Dienstag, 22. Mai 2007

Filmfare 6/1994: S.B. Jaisinghani

Filmfare, Juni 1994: Accused!
(Original: Link 1 - Link 2)

S.B. Jaisinghani: „Nichts ist unmöglich...“

S.B. Jaisinghani, Senior-Anwalt und Partner von Ram Jethmalani (beide haben sich aus dem Fall zurückgezogen), spricht über den derzeitigen Status des Falles Sanjay Dutt.

Wo steht der Fall Sanjay Dutt in diesem Augenblick?

„Derzeit ist Sanjay Dutt ohne Anwalt. Da wir uns aus dem Fall zurückgezogen haben, hat ihn C.B. Wadhwa am 2. Mai vertreten, als sein Kautionsantrag zur Anhörung kam. Sanjay wird nun um Zeit bitten, um einen neuen Anwalt auszuwählen, der wiederum Zeit brauchen wird, den Fall zu studieren.“

Warum haben Sie den Fall aufgegeben?

„Wir sind eine Gruppe von sechs Anwälten, die etwa 100 Angeklagte in dem Bombenanschlag-Fall vertreten. Wir sind dafür bekannt, dass wir unsere Leistungen erbringen, aber wir glauben nicht, dass wir das vor dem TADA-Richter J.N. Patel tun können. Sagen wir es so: Unsere Klienten sind höchst beeindruckt von unserer ‚Unfähigkeit’ und haben beschlossen, uns von unserer Aufgabe zu entbinden. Sie haben allen Grund zu glauben, dass sie keine faire Gerichtsverhandlung bekommen werden.“

Was sind die Gründe für diese Behauptung?

„Wir werden unsere Gründe in der Petition nennen, die wir dem Supreme Court präsentieren werden.“

Können Sie andere signifikante Instanzen nennen im Zusammenhang mit den Anträgen, dass ein anderer Richter diesem Fall vorstehen sollte?

„Da gibt es viele. Ich bin mir jedoch schon über den TADA Act selbst nicht sicher. Die Grundlagen sind schließlich und endlich die gleichen. Was unter das allgemeine Gesetz fällt, fällt gleichermaßen unter TADA. Es gibt ja bereits Schritte, den TADA Act abzuschaffen, mit dem in neun von zehn Fällen Missbrauch getrieben worden ist. Richter Kuldip Singh vom Supreme Court hat das neulich während der Anhörung eines Falles gesagt.“

Wie haben Sie Sanjay Dutt gegenüber begründet, dass Sie sich aus dem Fall zurückziehen?

„In erster Linie hatten wir das Gefühl, dass unsere Klienten ihr Vertrauen in uns verloren haben. Es war eine kollektive Entscheidung. Man muss nicht darauf warten, dass der Angeklagte zu einem kommt und sagt: ‚Du tust nichts für mich, ich will einen anderen Anwalt.’ Wenn man selber feststellt, dass man unfähig ist, etwas zu tun, wenn man sich uneffektiv und frustriert fühlt, dann ist es Zeit, aufzuhören. Und es ist nichts Illegales daran, einen Fall aufzugeben. Kein Gesetz in Indien sieht vor, dass ein Anwalt einen Fall von Anfang bis Ende begleiten muss.“

Einige Berichte behaupten, Sie hätten sich nur zurückgezogen, um Sanjays Fall hinauszuzögern.

„Wie ich schon sagte, wir haben uns aus einem allgemeinen Grund zurückgezogen. Außerdem, was hätten wir davon, Dinge hinauszuschieben – einen Monat, ein Jahr? Den Fall sabotieren könnten wir niemals.“

Würden Sie Sanjays Fall wieder aufnehmen – vor einem anderen Richter?

„Nichts ist unmöglich. Es kann durchaus sein, dass man uns um unsere Rückkehr zu dem Fall bittet. Wenn ein Klient uns zurückhaben will, werden wir ihm unsere Dienste nicht verweigern.“

Was war der unmittelbare Anlass für Ihren Rückzug?

