Dienstag, 22. Mai 2007

Filmfare 6/1994: Sunil Dutt

Filmfare, Juni 1994: Accused!
(Original: Link 1 - Link 2)

Sunil Dutt: „Warum sollte ich die Qual verlängern?“
Sunil Dutts Ansichten über die Entwicklungen des Falles Sanjay Dutt


Er spielt die schwierigste Rolle seines Lebens – den Vater, der klarkommen muss mit den Drehungen und Wendungen in dem Gerichtsfall, in den sein Sohn Sanjay Dutt verwickelt ist.

Samstagabend, in seinem Haus, er sieht sehr gestresst aus. Er ist ein Star unter den Parlamentsmitgliedern, der das Gefühl hat, jetzt die Leviten dafür gelesen zu bekommen, dass er seinen Job gemacht hat und den Opfern der kommunalen Unruhen zu Hilfe geeilt ist, ganz gleich welcher Kaste und welchen Glaubens.

„Auch wenn ich sterbe, auch wenn ich dafür umgebracht werde, ich werde niemals meine säkulare Einstellung ändern,“ sagt er mit einer Gefühlsaufwallung. „Man macht den reinsten Zirkus aus unserer schlimmen Lage. Eine Zeitung druckte Sanjays Foto und beschrieb ihn als den ‚Angeklagten Nr. 1’. Ist das fair? Warum übertreibt und verdreht man die Dinge dermaßen?“

Sunil Dutt erinnert sich an die Tage, als Sanjay als kleiner Dreikäsehoch die Truppe von Ajanta Arts zur Unterhaltung der jawans in das von Konflikten zerrissene Bangladesh begleitet hatte. „Er ist als Nationalist erzogen worden,“ verteidigt ihn der verzweifelte Vater. „Warum will man ihn nun grundlos in antinationalistische Aktivitäten hineinziehen?“

Geduldig beantwortet der Vater unsere Fragen:


*

Welche legalen Probleme liegen nun vor Ihnen?

„Wir sind bereit zu akzeptieren, was immer das Gericht beschließt. Es heißt, dass wir Sanjays Verhandlung hinauszögern. Ich möchte betonen, dass Sanjay Dutt in keiner Weise verantwortlich ist für irgendwelche Hemmnisse bei seinem Verfahren. Nicht ein einziger Akt kann ihm zugeschrieben werden, der die Behauptung rechtfertigte, er hätte versucht, sein Verfahren hinauszuzögern.

Ich fühle mich verletzt dadurch, dass niemand über die konstruktive Arbeit schreibt, die meine Familie und ich während und nach den Unruhen geleistet haben. Bösartige Elemente haben mich beschuldigt, pro-muslimisch zu sein; aber ich stand lediglich auf der Seite der Opfer. Wenn ich zu einem padayatra in den Punjab fuhr, machte mich das dann automatisch pro-hinduistisch? Wirklich, ich verstehe das nicht... Fundamentalisten aller Art versuchen, mich zu einer politischen Aussage zu provozieren... Als ich meinen Rücktritt als Mitglied des Parlaments bekanntgab, haben führende Zeitungen auf der Titelseite geschrieben, dass ich ein Mann mit Gewissen sei. Jetzt plötzlich bin ich überall der Böse... Und dennoch habe ich die Hoffnung noch nicht verloren. Am ersten Jahrestag der Bombenanschläge brachte eine Abendzeitung Interviews mit einigen der Opfer von Nehru Nagar, Worli... und sie erzählten dem Reporter, dass nur Sunil Dutt ihnen damals Hilfe gesandt habe...

