Movie, Juni 1988
Sanjay Dutt: „Ich liebe Richa bis zum Wahnsinn“
Lange Zeit wollte er über seine Ehe nicht sprechen. „Das ist meine Privatwelt;“ sagte er, „ich will nicht, dass andere da eindringen.“ Auch als die ersten Gerüchte über Richas Schwangerschaft durchsickerten, hielt er sich verlegen bedeckt. „Ja, meine Frau ist schwanger“ bestätigte er kurz, aber unwillig. Doch nach einer langen Schweigephase ist Sanjay Dutt nun in einem Exklusiv-Interview für Movie zum ersten Mal aus der Defensive hervorgekommen, redete in einem ausgiebigen Gespräch über seine Ehe und wie sie sein Leben verändert hat und klärte zugleich alle kontroversen Gerüchte um seine Schwestern Anju und Priya und seinen Freund und Schwager Kumar Gaurav. „Das war das längste Interview, das ich je gegeben habe,“ meinte er am Ende. „Ich wusste gar nicht, dass ich so viel reden kann...“
Ich traf Richa das erste Mal beim Muhurat eines meiner Filme im Sea Rock. Sie gefiel mir vom ersten Augenblick an, irgendwie stach sie aus ihrer Umgebung heraus. Ich weiß sogar noch, dass sie Jeans und ein vielfarbiges Top trug. Ich erkundigte mich, wer sie war, und ließ mich ihr vorstellen. Einige Tage später rief ich sie an und bat sie, mit mir auszugehen. Wir gingen zusammen essen, und von da an trafen wir uns regelmäßig. Schon bald merkte ich, das Richa anders war als die Mädchen, die ich bis dahin gekannt hatte. Sie war nicht kalkulierend, manipulativ oder auf Geld aus. Sie war ein einfaches Mädchen, ein fantastischer Mensch, dem man vertrauen konnte. Für mich bedeutet Liebe Zusammensein, Geborgenheit und Verständnis, und all das fand ich in Richa. Mit wurde auch klar, dass ich nicht mehr ohne sie leben konnte, deshalb beschloss ich, sie zu heiraten. Ich wollte, dass sie ihre Karriere aufgibt, um für mich, unsere Kinder und unser Zuhause dazusein. Sie war einverstanden; sie war ohnehin nicht von der ehrgeizigen Art.
Ich flog nach New York, um ihre Eltern in aller Form um ihre Hand zu bitten. Ihre Familie hatte große Bedenken gegen einen Schwiegersohn aus dem Filmgeschäft und gegen mich ganz besonders, bei meinem wilden und zügellosen Ruf. Aber bei meiner ersten Begegnung mit ihrem Dad führten wir ein Gespräch von Herz zu Herz miteinander, und er verstand mich, was die Situation entspannte. Richa hat zwei ältere Schwestern, mit denen ich gut zurechtkomme. Richas Mutter ist eine extravagante Dame, in deren Gegenwart man viel Spaß hat. Richas Eltern behandeln mich mehr wie einen Sohn als wie einen Schwiegersohn.
Richa und ich stehen uns sehr nahe. Wir versuchen, soviel Zeit wie möglich miteinander zu verbringen, und machen oft Abstecher nach Kashmir, Ooty etc. Ich liebe Richa. Ich habe keine Angst vor ihr wie andere Männer, die ihre Ehefrauen fürchten. Aber können Sie sich vorstellen, dass ich Riesenkerl von einem Mann, vor dem andere Leute zurückschrecken, Angst vor einer Küchenschabe habe? Vor ein paar Tagen habe ich mich zu Hause ausgeruht und fühlte, wie mir etwas am Bein hochkrabbelte. Ich versuchte, es abzuschütteln, aber das Ding krabbelte immer weiter hinauf, und da merkte ich, dass es eine Küchenschabe war. Mein Geschrei brachte das ganze Haus in Aufruhr. Meine Familie hat sich totgelacht über mich. Und heute soll ich mit einer Küchenschabe drehen! Ich habe keine Ahnung, wie ich diese Szene überleben soll; ich will einfach nur in einem Stück nach Hause zu Richa kommen. Sie wartet dort mit dem Essen auf mich, und so liebe ich das. Es ist ein großartiges Gefühl zu wissen, dass jemand zu Hause besorgt auf dich wartet. Ich liebe Richa bis zum Wahnsinn.