„Sehen Sie, unsere Verfassung garantiert ein freies und faires Gerichtsverfahren. Wenn der Angeklagte fürchtet, dass der Richter gegen ihn voreingenommen ist, dann kann dieser Richter nicht über ihn urteilen. In dem Bombenanschlag-Fall gibt es einen Angeklagten namens Abu Azmi. In einem völlig normalen Geschäftsvorgang hat er elf Tickets gebucht, die dann von Personen benutzt wurden, die zum Waffentraining nach Dubai reisten. Wenn ich zwischen Sanjay und Abu die unschuldigere Person wählen müsste, dann wäre das Abu. Ich konnte Abu nicht mehr in die Augen sehen, als sein Kautionsgesuch abgelehnt wurde. Und seit Richter Patel auch Abus zweites Kautionsgesuch im vorigen November ablehnte, kann ich nicht mehr richtig schlafen. Der Richter hat erklärt, Abu sei ‚unaufrichtig, unehrlich, abgefeimt, hinterlistig und hält die Regierungsbehörden zum Narren’. Wenn das jetzt schon in seinem Bericht steht, wie kann Abu da ein faires Gerichtsverfahren erwarten?“

Gab es nicht einen Ansatz, Sanjay Dutt eher nach dem Arms Act anzuklagen statt nach TADA?

„Nein, einen solchen Ansatz gab es nie. Er ist immer noch unter TADA, und das Ganze ist lächerlich, absolut absurd. Wie kann man ihn auch nur im Entferntesten mit den Bombenanschlägen in Verbindung bringen? Sanjay wurde zum Über-Opfer gemacht. Gegen all jene, die im Zusammenhang mit den Bombenanschlägen vom 12. März verhaftet wurden, sind schwere Vorwürfe erhoben worden. Sanjay ist, wenn überhaupt, lediglich des Besitzes illegaler Feuerwaffen schuldig und hat darüber auch bereits ein Geständnis abgelegt.“

Was ist die Höchststrafe unter TADA für den Bombenanschlag-Fall?

„Auf dem Papier, die Todesstrafe.“

Und unter dem Arms Act?

„Zwei bis fünf Jahre rigorose Gefängnishaft, was meiner Ansicht nach mehr als genug wäre für die Dummheit, die Sanjay möglicherweise begangen hat. Sein Vergehen ist ein geringeres – Besitz illegaler Feuerwaffen –, und er hätte unter dem Arms Act verhaftet werden müssen.“

Wie bekam er Kaution?

„Der High Court hat ihn auf Kaution freigelassen.“

Wie viele andere Verhaftete in Zusammenhang mit den Bombenanschlägen wurden auf Kaution freigelassen?

„Zwei Männer, die anscheinend nach Dubai geschickt worden waren, um im Umgang mit Feuerwaffen geschult zu werden. Dass sie zurückkamen, ohne dieses Training erhalten zu haben, ist eine andere Sache. Sie sind schuldiger als Abu Azmi, aber sie sind auf Kaution frei.“

Warum?

„Vielleicht aufgrund von Richter Patels Auffassung von Beweisen, Schuld und Unschuld.“

Wer sind die anderen unter TADA Angeklagten?

„Ob Sie es glauben oder nicht, etwa 15 von den 140 verhafteten Personen sind Be- und Entlader in Raigarh, einem bekannten Umschlagplatz für Schmuggelware. Diese armen Kerle bringen lediglich an Land, was ihnen aufgetragen wird, verpulvern dann noch am gleichen Abend ihr Geld für Alkohol und gehen anschließend schlafen. Die wissen doch nicht einmal, was RDX überhaupt ist. Aber jetzt bringt man ihnen bei, RDX zu sagen, und alles, was die armen Jungs rausbringen, ist ‚lodex’. Inzwischen sind Tiger Memon, Dawood Ibrahim und Yakub verschwunden. Das ist, wie wenn man Hamlet ohne den Prinzen von Dänemark auf die Bühne bringt. Wäre Khalnayak ohne Sanjay Dutt machbar gewesen? Übrigens, wie reagiert eigentlich die Filmindustrie auf Sanjays Fall?“

Seine Produzenten und Vertreiber sind erleichtert, dass er weiterhin zur Verfügung steht, um ihre Filme fertigzustellen.

