Montag, 28. Mai 2007

Indianexpress 5/2007: Walk the Talk, Teil 2

The Indian Express, 28. Mai 2007

Sanjay Dutt: „Ich glaube, ich bin der Erwählte. Gott setzt dich solchen Prüfungen aus und schaut, wie du damit fertig wirst. Ich habe das Gefühl, es ist mein Schicksal, mich ihnen zu unterziehen.“

In diesem zweiten Teil eines Interviews mit dem Chefeditor des Indian Express, Shekhar Gupta, in NDTV 24x7’s Walk the Talk spricht Schauspieler Sanjay Dutt über die Achterbahnfahrt seines Lebens und seiner Karriere. Er erzählt, wie der Tod seiner Mutter und seiner Frau ihn beeinflusst haben, und über den Umgang mit Erfolg, das Begehen von Fehlern und das Spielen des Munnabhai.


Shekhar: 18 Monate im Knast und beinahe ebenso viel Zeit in Drogentherapie. Was war schwerer?

Sanjay: Definitiv der Knast. Im Knast bist du zuallererst eingesperrt. Aber in dem Rehazentrum war man nicht eingesperrt. Man konnte rausgehen, mit den Betreuern, als eine Gruppe. Sie haben uns ins Kino, in Restaurants und zum See mitgenommen. Sie entlassen dich ganz langsam zurück in die Welt, das ist ihr Credo.

Shekhar; Vor wem hatten Sie mehr Angst – Mom oder Dad?

Sanjay: Dad.

Shekhar: Vor Mom hatten Sie keine Angst?

Sanjay: Sie hat mich zu sehr geliebt.

Shekhar: Dad doch auch. Er war ein Punjabi.

Sanjay: Er war ein Punjabi. Ich hatte Angst vor ihm – aus Respekt.

Shekhar: Hat Ihr Dad Sie auch mal angeschrieen oder fertiggemacht?

Sanjay: O ja, oft.

Shekhar: Zum Beispiel?

Sanjay: Als ich ihm von meiner Drogenabhängigkeit erzählte. Mein Gott, er hat mich damals total zur Schnecke gemacht.

Shekhar: Er hatte es bis dahin nicht gewusst?

Sanjay: Er hatte es befürchtet. Er hatte gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Aber als ich es ihm dann gestand, da hat er wirklich gebrüllt. Er war sehr verärgert mit mir. Bei jedem falschen Film, den ich machte, hat er...

Shekhar: Wegen welchem Film hat er Sie angeschrieen?

Sanjay: Gastauftritte haben ihn aufgeregt. Er sagte dann: „Mach erst mal deine eigene Karriere, dann kannst du anfangen, anderen zu helfen.“ Was ja auch Sinn machte.

Shekhar: Gab es auch Rollen, die ihn verärgert haben?

Sanjay: Saajan hat ihn furchtbar aufgeregt.

Shekhar: Das war Ihr erster Liebesfilm?

Sanjay: Ja, und er konnte es nicht begreifen. Er sagte: „Du hast ein Action-Image, und was spielst du jetzt? Einen lahmen Krüppel!“ Aber hinterher, als der Film ein Erfolg war, hat er mir dafür auf die Schulter geklopft.

Shekhar: Dachte er, Sie wären nicht imstande, Liebesszenen zu spielen?

Sanjay: Ich weiß es nicht.

Shekhar: Wie Sie hat er Liebesfilme gemacht und konnte ebenso Action-, Schurken- und Komödienrollen spielen. Padosan war meine Lieblingskomödie, bis Munnabhai kam. Ich hätte Sie so gerne mal in einer Geschichte wie Padosan gesehen.

Sanjay: Das hätten wir auch gerne gemacht.

Shekhar: Ein Remake von Padosan?

Sanjay: Aber wir bekamen die Rechte nicht. Mehmood Saabs Rolle sollte von Govinda gespielt werden, Riteish (Deshmukh) war für Dads Rolle Bhola angedacht, und Kishoredas Rolle sollte meine werden. Ich wäre der Musiklehrer gewesen. Und dann noch Johny Lever Saab und all die anderen Leute dieser Gang.

Shekhar: Und wer hätte Saira Banos Rolle spielen sollen?

Sanjay: So weit sind wir mit unseren Überlegungen gar nicht gekommen, als sie uns bereits die Rechte verweigerten.