Sanjay, Rajendra Kumar und ich haben nach dem Erdbeben in Latur und Usmanabad Rs. 37 lakhs von NRIs und unseren Freunden in Indien gesammelt (Oktober 1993, Anm. Diwali). Diese Summe übergaben wir dem Hilfsfonds des Premierministers – aber darüber schreibt niemand, obwohl wir Pressenotizen an jede Zeitung geschickt haben. Sanjay selber hat Rs. 1 lakh aus seiner Privatschatulle für den Fonds gespendet. Der Junge ist extra Hals über Kopf von einem Drehtermin in Kerala zurückgekommen, als er von der Spenden-Sammelaktion der Filmindustrie für die Erdbebenopfer erfahren hatte.“

Glauben Sie, dass jetzt ein noch stärkerer Fall gegen Sanjay aufgebaut wird?

„Was kann ich zu solchen Gerüchten sagen? Wo kommen die her? Alles was ich weiß, ist, dass die Menschen und das Land auf unserer Seite stehen; überall, wo Sanjay und ich zuletzt hinkamen, hat man uns mit Unterstützung und Zuneigung überhäuft. Ich sage Ihnen aus voller Überzeugung: Mein Sohn ist unschuldig... er ist nicht anti-national... und er ist nicht involviert in irgendeine Verschwörung oder in die Anschläge. Wäre er es, dann wäre ich der erste, der das den Menschen mitteilen würde. Meine einzige Bitte ist, dass man dem Gesetz seinen Lauf lässt. Wir glauben fest an unsere Rechtssprechung.“

Würden Sie sagen, dass eine motivierte Kampagne gegen Sanjay läuft?

„Definitiv. Aber ich meine, die Medien sollten eine solche Kampagne nicht auch noch unterstützen. Was für einen Vorteil hätte Sanjay denn aus den Bombenanschlägen für sich gezogen? Überhaupt keinen.“

Was sagen Sie zu der neuen Entwicklung, dass die Anwälte sich aus dem Fall zurückziehen?

„Ich bin ein emotionaler Mensch. Ich vermag die Komplexitäten des Rechtssystems nicht auszuloten. Dies ist das erste Mal, dass ich regelmäßige Besuche beim Gericht mache. Als Junge hatte ich panische Angst vor Gerichten... und vor Krankenhäusern. Aber die Umstände haben mich gezwungen, so viele Tage meines Lebens erst in Krankenhäusern und nun bei Gericht zu verbringen. Trotzdem sehe ich auch die andere Seite der Münze. Hätte meine Frau (Nargis) nicht an Krebs gelitten, dann hätte ich nie etwas über diese tödliche Krankheit erfahren. Dass ich ihr Leiden aus nächster Nähe miterlebte, brachte mich dazu, Gelder für medizinische Ausrüstung für indische Krankenhäuser im Wert von zwei Millionen Dollar aufzutreiben.

Was Ihre Frage nach dem Rückzug der Anwälte betrifft: Wir sind dafür nicht verantwortlich. Schließlich liegt uns nichts an einer weiteren Hinauszögerung des Falles.“

Haben Sie bereits neue Anwälte im Auge?

„Nein, noch nicht. Aber wir werden Sanjays Fall weiter ausfechten bis zum Supreme Court.“

Wie waren die Reaktionen der Politiker in Delhi?

„Sie waren sehr unterstützend.“

Gibt es irgendwelche Restriktionen gegen Sanjays Reisen ins Ausland?

„Nein, es gibt keine Restriktionen. Erst vor kurzem war er auf Mauritius. Er muss lediglich die Behörden vorher informieren, wenn er ins Ausland reist.“

Letzte Frage. Jüngste Nachrichten besagen, dass Sie vorhaben, Ihren Bungalow und Ihren Grundbesitz auf Pali Hill zu verkaufen. Stimmt das?

„O Gott! Wissen Sie, ein paar Zeitungen haben sogar bereits geschrieben, dass wir planen, all unseren Besitz zu veräußern und das Land zu verlassen. Ich bin während der Partition hierhergekommen... wo könnte ich jetzt hingehen? Dies ist mein Land, mein Leben gehört ihm. Warum sollten wir das Land verlassen, das uns alles gegeben hat? Niemals werden wir die Menschen verlassen, die uns ihre grenzenlose Liebe und Zuneigung geschenkt haben.“

(Deutsch von Diwali)

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