meines Lebens, als ich vor ein paar Tagen wieder mit den Dreharbeiten begann.

Karan: Wieder im Scheinwerferlicht zu stehen und wieder ein Schauspieler zu sein bedeutet Ihnen viel?

Sanjay: Ja, das bedeutet mir viel. Das ist etwas, was ich liebe, und es war großartig, wieder dort zu sein.

Karan: Viele Menschen sind sicher neugierig und möchten wissen, wie es ist, im Gefängnis zu sein. Teilen Sie gerne Ihre Erfahrungen mit ihnen, oder würden Sie lieber sozusagen einen Schleier darüberwerfen, alles für sich behalten und wünschen, sie würden stattdessen über andere Dinge reden?

Sanjay: Ich finde es zwar besser, über andere Dinge zu reden, aber es macht mir wirklich nichts aus, über das Gefängnis zu reden. Es stört mich nicht – ich wünschte, ich könnte das Gefängnissystem verändern, aber ich kann da überhaupt nichts tun. Ich denke, wenn sie darüber nachdenken und versuchen würden, das System im Gefängnis zu verändern, dann wäre das viel besser für die Menschen da drin.

Karan: Glauben Sie, dass Sie nach diesen Gefängnisaufenthalten ein Star wie jeder andere in Mumbai sein und in Ihrem Starruhm schwelgen können? Oder wird Sanjay Dutt immer berühmt sein, nur anders?

Sanjay: Nun, ich war immer anders. Ich habe immer versucht, mich im Hintergrund zu halten, aber ich weiß nicht, irgendwie geht das immer schief. Aber ich würde gerne bleiben, wie ich bin.

Karan: Sie wollen sich nicht verändern?

Sanjay: Nein, ich will mich nicht verändern.

Karan: Also haben Sie, obwohl Sie eine schreckliche Zeit durchgemacht haben, in gewissem Sinne etwas über sich selbst entdeckt im Gefängnis: die Entschlusskraft zu arbeiten, Trost und Sicherheit in Gott und das Bewusstsein, dass es immer Menschen gibt, die noch schlimmere Probleme haben.

Sanjay: Ja, solche Menschen gibt es. Wenn man einfach nur mit offenen Augen aus dem Fenster schaut, dann wird einem klar, dass es eine Menge Probleme gibt, die die Menschen haben und die größer sind als meine.

Karan: Ihr Urteil lautet also: Ich habe das Gefängnis gehasst und ich will nicht dorthin zurück, aber ich bin glücklich über diese Erfahrung, weil sie mich etwas über mich selbst gelehrt hat.

Sanjay: Ich kann nicht glücklich über das Gefängnis sein – ich will wirklich nicht dorthin zurück, aber wie ich schon sagte: Man muss es positiv sehen, anstatt darüber nachzudenken, warum war ich da und so. Man muss im Gefängnis einiges verändern und einfach sagen: Ich habe aus dieser Erfahrung gelernt.

Karan: Alles ist eine Erfahrung, aus der man etwas lernt.

Sanjay: Ja.

Karan: Sanjay Dutt, es war ein Vergnügen, mit Ihnen zu reden. Alles Gute für Sie!

Sanjay: Danke.

(Deutsch von Diwali)

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