Showtime, 15. August 1997
No Way Out!
Die gerichtliche Anordnung, die Sanjay Dutt untersagte, zu den Dreharbeiten von Mukul Anands neuem Film Dus in die USA zu fliegen, hat unter den übrigen Produzenten vielerorts Panik ausgelöst. Wird diese Verfügung Sanjays Karriere weiter ausbremsen? Wird Mukul ihn durch einen anderen Hauptdarsteller ersetzen? Showtime berichtet.
Von allen Lebensphasen ist die Vergangenheit die mächtigste. Sie kehrt zurück und verfolgt dich in jeder Lebenslage. Es heißt, dass Zeit der beste Heiler ist, aber diese Theorie von der Zeit, die alle Wunden heilt, scheint für Sanjay Dutt nicht zu gelten. Seine Vergangenheit hat ihn niemals wirklich verlassen, so wie er auch keine Chance hatte, sie wegzustecken. Immer wieder kehrt sie zurück, um sein Leben durcheinander zu bringen. Und nun ist es wieder geschehen, gerade als die Dinge sich für den Deadly Dutt wieder zu normalisieren begannen.
Sanjay Dutts Entlassung aus dem Gefängnis war von der Industrie mit positiven Reaktionen begrüßt worden. Man hieß ihn mit offenen Armen willkommen. Schließlich konnte niemand abstreiten, dass er einer der faszinierendsten und charismatischsten Stars war, ungeachtet seiner langen Abwesenheit von der Filmszene. Abgesehen von der unanfechtbaren Tatsache, dass die Sanju-Magie so effektiv war wie eh und je, war es vor allem die Anordnung des Gerichts, dass Sanju überall für seine Filme drehen durfte, die die Produzenten wieder ihr Vertrauen in Sanju setzen ließ. Seit seiner Freilassung war Sanju auch tatsächlich schon fünfmal im Ausland gewesen. Natürlich ging es dabei meistens nach New York zu seiner todkranken Frau, zuletzt dann nach ihrem Tod.
Dass das Gesetz Sanjay Dreharbeiten überall in Indien oder im Ausland erlaubte, vorausgesetzt er beantragte vorher jedes Mal eine Genehmigung beim Gericht, war alles, was die Produzenten an Versicherung benötigten. Sanjay wurde mit Angeboten überflutet, und er unterschrieb reihenweise. In den vergangenen sechs Monaten nahm nicht weniger als ein Dutzend großer Banner den Schauspieler unter Vertrag. Eines seiner vielen prestigeträchtigen Projekte war Mukul Anands Big-Budget-Film Dus.
Und dieser Film steckt nun wohl in Schwierigkeiten, weil das Gericht Sanju die Genehmigung, das Land zu verlassen, verweigerte. Und das, wo der gesamte Cast und die Crew von Dus, einschließlich Sanjus Co-Star und engem Freund Salman Khan, bereits in Salt Lake, USA sind und auf Sanjus Ankunft warten, um mit den Dreharbeiten beginnen zu können. Allein die Transportkosten belaufen sich bislang bereits auf schwindelerregende Rs 37 lakhs. Dazu kommen die weiteren Ausgaben für Cast und Crew vor Ort. Wenn man nun bedenkt, dass diese ganzen Millionen in den Wind geschossen wurden, weil wegen Sanjus Abwesenheit nicht gedreht werden kann...
Offensichtlich wurde Dutt verweigert, das Land zu verlassen, weil er wegen eines wichtigen Zeugen, der seine Aussage machen sollte, vor Gericht erscheinen musste. Bei Drucklegung dieses Berichtes erklärte Sanjay Dutts Anwalt Satish Maneshinde, dass Dutt möglicherweise beim Supreme Court Einspruch einlegen würde. Es scheint jedoch wenig wahrscheinlich, dass der Supreme Court ihm die Genehmigung erteilt. Schließlich und endlich hat das Gericht bislang bei jeder Genehmigung für einen Auslandsaufenthalt klar und deutlich zur Voraussetzung gemacht, dass Sanjay zur Verfügung stehen müsse, sobald sein Fall zur Verhandlung komme. Und nun ist es passiert; wichtige Anwälte finden, dass Sanjays Nichtanwesenheit schlichtweg nicht möglich ist.
Die andere wichtige Frage jedoch lautet: Was wird aus Mukul Anands Film? Bei dem derzeitigen Szenario heißt es in der Industrie, dass Mukul zwei Möglichkeiten habe. Entweder wartet er, bis Sanju endlich die Genehmigung bekommt, was eine ziemlich unmögliche Aufgabe scheint, weil der gesamten Filmcrew dann womöglich eine endlose Wartezeit bevorsteht. Oder er trennt sich bei diesem Projekt von Dutt und sucht sich einen anderen Hauptdarsteller, wie Subhash Ghai es bei Trimurti gemacht hat (den zufälligerweise auch Mukul inszeniert hat). Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Mukul an Sanjay festhalten wollen, weil er bereits schwer mit Dutts Mitwirkung in diesem Film geworben hat. Andererseits ist Mukul auch ein sehr praktisch denkender Filmemacher. Als Sanjay in Trimurti ersetzt werden sollte, war Mukul absolut dafür. Es wäre daher für niemanden eine Überraschung, wenn Mukul Sanjay fallen lässt und stattdessen im Eilverfahren einen Sunil Shetty oder Akshay Kumar an Bord holt.
Als die Showtime Mukul Anands Produktionsfirma Neha-MAD kontaktierte und versuchte, mit einem seiner beiden Partner zu sprechen, standen weder Nitin Manmohan (der sich gerade in Madras befindet) noch Sunil Manchanda (der bei der Crew in den USA ist) für einen Kommentar zur Verfügung. Es gelang uns jedoch, mit einem Mitglied der Dus-Crew zu sprechen, der uns darüber informierte, dass Sanju die Genehmigung ursprünglich sogar erhalten hatte. Die Erforderlichkeit von Sanjus Anwesenheit beim Gericht war erst danach bemerkt worden. Auf die Frage, ob Sanju aus dem Film fliegen würde, meinte er: „Das ist ziemlich unwahrscheinlich. Wir drehen jetzt erstmal mit den anderen Künstlern. Es gibt ja noch zwei weitere Drehtermine in den USA, und wenn Sanju es diesmal nicht schafft, dann holen wir seine Szenen wohl beim nächsten Mal nach.“
Sanjays andere Produzenten packt jetzt jedoch die kalte Angst. Wenn Sanjay nicht gestattet wird, außerhalb von Mumbai zu drehen, dann macht es in der Praxis keinen Sinn, ihn unter Vertrag zu nehmen. Denn man kann keinen Film komplett nur in Mumbai drehen, ebenso geht es auf Kosten der Ästhetik, wenn ein Film nur in einem Studio und ohne Außenaufnahmen produziert wird (und das wären die einzigen beiden Alternativen, bei denen man sich Sanjays Anwesenheit sicher sein kann). Deshalb hat bei all den Filmemachern, die den Deadly Dutt als ihren Filmhelden engagiert haben, jetzt das große Umdenken eingesetzt.
Sanjay verdient das ganz bestimmt nicht; ebenso wenig kann er seine Vergangenheit bekämpfen. Bis sich die ganze Aufregung gelegt hat, wird seine Zukunft daher warten müssen.
(Deutsch von Diwali)
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