Shekhar: Das hätte was werden können.

Sanjay: Ja.

Shekhar: Aber Ihr Vater hatte Präferenzen?

Sanjay: Anfangs ja. Schließlich jedoch ließ er mich machen, was ich wollte, und sagte mir nur noch: „Lern aus deinen Fehlern.“

Shekhar: Einer der wichtigsten Filme, die Sie nach Ihrer Entlassung aus dem Gefängnis machten, war Vaastav, ein richtiger Gangsterfilm. Hat Ihr Vater da nicht gesagt: „Du solltest dich dieser Welt fernhalten?“ Hat er nie gefragt: „Warum machst du das?“

Sanjay: Aber wenn man genau hinsieht, dann ist Vaastav doch gar kein richtiger Gangsterfilm. Es ist ein Film über eine Familie der niederen Mittelklasse und was ihr zustößt. In meinen Augen war der Stoff brillant.

Shekhar: Ihre Rolle war brillant, und Sie haben auch Awards für sie bekommen.

Sanjay: Ja. Sie vermittelte eine Botschaft: „Geh nicht den falschen Weg, wie hart auch immer dein Leben sein mag – bleib auf dem rechten Weg!“ Außerdem ging es um Drogen und was sie einem Menschen antun. Der Film vermittelte also eine wichtige Botschaft.

Shekhar: Sehen Sie sich selbst in dieser Rolle? Als Markenzeichen für eine Anti-Drogen-Kampagne? Sie sind ja jemand, der keine Scheu davor hat, zuzugeben, dass er das selber durchgemacht hat.

Sanjay: Das haben sie uns in diesem Therapiezentrum beigebracht. Sie sagten, dass es nicht den geringsten Grund gibt, vor dem Bekenntnis „Ich war ständig auf Drogen“ zurückzuscheuen. Denn dann kann man anderen Menschen helfen. Wenn du davonläufst und sagst, du bist normal und nimmst doch fast keine Drogen – dann kannst du anderen keine Hilfe sein. Aber unsere Gesellschaft ist sehr verschlossen... die Menschen trauen sich nicht damit an die Öffentlichkeit.

Shekhar: Hierzulande teilen sich die Betroffenen nicht einmal ihren Familien mit. Und wenn, dann bleibt das ein Geheimnis innerhalb der Familie. Niemand gesteht in aller Öffentlichkeit.

Sanjay: Und diesen Menschen muss man beibringen, offen damit umzugehen. Es ist, wie mein Vater es mir gesagt hat: Man muss den Frauen in den kleinen Städten und Dörfern beibringen, dass nichts Falsches daran ist zu sagen, dass sie Brustkrebs haben. Und da ist ja auch nichts Falsches daran. Dann kann der Arzt einen untersuchen. Aber die Gesellschaft ist so verschlossen. Die Menschen verheimlichen ihre Probleme. Deshalb müssen wir sie aufklären.

Shekhar: Sanjay, da wir noch immer weit in Ihrer Vergangenheit sind, erzählen Sie uns ein wenig über Ihre erste Ehe. Wie Sie Ihre Frau kennengelernt haben. War nicht ihr Tod die zweite große Tragödie in Ihrem Leben?

Sanjay: Ich habe sie hier in Mumbai kennengelernt, und wir beschlossen zu heiraten. Also sprach mein Vater mit ihren Eltern, wir heirateten, und sie wurde schwanger mit meinem Baby. Und dann sollte ich zu Dreharbeiten, ich glaube, in Haryana, sie blieb hier, und dann musste ich umkehren. Sie war zu Besuch bei Verwandten in Delhi und sollte einen oder zwei Tage später nach Hause kommen. Ich war am Flughafen, und da kam eine Durchsage: „Mr. Sanjay Dutt, wenn Sie hier sind, kommen Sie bitte zum Telefon.“ Ich ging zum Telefon. Sie hatte schon früher immer mal wieder über Kopfschmerzen geklagt. Also ich ging zum Telefon, und am anderen Ende war ein Arzt, der mich fragte, ob ich meinen Flug canceln und zu dem und dem Krankenhaus kommen könne. Ich fragte: „Warum?“ Er sagte: „Es geht um Richa.“ Also ging ich dorthin und rannte in das Krankenhaus. Sie war gerade im Scan-Apparat, und er zeigte mir... dass sie einen Gehirntumor hatte.

