Zur Story: Der Titel des Filmes ist Programm: Dus Kahaniyaan bedeutet „zehn Geschichten“, und genau darum handelt es sich auch: zehn Kurzfilme, einfach aneinandergereiht, ohne Rahmenhandlung oder innere Verbindung – vielleicht mit Ausnahme der Tatsache, dass sie alle von menschlichen Beziehungen aller Art handeln und am Ende eine überraschende Wendung nehmen:
1. Matrimony
2. High on the Highway
3. Pooranmashi
4. Strangers in the Night
5. Zahir
6. Lovedale
7. Sex on the Beach
8. Rice Plate
9. Gubbare
10. Rise & Fall
Sanjay Dutt ist in der zehnten Geschichte (Rise & Fall) zu sehen: als der Gangster Baba, an dessen Beispiel der ewige Teufelskreis vom Aufstieg und Fall der Mächtigen zelebriert wird. Sein Partner in diesem von Sanjay Gupta und Hansal Mehta inszenierten Kurzfilm ist Suniel Shetty (Nawab).
Ob man diesen Film mag, wird vor allem davon abhängen, ob man mit dieser Art von Anthologie etwas anfangen kann. Produzent Sanjay Gupta selbst war sich keineswegs sicher, ob dieses Konzept funktionieren würde; es war Sanjay Dutt, der ihn schließlich dazu ermutigte: „Ohne Sanju hätte es diesen Film nicht gegeben“, erinnerte sich Gupta später in einem Interview. „Er meinte, wenn sein Vater Sunil Duttsaab einen Film wie Yaadein machen konnte, in dem drei Stunden lang nur ein einziger Mann spricht, dann könnte ich wohl auch zehn Kurzfilme in einen Film packen. Das hat mich inspiriert, meine Pläne für Dus Kahaniyaan umzusetzen.“
Man bekommt also hier zehn Filme zum Preis von einem, dazu eine veritbale Starriege, bei der allein schon das Fan-Herz höherschlägt. Mir hat es absolut nichts ausgemacht, dass jeder Film für sich selbst stand; ich mochte dieses schlichte Konzept, einschließlich der gelungenen Kaleidoskop-Bilder während des Vorspanns und des flotten „Dus Kahaniyaan“-Clips am Ende, zu dem sich fast alle Darsteller des Filmes versammelt hatten. (Dass Sanju wegen seiner Haftstrafe nach seiner Arms-Act-Verurteilung nicht dabeisein konnte, ist ein kleiner Wermutstropfen; aber immerhin hat Gupta dafür gesorgt, dass er dennoch seinen ihm gebührenden Platz in diesem Video bekam. Zumal Sanju auch als „Presenter“ des Filmes fungiert – damals war er eben noch ein Teil von White Feather Films.)
Einige dieser zehn Kurzfilme sind richtige kleine Perlen, die ich mir bestimmt noch öfter gerne anschauen werde. Ganz bestimmt nicht dazu gehören High on the Highway (Jimmy Shergill, Masumi Makhija) und Sex on the Beach (Dino Morea, Tarina Patel), die so schwach sind, dass ich mir jeden weiteren Kommentar dazu spare. Guter Durchschnitt sind Matrimony (Arbaaz Khan, Mandira Bedi), Strangers in the Night (Mahesh Manjrekar, Neha Dhupia), Zahir (Manoj Bajpai, Dia Mirza) und Lovedale (Aftab Shivdasani, Neha Oberoi, Anupam Kher). Diese vier Filme sind nicht nur durch die Bank gut gespielt, sie überzeugen auch durch ihre zum Teil sehr überraschenden Wendungen.
