Dienstag, 24. Juli 2007

Filmfare 7/1997: Right on! Dutt jr. unwinds

Filmfare, Juli 1997

Right on! Dutt jr. unwinds

Er ist wieder gefragt. Führende Filmemacher wie David Dhawan, Mukul Anand und Priyadarshan haben ihn für Haseena Maan Jaayegi, Dus und Raftaar unter Vertrag genommen.

Allmählich verblassen die Narben seiner Kerkerhaft. Manchmal fragt man sich sogar... war Sanjay Dutt wirklich weg?

Die Realität sieht so aus: Die vergangenen achtzehn Monate verbrachte Sanjay jeweils montags bis freitags beim Gericht, in Zusammenhang mit den Bombenanschlägen von 1993.

Derzeit ist jedoch Ruhepause. Da der TADA-Gerichtshof wegen Sommerferien geschlossen ist, befindet sich Sanjay bereits Punkt 8:30 morgens im Mehboob-Studio. Selbst die Helfer am Set sind noch nicht da.

Sanjay nimmt es gelassen hin und lädt mich zu einem Gespräch und einer Tasse Chai in seinem klimatisierten, schnittigen blauen Range Rover ein.

Unbewusst fährt er sich durch das lange Haar, zündet sich eine Marlboro an und meint: „Mit dem Alkohol habe ich Schluss gemacht... ich wünschte, ich könnte mit den Zigaretten auch Schluss machen.“

Immer schon ein Fitness-Freak, erstrebt Dutt jr. nun eine Physis wie die von Sly Stallone. Seit einem Jahr trainiert er nun schon seine Muskeln drei Stunden täglich in seinem privaten, speziell auf ihn zugeschnittenen Fitness-Studio auf Pali Hill.

Er zieht sich sein Shirt über den Kopf und entblößt dabei stolz seine Brust- und Armmuskeln. „Ich habe auch an meinen Bauchmuskeln gearbeitet, weil Ram Gopal Varma mich gezwungen hat, bei den Daud-Songs zu strippen,“ grinst er.

Ich entdecke einige importierte Päckchen mit Nahrungsmitteln auf dem Rücksitz. Sanjay erklärt: „Ich habe den Wagen mit Protein- und Carbohydrat-Zusätzen vollgestopft. Ich habe jetzt schon seit drei Monaten keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken und nehme nur noch gekochtes Essen zu mir. Furchtbar! All die Jungs um mich rum genießen ihre biryanis und kheers – und ich, ich lebe wie ein verfluchter Idiot von Pulvern und fadem Zeug. Aber was soll’s, man muss eben Opfer bringen. Wenn du im Showbusiness bist, dann musst du einen schönen Körper vorzeigen.“

Er seufzt hörbar. „Ich habe Demi Moore getroffen, als sie in Mumbai war. Mann, die ist unglaublich. Als Mutter von drei Kindern so eine Figur! Und sie ist total normal. Ich habe gehört, dass Madhuri Dixit und Manisha Koirala zugenommen haben. Ich wünschte mir, sie würden sich ein Beispiel an Demi Moore nehmen und wieder in Form kommen.“

In der Hoffnung, dass sein guter Rat richtig aufgefasst wird, fügt er hinzu: „Das soll jetzt keine Predigt sein. Aber wenn ich die Kurve gekriegt habe, nachdem ich meinen Körper lange Zeit so mies behandelt habe, dann können andere das auch.“

Mit einem tiefen Zug an seiner Zigarette betont Sanjay, dass seine Arbeit ihm heilig ist. Während seiner Abwesenheit von den Studios hat er die Scheinwerferlichter schrecklich vermisst. Nun, da er wieder ins Geschäft zurückkehren durfte, will er alles geben, was er hat. „Aber ich werde nie jemanden um Arbeit bitten,“ konstatiert er kategorisch. „Das wäre unter meiner Würde.“

Zu seinem Glück ist die Industrie ihm nach wie vor sehr wohlgesonnen. „Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich für Projekte mit Leuten wie Mukul Anand und David Dhawan unterschrieben habe. Das sind Freunde von mir, aber ich hätte mich geniert, sie um Arbeit zu bitten. Glücklicherweise war es umgekehrt und sie sind auf mich zugekommen.“

Jemand klopft an das Autofenster. Sanjay kurbelt die Scheibe runter, sieht eine Frau und fragt gutgelaunt: „Wär’s nicht Zeit, dass du deinen Job endlich aufgibst und Kinder kriegst? Verheiratete Frauen gehören nach Hause.“