Natürlich streiten wir beide uns auch ab und zu. Dieser ganze Prozess des Streitens, Schmollens und Versöhnens trägt für mich eine Menge zum Reiz einer Ehe bei. Bei unserem ersten Streit nach der Hochzeit ging es um eine so dumme Frage wie, in welches Restaurant wir gehen sollten. Wir wurden beide immer gereizter, warfen uns wütende Worte an den Kopf, und am Ende beruhigten wir uns wieder. Mal ist es Richa, die nach einem Streit den ersten Schritt zur Versöhnung macht, und mal bin es ich. Es gibt kein Ego-Problem zwischen uns beiden. Wie kann das auch sein zwischen Ehemann und Ehefrau? Es klingt so dumm, wenn andere sagen, sie hätten ein Ego-Problem gegenüber ihrem Ehepartner.
Ich bin ein eifersüchtiger Mensch. Nicht bei meinen Kollegen, ihrem Erfolg oder der Anzahl von Filmen, die sie in der Tasche haben. Das ist unwichtig für mich. Aber ich werde eifersüchtig, wenn jemand permanent meine Frau anschaut. Das passiert praktisch jeden Tag, und ich schaue dann immer nur wütend zurück. Zum Glück – oder leider – blieb es mir bislang erspart, wegen Richa in ein beleidigendes Wortgefecht oder einen Faustkampf verwickelt zu werden. Über meine angeblichen Affären streiten weder Richa noch ich. Ich bin ein treuer Ehemann und werde das auch mein Leben lang bleiben. Diese Gerüchte über Dingy (Amrita Singh) und mich sind total unbegründet. Dingy und ich sind nicht nur Co-Stars, sondern auch sehr, sehr gute Freunde, und stehen sich nicht alle Freunde sehr nahe? Diese Gerüchte wurden von leeren Gehirnen ausgestreut, denen es nicht passte, dass Richa und ich glücklich sind. Sie dürften ganz schön überrascht gewesen sein, als bei mir zu Hause kein Feuerwerk losging. Sie wissen eben nicht, das Richa mir vollkommen und hundertprozentig vertraut. Ich werde sie niemals enttäuschen.
Ich bin nicht nur ein aufrichtiger Ehemann, sondern auch ein aufrichtiger Freund. Meine Freunde können mich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen, und ich helfe ihnen auf jede nur denkbare Weise. Als ich noch drogensüchtig war, hatten sich viele meiner Freunde vor mir zurückgezogen, sie hörten sogar auf, mit mir zu reden. Damals war ich sehr wütend und verärgert über sie. Aber inzwischen habe ich erkannt, dass sie meine wahren Freunde waren; es war ihr aufrichtiger Wunsch, dass ich diese Unart aufgebe, und deshalb waren sie so hart zu mir.
Zur Zeit ist die Industrie voller heimtückischer Pharisäer. Ich kann diese Leute einfach nicht ausstehen und halte mich von ihnen komplett fern. Aber Böse und Gute sind immer gemischt; es gibt auch ein paar Jungs, die wirklich gut sind und mit denen ich gut zurechtkomme – wie Sunny, Govinda, Chunky und Jackie. Was Jackie betrifft, für den würde ich sogar mein Blut vergießen. Ich werde nie vergessen, dass er extra für nur einen einzigen Tag nach New York geflogen ist, um an meiner Hochzeit teilzunehmen. Wenn er gewollt hätte, dann hätte er sich das mit Leichtigkeit schenken können; aber er tat es nicht, er hat sich als sehr guter Freund erwiesen.
Es gibt Zeiten im Leben, in denen man das Gute, das einem zuteil wird, nicht akzeptieren will und seinen Wert erst im Laufe der Zeit erkennt. Auch mir ist das passiert, und zwar im Zusammenhang mit meiner Schwester Anju. Ich bin meinen Schwestern gegenüber sehr besitzergreifend. So sind Jungen nun mal. Selber nehmen sie jeden Spaß mit, aber sobald es um ihre eigenen Schwestern geht, werden sie hysterisch. Als ich von Anjus Verbindung mit Bunty erfuhr, weigerte ich mich, das zu akzeptieren. Ich konnte einfach nicht glauben, dass Anju Bunty heiraten wollte. Aber schließlich brachte meine Umgebung mich zur Vernunft. Inzwischen habe ich natürlich längst begriffen, dass die beiden füreinander geschaffen sind. Bunty ist nicht nur mein Schwager, sondern auch ein sehr guter Freund. Wir vertrauen einander, besprechen unsere Probleme miteinander und teilen jedes noch so kleine Geheimnis. Ich persönlich bin ja der Meinung, dass Bunty von der Industrie ziemlich fies behandelt worden ist. In Naam hatte ich die massentaugliche Rolle, während die von Bunty sehr schwierig war. Und doch hat er eine sehr dezente und feinsinnige Vorstellung geboten, die wirklich ausgezeichnet war. Leider haben die Menschen sein Talent nicht zur Kenntnis genommen. Ich bin sehr glücklich, dass er jetzt wieder für ein paar Filme unterschrieben hat. Merkt auf meine Worte, Bunty wird zurückkommen, und dann wird wieder mit ihm zu rechnen sein.