„In diesem Fall sollten sie uns dankbar sein, dass wegen uns die Anhörung verschoben wurde... Aber unsere Polizei und Nachrichtendienste sollten sich schämen. Das RDX wurde im Januar entladen, und die Bomben gingen im März hoch – und nicht ein einziger Konstabler hat auch nur ansatzweise geahnt, was passieren würde. Die Behörden in Raigarh haben offenbar überhaupt nicht gewusst, was da vor sich ging... Okay, die haben bestimmt ihre regelmäßigen Kürzungen, aber ich glaube nicht, dass irgendjemand von denen für ein paar Scheinchen RDX durchlassen würde. Und die können doch nicht die gesamte Mannschaft gekauft und zu Anti-Nationalen gemacht haben.

Als die Hauptbeschuldigten flohen, brauchte die Polizei ein paar große Namen, um ihre Ineffizienz zu verbergen, und deshalb hängen sie sich jetzt an Sanjay auf. Hanif Kadawala, Samir Hingora und bis vor kurzem auch der zusätzliche Zolleinnehmer S.N. Thapa. Auch nachdem Thapa vom Supreme Court für unschuldig erklärt wurde...

Sanjay ist ihr ‚oberster Angeklagter’. Die Staatsanwaltschaft präsentiert ihn als ‚Beweisstück A’. Seine Anwesenheit hat dem Fall Glamour verliehen. Sie werfen mit seinem Namen um sich, als wollten sie sagen: ‚Hey, wir haben den Fall gelöst!’“

Warum hat Ihrer Ansicht nach Sanjay sich die AK-56 besorgt?

„Er brauchte sie für persönlichen Schutz. Sunil Dutts Rolle während der Januar-Unruhen wurde falsch aufgefasst. Dutt hatte ganz klar gesagt, dass er nur den Opfern half, wie er es normal auch tun würde. Aber die ganzen Drohanrufe waren zu viel für Sanjay. Für ihn waren Hanif und Samir seine Produzenten, und als sie ihm ein Gewehr anboten, nahm er es. Er hatte sie nicht durch irgendwelche Unterwelt-Verbindungen kennengelernt. Sie waren führende Produzenten, Vertreiber und Mitglieder des Friedenskomitees.“

Sanjay hat zugegeben, Dawood Ibrahim und dessen Bruder Anees getroffen zu haben.

„Nennen Sie mir einen Filmstar, der sie nicht getroffen hat. Eine ganze Flugzeug-Ladung von ihnen hat der Sunnat-Zeremonie von Dawoods Sohn beigewohnt. Bevor all diese Spannungen losgingen, pflegten die Stars zu prahlen: ‚Hey, heute hat Bhai mich angerufen!’ Als Sanjay sie während der Dreharbeiten zu Feroz Khans Yalgaar in Dubai kennenlernte, kam es überhaupt nicht in Frage, ihre Einladung zum Dinner abzulehnen. Das hätte nur ihren Unmut geweckt.“

Sanjay hätte die Drohanrufe der Polizei melden und um Schutz bitten können.

„Konnte das Sicherheitspersonal die Ermordung von General Vaidya verhindern? Und die Srikrishna Commission hat Bänder vorgelegt mit Gesprächen zwischen dem Kontrollraum der Polizei und den Streifenwagen... und die Streifenwagen erhielten dabei während der Januar-Unruhen spezielle Instruktionen, sich von den Unruheherden fernzuhalten. Jedenfalls hat Sanjay um Schutz gebeten, was immer der wert gewesen wäre.

Was hätte die Polizei tun können, wenn ein wütender Mob Sunil Dutts Haus angegriffen hätte? Mit seinem einfachen Gewehr hätte Sanjay sie nicht abwehren können. Er hat die AK-56 nie benutzt, sie lag einfach nur in einer Ecke seines Hauses herum. Er hat auch nie eine Kugel aus seiner automatischen 9-mm-Pistole abgefeuert... das zeigt doch, dass er nicht die Absicht hatte, jemandem zu schaden.“

(Deutsch von Diwali)

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