„Deine Denkweise ist veraltet,“ kontert die Frau, was Sanju jedoch überhaupt nicht berührt. Er fährt fort, sie zu necken, bis sie aufgibt. Er beendet seine Spötteleien und verspricht ihr ein Interview. Sie geht, und seine Stimme wird weich wie Marshmallows: „Sie war einer der wenigen Journalisten, die mich während meiner Untersuchungshaft immer mal wieder besucht haben. Ich bin ihr wirklich dankbar für all die Interviews, die sie im Gefängnis mit mir geführt und dann gedruckt hat. Das hat dazu beigetragen, dass ich eine neue Anhörung bekam.“

Der Schauspieler erzählt mir, dass er dem Anführer der Shiv Sena, Balasaheb Thackeray, außerordentlich dankbar ist. „Für Saheb würde ich alles tun,“ schwört er. Und wie auf Stichwort verspricht er einem Sena-Volontär – dem Zweiten, der uns an jenem Morgen unterbricht –, später im Lauf des Tages an einer Veranstaltung der Shiv Jayanti teilzunehmen.

Sein Mobiltelefon summt. Verwirrt blickt er auf die goldene Rolex an seinem Handgelenk, schüttelt den Kopf und lacht: „Das ist Ramu (Ram Gopal Varma). Er hat endlich doch noch beschlossen, mich für eine Szene einzurufen.“

Mit dem Versprechen, am Set zu mir zurückzukommen, verschwindet Sanju in einem Wohnmobil, um sich umzuziehen. Wenige Minuten später verlässt er es wieder mit großen Schritten wie ein ungezähmter Leopard – eine schwarze Levis schmiegt sich um seine langen Beine, sein Haar ist zurückgegelt, und seine Brust ist blank wie die von Rambo.

Sein Maskenbildner ölt mit geschickten Fingern seinen Körper ein, während Gäste am Daud-Set aus allen Winkeln zu ihm rübergaffen.

Eine Gruppe langbeiniger, blonder Tänzerinnen, eigens aus London eingeflogen, erscheint in kurzen weißen Shorts und paillettenbesetzten Bustiers. Sanjay gesellt sich für einen Clip zu ihnen. Ram Gopal Varma ist mit ihren Posen nicht zufrieden. „Cut... nochmal,“ ordert er an.

Auch nach dem Dreh albert Sanjay noch eine Weile mit den Blondinen herum. Die Mädchen staunen ihn anbetend an. „Ich lade euch alle nach Drehschluss ins J49 ein, das ist ein ganz schicker Nachtclub,“ verspricht er ihnen.

Er zieht sich einen Stuhl heran und erläutert: „Mann, ist das heiß... Diese Mädels sind aus England, sie haben Heimweh. Die sind diese furchtbare Hitze nicht gewöhnt. Und niemand führt sie mal aus, die Armen. Deshalb werde ich eine Party ganz speziell für sie schmeißen.“

Und mit dem gleichen Atemzug gesteht er: „Ich bin ziemlich einsam... vor allem, wenn Rhea weg ist. Sie ist in den USA zu einer Modenschau, und danach will sie ihre Leute in Florida besuchen. Die ersten paar Tage habe ich es ja noch irgendwie ausgehalten. Aber inzwischen vermisse ich sie wie verrückt.“

Sanjay ergänzt, dass er vermutlich auch verrückt geworden wäre, hätte er nicht seinen Kumpel Salman Khan gehabt, mit dem er so manchen Abende verbringt. „Ich bin froh, dass ich Salman habe,“ erzählt mir der Schauspieler. „Wir zwei sind uns in den letzten paar Monaten ziemlich nahe gekommen.“

Er spürt meine Neugier und fährt fort: „Wir sind beide Gesundheitsfreaks. Und Salman ist ebenfalls besessen von seinem Body. Also trainieren wir jeden Abend zusammen. Und wir mögen beide guten, sauberen Spaß. Im Gegensatz zu anderen Typen zerreißen wir uns nicht das Maul über andere. Und wir machen uns keine Gedanken darüber, woran die anderen Schauspieler gerade arbeiten.“

Gegen Mittag erscheint Salmans Freundin Somy Ali im Studio mit einem Lunchkorb für Sanjay. Der Schauspieler grüßt sie mit viel Wärme und macht sich über das Essen her, solange es noch schön heiß ist.