Zwischen Richa und meinen Schwestern gibt es überhaupt keine Probleme. Alle drei sind erwachsene, reife Frauen und stehen weit über solchen Dingen. Derzeit managen Richa und Anju zusammen das Haus. Doch schon bald wird Anju in ihr eigenes Heim umziehen. Meine Reaktionen darauf sind gemischt. Ich bin glücklich und zugleich ein wenig traurig – glücklich, weil Bunty und sie nun ihr eigenes Zuhause aufbauen werden, und traurig, weil sie eine Leere in unserem Haus hinterlassen wird. Obwohl ihr neues Zuhause nicht weit von uns sein wird, bin ich sicher, dass ich sie vermissen werde. Was Priya betrifft, sie ist ganz locker und entspannt, sie ist sehr glücklich darüber, eine Schwägerin um sich zu haben.
Egal, was andere Leute sagen, auf meine Popularität hat sich meine Hochzeit nicht ausgewirkt. Ich bekomme noch immer die gleiche Menge Fanpost, und die Mädchen himmeln mich noch immer an. Persönlich haben mich Richa und die Ehe jedoch tief beeinflusst. Ich bin heute ein veränderter Mensch. Es sind viele positive Veränderungen, aber es wäre langweilig, über sie zu reden, obwohl ein paar von ihnen ziemlich drastisch sind.
Zuallererst hat die Ehe mir geholfen, mein Temperament zu zügeln. Früher habe ich mich schon von der geringsten Provokation in Schlägereien verwickeln lassen oder mit der Flinte um mich geschossen, aber das ist vorbei. Wobei das nicht heißt, dass ich aufgehört habe, gelegentlich die Beherrschung zu verlieren. Erst unlängst bei Dreharbeiten in Filmcity war da ein Typ, der ständig billige Bemerkungen über meine Partnerin machte. Und ich bin grundsätzlich sauer, wenn jemand etwas Abfälliges zu einer Frau sagt. Frauen soll man lieben und mit Respekt behandeln. Als dieser Typ sich weigerte, endlich die Klappe zu halten, habe ich ihn angebrüllt, bin auf ihn losgegangen und habe ihn grün und blau geschlagen. Ich betrachte mein Temperament durchaus als einen Vorteil für mich, wenn es andere Menschen einschüchtert.
Bevor ich Richa kannte, war ich sehr verantwortungslos. Sie hat mir geholfen, Gleichgewicht in mein Leben zu bringen. Ich bin verantwortungsvoll geworden, nicht nur auf persönlichem, sondern auch auf beruflichem Sektor. Ich bin ehrgeiziger geworden und will wirklich Gutes in meiner Karriere leisten. Mit Naam bin ich als Schauspieler ein gutes Stück gereift und habe gelernt, hart an meinen Rollen zu arbeiten. Regisseure wie Mahesh Bhatt, J.P. Dutta, Dobby Goel, Aziz Sajawal und Shashilal Nair verstehen es wirklich, das Beste aus mir rauszuholen. Mit ihnen arbeite ich sehr gerne. Ich würde liebend gerne unterschiedliche Arten von Rollen spielen, aber das Problem in Indien ist, dass du, egal wie sehr du es zu vermeiden versuchst, immer wieder auf den gleichen Rollentyp festgezurrt wirst. Ich weiß, dass ich dieses Image des toughen, starken Manns habe, deshalb werde ich, so gern ich andere Rollen spielen würde, darauf verzichten, weil ich die Konsequenzen fürchte. Von Flops lasse ich mich niemals deprimieren, die vergesse ich wie einen bösen Traum.