Shekhar: Ich habe solche Scans von meiner Mutter gesehen...

Sanjay: Wirklich?

Shekhar: In sehr jungen Jahren, mit 36, und danach hast du nicht mehr allzu große Chancen.

Sanjay: So ist es. Wir flogen sie nach Mumbai, und wir flogen sie nach New York, wo ihre Eltern lebten. Und sie kam in das Sloan-Kettering Memorial Hospital, und eins kann ich Ihnen sagen: Sie war stark. Ich hoffe, und Gott segne sie, ich hoffe, sie ist glücklich dort, wo sie jetzt ist. Ich habe nie einen stärkeren Menschen gesehen als sie. Nie.

Shekhar: Stärker als Ihre Mom? Ihr Dad war nicht stark, das weiß ich, das war nur der Eindruck nach außen.

Sanjay: Nein, nein, sie war stark. Sie unterzog sich drei Schädeloperationen und der Chemotherapie und verlor dabei nie dieses Lächeln in ihrem Gesicht. Das war einfach erstaunlich.

Shekhar: Und Sie hatten ein Baby?

Sanjay: Und ich hatte ein Baby. Und es ist nicht zu glauben, aber bis zum letzten Moment, bis zum Augenblick ihres Todes hatte meine Frau dieses Leuchten!

Shekhar: Nicht viele Menschen der Öffentlichkeit, die wir kennen, mussten durch solch raue Zeiten gehen wie Sie. Und wer hat schlimmere Zeiten durchlebt als Sie!

Sanjay: Ich glaube, ich bin der Erwählte. Ich denke, Gott setzt dich solchen Prüfungen aus und schaut, wie du damit fertig wirst. Ich habe das Gefühl, es ist mein Schicksal, mich ihnen zu unterziehen, und dem muss ich mich stellen.

Shekhar: Sie sind eine großartige Reklame für Gott und Schicksal, denn Sie erhalten das Beste und das Schlimmste. Manchmal in ganz schneller Abfolge. Wie geht ein heranwachsender Mann damit um?

Sanjay: Ich glaube an das Schicksal.

Shekhar: Ihr Leben war wie das indische Cricket-Team!

Sanjay: Sagen Sie das nicht... nicht ausgerechnet jetzt! (lacht)

Shekhar: Also, wie bewältigt man solche Achterbahnfahrten?

Sanjay: Ich denke, man muss einfach damit fertig werden, einfach lernen, anstatt darüber nachzugrübeln.

Shekhar: Aber Sie grübeln doch!

Sanjay: Manchmal.

Shekhar: Sie haben grüblerische Augen, das weiß ich.

Sanjay (lacht): Ich finde, man sollte einfach aus seinem Leben lernen.

Shekhar: Gab es Zeiten, in denen Sie wütend auf Gott waren und „Was zum Teufel!“ sagten?

Sanjay: Ja, natürlich war ich wütend auf Gott. Ich sagte dann immer: „Warum ich?“ Aber „warum ich?“ löst deine Probleme nicht. Es ist besser, Gott auf deiner Seite zu haben, anstatt ihn zu bekämpfen.

Shekhar: Und dann kommt ein Munnabhai, und die Menschen stehen Schlange, um für Sie zu beten und Sie zu unterstützen. Da haben Sie wohl nicht gesagt „Warum ich?“.

Sanjay: Absolut.

Shekhar: Wie ertragen Sie also die Verletzungen, den Stress, die Spannungen?

Sanjay: Um ehrlich zu sein, ich weiß wirklich nicht, wie ich das schaffe. Anfangs stellte ich mir immer vor, meine Mutter sitzt da oben und hält Kontrolle über all das Elend. Und jetzt mein Vater. Ich denke, sie sind beide da draußen. Ihr Segen ist mit mir. Aber ich weiß es wirklich nicht genau.

Shekhar: Und Ihre Schwestern ducken Sie? Halten Sie unter Kontrolle?

Sanjay: Nein, sie sind wunderbare Schwestern. Ich bin wirklich stolz auf Priya. Sie ist in Vaters Fußstapfen getreten, und sie leistet tolle Arbeit! Sie macht sich wirklich gut, und ich bin so stolz auf sie!