Sich zu mir wendend, sagt Dutt jr.: „Solange Rhea weg ist, bringen mir Salman und Somy meine Diätkost. Sie sorgen wirklich gut für mich. Ich freue mich jetzt schon auf die Dus-Drehtage im Juli; Salman und ich werden eine tolle Zeit in Amerika haben.“

Hinter seinem toughen Äußeren ist Sanjay ein Softie. Seine Augen schimmern, als er hinzufügt: „Ich bin ein sentimentaler Typ.“ Er verweist auf den sich in der Nähe bereithaltenden Mohammed, sein „Mädchen für alles“, und erklärt: „Dieser Mann ist jetzt schon seit 18 Jahren bei mir. Als ich im Gefängnis war, hat er gar nicht erst versucht, Arbeit bei einem anderen Star zu finden. Sollte Mohammed jemals in der Klemme stecken, dann werde ich für ihn da sein. Ich habe wirklich großes Glück, so loyale Kerle wie ihn zu haben. Es sind die Menschen in der näheren Umgebung eines Stars, die ihn zu dem machen, was er ist. Ruhm und Reichtum kommen und gehen.“

Sanju zündet sich die sechste Zigarette des Tages an und spricht über Afzal Khan, den Regisseur von Mahaanta. „Wussten Sie, dass die Produktion von Mahaanta sieben Jahre gedauert hat?“ fragt er. „Afzal ist durch die Hölle gegangen. Zuerst hatte er Terminprobleme mit Madhuri. Dann war ich anderthalb Jahre lang im Gefängnis... so viele Dinge haben sich verändert. Aber der Mann hat nie aufgegeben. Es ist völlig gleichgültig, ob der Film ein Hit wird oder nicht. Für sein Durchhaltevermögen verdient Afzal die Höchstpunktzahl. Nicht einmal in all den Jahren hat sich Afzal bei mir beklagt.“

Ein Assistent kommt, um Sanju baba zu einer Probe zu rufen. „Hol erstmal Urmilaji. Ich bin ja nur dazu da, um sie hochzuheben, oder?“ sagt er zu dem Mann, der sich wie ein verängstigtes Kaninchen davonmacht.

Urmila erscheint in einem tiefroten Bodysuit. Sanju springt auf, um seine Partnerin zu begrüßen, hebt sie mühelos hoch und marschiert mit ihr auf die Kamera zu. In wenigen Sekunden ist die Szene im Kasten.

Nach der Szene taucht der Physis-Trainer des Stars auf. „Ich bin in einer Stunde wieder da,“ sagt er. Ich wechsle ein paar Worte mit Leuten vom Studio. Einer erzählt mir, dass Sanju wohl ziemlich verärgert über Manisha Koirala ist, weil die Schauspielerin die Dreharbeiten zu Khauff aufhält.

Als Sanju zu mir zurückkommt, konfrontiere ich ihn mit diesem Gerücht. „Nein, ich bin nicht sauer auf Manya,“ erwidert der Schauspieler, fügt jedoch hinzu: „Ich hasse Störungen in meinem Terminkalender. Kürzlich wurden zwei Drehtage abgesagt, weil Manisha überbeschäftigt ist. Das war wirklich frustrierend... Ich habe gehört, sie arbeitet derzeit drei Schichten täglich; da müssen ihre Terminpläne ja hops gehen. Ich wünschte, sie brächte ein wenig mehr Organisation in ihr Berufsleben.“

Sanjay erinnert sich an die Zeit in seiner Karriere, in der auch er überbucht war. „Das hat mir nicht gut getan. Ich wünsche Manya wirklich nur Gutes. Ich hoffe aufrichtig, dass sie die Kurve kriegt.“

Die kleine Trishala ruft aus New York an und erzählt, dass sie sich beim Spielen wehgetan hat. Sanjays Gesichtsausdruck wird aufgewühlt. „Pass auf dich auf, Baby,“ rät der besorgte Vater und verspricht, sie anzurufen, sobald er nach Hause kommt.

Und urplötzlich wird Sanjay mit Anrufen bombardiert. Vikram Phadis, sein Kostümbildner, drängt sich dazwischen und bittet den Star zu einer Kostümanprobe. Ram Gopal Varma will eine private Unterhaltung mit ihm.

Sein Sekretär Pankaj Kharbanda braucht ihn, um einen Stapel Briefe zu unterschreiben. Und der Shiv-Sena-Volontär will ihn in die Residenz von Balasaheb fahren, um den Supremo zu treffen. Nein, Sanjay krümmt sich nicht unter dem Druck. Vielmehr scheint er die Situation zu lieben, so wie sie ist.

Wie ich schon sagte, jene langen leeren Stunden in seiner Gefängniszelle sind Vergangenheit... heute geht es rund um Sanjay.

(Sangeeta Mahadevan; Deutsch von Diwali)

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