Mein Ziel als Schauspieler ist nicht nur, große Höhen zu erreichen, sondern auch einmal mit Amitji zu arbeiten. Der Mann ist einfach der Wahnsinn, er ist eine eigene Institution. Aber ich will unter der Bedingung mit ihm arbeiten, dass unsere Rollen, wenn nicht gleichwertig, so doch zumindest annähernd gleichwertig sind; ein Film, in dem ich nur als eine Requisite auftauche, kommt nicht in Frage. Außer einem Film mit Amitji freue ich mich noch auf weitere glückliche und schöne Momente in meinem Leben – zum Beispiel auf meine Vaterschaft.
Ich werde bald Vater sein, und das habe ich auch nie geleugnet. Was gibt es da zu verheimlichen? Es haben ja auch alle Magazine darüber berichtet. Ich glaube nicht, dass sich meine Vaterschaft irgendwie negativ auf meine Karriere auswirken wird, und selbst wenn, dann ist es mir schnurz. Richa wird zur Entbindung nach New York fliegen; ihre ganze Familie lebt dort, und in ihrer Umgebung wird sie entspannter sein. Ich denke, in solchen angstvollen und empfindlichen Stunden möchte jede Frau ihre nächsten Angehörigen um sich haben, egal wie nahe sie ihrer Schwiegerfamilie steht. Ich komme dann später nach, denn natürlich will ich zum Zeitpunkt der Entbindung bei ihr sein. Unser Baby wird ein Löwe sein wie seine Eltern. Ob es ein Junge oder ein Mädchen sein wird, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Hauptsache es wird ein normales und gesundes Baby; das Geschlecht des Kindes spielt für mich keine Rolle.
Ich werde ein strenger Vater sein, so wie ich jetzt auch schon ein strenger Onkel bin. Meine Nichte Sachi ist ein richtig süßer Schatz (manche meinen, dass sie, was das Temperament betrifft, mir nachschlägt, ich kann das nicht sagen), aber ich bin sehr streng mit ihr, obwohl ich sie sehr liebe. Mein Dad, Richa und Bunty verhätscheln sie schrecklich, deshalb müssen Anju, Priya und ich darauf achten, dass sie keine Grenzen überschreitet. Wir haben uns auch schon mehrfach bei Dad darüber beschwert, dass er Sachi so verwöhnt, während er mit uns immer so streng war. Aber ich glaube, so sind Großväter nun mal.
Dad war wirklich sehr streng mit mir, als ich noch klein war, während meine Mum mich verzogen hat. Was immer ich anstellte, war als Rebellion gegen meine Umgebung gedacht. Wir hatten bei uns zu Hause dieses ungeschriebene Gesetz, dass wir nach 6 Uhr abends nicht mehr unterwegs sein sollten. Aber irgendwie habe ich mich immer wieder aus dem Haus geschlichen und bin mit meinem Auto auf und davon. Eines Tages kam Dad drauf und fragte Mum, wo ich sei. Die Arme, um mich zu retten, log sie ihm vor, ich schliefe bereits. Worauf mein Dad das Schlafzimmer kontrollierte, wo ich natürlich nicht war. Also blieb er wach und wartete auf mich. Ich kam gegen 3 Uhr morgens nach Hause, und der Wachmann war instruiert worden, mich nicht reinzulassen. Ich glaube, meine Eltern hatten Zoff, aber als ich dann endlich reindurfte, machte mein Dad den Abflug. Wir gerieten in Panik und fuhren ihm nach; das war ein ganz schönes Drama, bis wir ihn schließlich dazu überredet hatten, wieder nach Hause zu kommen. Heute habe ich nicht mehr solche Angst vor Dad wie früher. Ich beherzige seine Ratschläge, weil ich weiß, dass sie immer nur von Vorteil für mich sind. Aber wenn ich das Gefühl habe, dass er falsch liegt, dann sage ich ihm das auch. Wir reden immer von Mann zu Mann miteinander.
Und so soll es auch bei meinen Kindern und mir sein: Freiheit und zugleich viel Liebe und Respekt, ich möchte nicht, dass meine Kinder mir entgleiten und außer Kontrolle geraten. Richa und ich haben noch überhaupt nichts für unser Kind geplant, es ist ja noch viel zu früh, um jetzt schon seine Zukunft zu verplanen. Im Moment sind Richa und mein Kind mein ein und alles. Ich weiß, ich werde der beste Vater sein, so wie ich auch der beste Ehemann bin.
(Nilufer Qureshi; Deutsch von Diwali)
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