Shekhar: Nehmen Sie uns ein Stück zurück in Ihre Kindheit mit. Sie waren auf einem Internat. Ich hatte ja daran gedacht, dieses Interview in Sanawar zu drehen, aber das haben wir vom Termin her nicht hingekriegt. Sie waren von Ihrer Familie getrennt. Mit Ihrer Familie gab es immer interessante Zeiten. Aber erzählen Sie uns von den Zeiten, als Sie dort waren und Ihre Familie nicht.

Sanjay: Nun, anfangs, nachdem Mom und Dad mich dort abgeliefert hatten, war ich zwei oder drei Tage lang verstört darüber, meinen Eltern entrissen worden zu sein. Aber dann, Sie wissen, wie Internate sind. Sie finden Freunde, und dann...

Shekhar: Ich glaube, die erste Zeit in der Schule war ziemlich hart für Sie... hat man Sie Mutproben unterzogen oder Ihnen gemeine Streiche gespielt?

Sanjay: Nein, „ragging“ gab es nicht. Nur was jeder ältere Schüler mit einem jüngeren tun würde, also nichts Besonderes.

Shekhar: War es schwierig für ein Promi-Kind? Ihre Eltern waren schließlich Mega-Berühmtheiten.

Sanjay: Nein, das war nicht schwierig. Es gab keine Ausnahmen für mich. Weder von Seiten der Lehrer noch von Seiten der Schüler. Als Junior war ich ein Junior wie alle anderen auch und bekam das Gleiche und musste das Gleiche tun wie sie. Und als wir die Seniors wurden, machten wir mit den Juniors genau das Gleiche. Aber die Schule war einfach erstaunlich. Das war eine der besten Entscheidungen, die meine Eltern je getroffen haben: „Schickt ihn nach Sanawar und macht einen Mann aus ihm.“ Es war großartig. Die Freunde, die wir in der Schule finden, treffen wir später vielleicht nicht jeden Tag, aber wir sind immer füreinander da.

Shekhar: Sie haben noch immer Kontakt zu ihnen?

Sanjay: Ja, habe ich.

Shekhar: Und wann ging es dann mit der Filmerei los?

Sanjay: Nach meinem Schulabschluss, als ich im College war. Damals sagte ich meinem Dad, dass ich daran interessiert sei.

Shekhar: Und bei Ihrer Figur, Ihrem Aussehen und angesichts der Tatsache, dass Sie Sunil Dutts Sohn sind, war das wohl auch der naheliegendste Weg, oder?

Sanjay: Ja. Rocky. Es war Dads Plan, dass ich gleich alles auf einmal bieten sollte: Romanze, Musik, Kampfszenen, Komödie. Rocky war Dads Art, den Leuten zu sagen: „Mein Sohn kann das alles.“

Shekhar: Komischerweise hatte Ihr Dad zwar auch dieses toughe Image – gut gebauter Punjabi, der er war –, aber einige seiner unvergesslichsten Rollen waren entweder in Komödien wie Padosan oder sehr sanfte, romantische Rollen wie Milan.

Sanjay: Ja.

Shekhar: Und doch hat es eine Weile gedauert, bis Sie zu Romanzen aufstiegen.

Sanjay: Ich nahm mir die Zeit (lacht). Damals war Action ganz groß geschrieben – der Hero, der 15 bis 20 Leute, alles Schurken, fertigmachte, am besten auf einen Streich. Und all diese Dialoge – „Mein tujhe jaan se maar daaloonga.“

Shekhar: Was empfinden Sie als Höhepunkt aus dieser Zeit? Welches sind Ihre Lieblingsfilme von damals?

Sanjay: Da war Jaan Ki Baazi. Mera Haque, Naam-O-Nishan, Taaqatwar... diese Art von Filmen.

Shekhar: Und dann kam Saajan.

Sanjay: Dann kam erstmal Naam, ein weiterer Wendepunkt in meinem Leben. Dann Sadak und Saajan.

Shekhar: Und damit ließen Sie die ganze Reha-Phase hinter sich. Und die Filmindustrie und Ihre Fans taten das auch.

Sanjay: Ja, genau.

Shekhar: Und wann ging die Spaßphase los? Ich meine damit David Dhawan, mit dem Sie einige Slapstick-Komödien gemacht haben. Erzählen Sie uns Ihren Weg zu Munnabhai.