Richtig ans Herz gewachsen sind mir die drei Filme Puranmaashi (Amrita Singh, Minissha Lamba), Rice Plate (Shabana Azmi, Naseeruddin Shah) und Gubbare (Nana Patekar). Die Geschichte von Puranmaashi geht einem an die Nieren, und einmal mehr wünscht man sich, Amrita Singh würde jetzt wieder öfter in so reifen Rollen auf die Leinwand zurückkehren. Nana Patekar mit seinen Luftballons als Versöhnungsgeschenk für seine Frau zuzusehen ist Vergnügen pur – der Mann ist einfach wunderbar. Und Shabana Azmi und Naseeruddin Shah brillieren in der liebevollen kleinen Geschichte um ein Reisgericht, das eine ultraorthodoxe Hindu dazu bringt, über ihre Vorurteile gegen Muslime nachzudenken.
Bleibt noch die Geschichte Rise & Fall, auf die ich natürlich hier etwas näher eingehen möchte. Leider landete auch dieser Film bei mir nur im Mittelfeld. Das liegt gar nicht mal an der Story an sich; die Handlungs-Überschneidung der beiden Killer-Kinder (Regie: Hansal Mehta) und der beiden Gangster (Regie: Sanjay Gupta) bzw. ihre letztendliche Verschmelzung ist eine spannende Idee, und Sanjay und Suniel spielen ihre Parts durchaus überzeugend (bei den Dreharbeiten soll Suniel während Sanjus Ausführungen über Freundschaft und Brüderlichkeit in Tränen ausgebrochen sein). Nur: Irgendwie hat man das Gefühl, das alles schon mal gesehen zu haben (und das nicht nur wegen des netten Querverweises auf Guptas Regiedebüt Aatish durch die Namen der beiden Hauptfiguren Baba und Nawab). So innovativ Gupta sich in seinen anderen Dus-Kahaniyaan-Filmen oft gezeigt hat (im Sinne von: weg von seinen früheren stylischen Gangster-Filmen), so gnadenlos fällt er hier ins alte Schema zurück. Wenn man sich ansieht, was für wunderbare Rollen Naseer und Nana spielen konnten, dann ist es schon bitter, dass Sanju nicht mehr als einen Aufguss seiner früheren Gangsterrollen bieten durfte. Rise & Fall zeigt deutlich: Sein Ausstieg aus White Feather Films und seine Loslösung von Sanjay Gupta kann Sanju nur gut tun.
Ausnahmsweise möchte ich zum Abschluss noch ein Wort zum Soundtrack verlieren. Für diesen hat nämlich der Lyriker Gulzar zu jeder der zehn Geschichten ein Gedicht geschrieben. Gulzar meinte dazu, ihm habe Guptas Konzept gefallen: "Ich fand den Gedanken interessant, mit meiner Poesie die Bilder seiner Kurzgeschichten zu reflektieren. Ich habe das Gefühl, dass sich Poesie in unserem Kino immer mehr ausbreitet. Das einzige, worauf ich bestanden habe, ist, dass Sanjay Gupta die Schauspieler der verschiedenen Stories dazu bringt, die Gedichte zu rezitieren, damit ich das nicht selbst machen muss." Genauso kam es dann auch: Gulzars Gedichte wurden zu dezenter Instrumentalbegleitung von Mitwirkenden der Filme (u.a. Sanjay Dutt) gelesen. Eine wunderschöne Ergänzung eines auch ansonsten sehr guten Soundtracks, der sich länger in den Charts hielt als der Film. Denn Guptas Mut zum Risiko wurde nicht belohnt, der Film floppte an den Kassen. Wie gesagt, als Ganzes ist er sicher nur für Anthologie-Liebhaber reizvoll, aber ein paar der Kurzfilme sind schön genug, dass zumindest ich Gupta für sein Risiko danke – und Sanju, dass er ihn dazu ermutigt hat.
Produktion: Sanjay Gupta; Regie: Sanjay Gupta (1, 4, 5, 9, 10), Hansal Mehta (2, 10), Apoorva Lakhia (7), Meghna Gulzar (3), Rohit Roy (8), Jasmeet Dhodi (6)
110 Min.; DVD: Eros, englische UT (inkl. Songs)
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