Sanjay: Munnabhai... also zunächst mal habe ich... Vinod Chopra gehört für uns quasi zur Familie. Er steht uns sehr nahe, meinem Vater und uns allen.

Shekhar: Einer der Kreativsten überhaupt.

Sanjay: Ja, ich drehte den Film Mission Kashmir mit ihm, und damals wurden wir enge Freunde. Ich sagte ihm, ich will in jedem deiner Filme mitwirken, und wenn es nur für eine Szene ist, du musst mich irgendwie mit einbauen. Also rief er mich für Munnabhai an, gab mir das Skript zu lesen, und ich las die Geschichte von dem Gangster, der ein Arzt werden will. Und ich sagte ihm, ich mach es. Aber ich hätte wirklich nie gedacht, dass Munnabhai MBBS das werden würde, was es geworden ist. Und als ich den Film dann sah, wurde mir klar, was für einen großartigen Film er gemacht hatte. Und Munna und Circuit werden von Dauer sein.

Shekhar: Wie James Bond wird möglicherweise auch Munnabhai künftig von mehreren Schauspielern gespielt werden.

Sanjay: Wenn Gott es will, ja.

Shekhar: Bis jetzt gab es fünf James Bonds.

Sanjay: Ja.

Shekhar: Und die Sprache in Munnabhai kam von Rajkumar Hirani?

Sanjay: Ja. Er kann reden wie ein Gangster in Mumbai. Das hat er schon in der Schule getan, das ist das Schöne daran.

Shekhar: Und Sie hatten keine Bedenken, einen Gangster zu spielen, angesichts der Tatsache, dass Sie noch in einem laufenden Verfahren und in einer Menge Komplikationen steckten?

Sanjay: Munnabhai ist kein Gangster. Er ist ein liebenswerter Mensch. Er löst die Probleme anderer. Und das finde ich brillant. Und jeder Munnabhai-Film vermittelt eine wirklich wichtige Botschaft.

Shekhar: Glauben Sie an Gandhigiri?

Sanjay: Ich habe schon immer an Gandhigiri geglaubt.

Shekhar: Inwiefern?

Sanjay: In Bezug auf Gewaltlosigkeit und Frieden. Und dank Lage Raho Munnabhai wurde das Gandhigiri berühmt. Ansonsten hätte doch inzwischen jeder vergessen, was Gandhiji gesagt hat.

Shekhar: Hatten Sie in punkto Kino auch harte Zeiten in Ihrer Karriere?

Sanjay: Ja. Wenn du die falschen Filme machst, kassierst du eine Serie von Flops. Dein Marktwert geht runter. Dann musst du erneut zu kämpfen anfangen. Jeder Freitag, an dem ein Film rauskommt, ist ein Kampf für uns. Ich bin durch magere Zeiten gegangen, in denen meine Filme nicht gut liefen. Dann saß ich zu Hause und habe versucht, zu arbeiten. Dann kriegst du ein Angebot, und wenn es interessant ist, machst du es. Und bist wieder im Rennen.

Shekhar: Wer sind, im Bereich des Kinos, Ihre Freunde? Mit wem kommen Sie am besten klar? Mahesh...

Sanjay: Mahesh Manjrekar, Vinod Chopra, Rajkumar Hirani, Sanjay Gupta. Mit Gupta mache ich gerade einen sehr interessanten Film, in dem ich die Hauptrolle spiele. Er heißt Shootout At Lokhandwala.

Shekhar: Das ist der Film über jenes berühmte Ereignis mit ACP Khan, bei dem Mitglieder der Gang von Dawood Ibrahim getötet wurden.

Sanjay: Und diesen ACP Khan spiele ich. Es ist ein sehr interessanter Film.

Shekhar: Im Moment machen solche Schusswechsel ja auch Schlagzeilen.

Sanjay: Absolut.

Shekhar: Und das erstaunt mich jetzt schon wieder. Sie haben keine Skrupel, solche Filme zu machen?

Sanjay: Aber ich spiele doch...

Shekhar: Hat keiner Ihrer Anwälte Ihnen jemals gesagt „Zehn Jahre lang nichts mit Gangstern“?

Sanjay: Das ist meine Arbeit. Ich arbeite, ich spiele. Das hat also nichts mit Gangstern zu tun. Und in Shootout At Lokhandwala spiele ich einen Police Officer, A.A. Khan.

Shekhar: Ein guter Cop.

Sanjay: Ja, ein guter Cop.

Shekhar: Sie hatten wirklich ein interessantes Leben – viele andere würden sich wünschen, wenigstens die Hälfte Ihres interessanten Lebens zu erleben, und die andere Hälfte besser nicht. Nennen Sie mir ein paar der lustigsten und ein paar der schwierigsten Momente, also keine Phasen.

Sanjay: Als ich meinem Vater gestand, dass ich drogensüchtig bin. Das war ein furchtbarer Moment für mich, zu ihm zu gehen und ihm zu gestehen, dass ich auf Drogen war. Als ich verhaftet wurde und mein Vater mich in Handschellen sehen musste – das war sehr schmerzvoll für ihn.

Shekhar: Erzählen Sie uns auch ein paar große Momente.

Sanjay: Mein Vater hatte Munnabhai MBBS gesehen, und er scheute immer sehr vor den Worten „ich liebe dich“ zurück. Also rief er mich eines Tages zu sich; er saß da und nippte an seinem Wein. Und dann schaut er mich an und sagt: „Du bist ein großer Schauspieler geworden.“

Shekhar: Nach Munnabhai MBBS.

Sanjay: Er sagte: „Ich bin stolz auf dich.“ Dann umarmte er mich und sagte: „Ich liebe dich, mein Sohn.“

Shekhar: Das war ein jadoo ki jhappi (Magic Hug).

Sanjay: Das war ein großer Moment für mich. Und ich wette, er hätte das nach Lage Raho Munnabhai auch gemacht. Denn er hatte sich das Skript angehört und war sehr glücklich darüber.

Shekhar: Bereuen Sie etwas in Ihrem Leben?

Sanjay: Unter anderem, dass ich meine Eltern immer als selbstverständlich betrachtet habe. Und ich habe das Gefühl, ich hätte mehr Zeit mit meiner Mom verbringen müssen. Meine Mutter hat mir immer gesagt: „Eines Tages, wenn ich nicht mehr da bin, wirst du es merken.“ Damit hatte sie absolut Recht. Mit Dad war es das Gleiche. Ich ging ganz in meiner Arbeit auf, und er in seiner Tätigkeit als Sportminister. Ich habe ihn kaum gesehen. Und das bereue ich zutiefst. Ich hätte mehr Zeit mit ihnen verbringen können.

Shekhar: Oft bedauern Eltern auch Versäumnisse an ihren Kindern. Verbringen Sie genug Zeit mit Ihrer Tochter?

Sanjay: Ich bin bei ihr, wann immer es mir möglich ist. Manchmal besucht sie mich hier. Und wenn ich außerhalb des Landes Drehtermine habe, rufe ich sie an und schlage ihr vor, dass wir uns treffen. Wir verbringen viel Zeit zusammen.

Shekhar: Tyrannisiert sie Sie?

Sanjay. Und wie! Ich bin sehr stolz darauf, dass sie heute auf das John Jay College of Criminal Justice geht. Sie studiert Gerichtswissenschaften. Sie hat beim FBI und bei der Regierung gearbeitet, das ist sehr gut. Und es ist gar nicht leicht, in so ein College reinzukommen. Und ihre Zensuren sind durch die Bank sehr gut.

Shekhar: Wenn Sie so zurückdenken, Sanjay, gibt es Dinge, die Sie anders hätten machen können? Wobei natürlich niemand das Schicksal ändern kann.

Sanjay: Natürlich hätte ich einiges anders machen können. Ich meine, im Internat ist es ein Muss, auch mal die Regeln zu brechen. Das lernt man im Internat. Ich hätte vorsichtiger sein und auf meine Eltern hören können. All diese Dinge sind sehr wichtig.

Shekhar: Worauf freuen Sie sich jetzt?

Sanjay: Einfach nur auf ein friedliches Leben, einfach mit meiner Familie zusammenzusein, viel gute Arbeit und karitative Einsätze zu leisten... alles, was auch mein Vater getan hat. In Frieden sein.

Shekhar: Wenn ich Sie so betrachte, dann kann ich Ruhe in Ihrem Gesicht sehen. Auf Wiedersehen, und alles, alles Gute!

(Deutsch von Diwali)

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