Samstag, 14. April 2007

Rediff 29.11.2006: Interview mit Priya Dutt

Rediff, 29. November 2006

Interview mit Priya Dutt
"Nach 13 Jahren hat Sanjay zum ersten Mal ohne Anspannung geschlafen"

Einen Tag nach dem gemischten Urteil, das ihn von jeglicher Beteiligung in den Mumbai-Attentaten 1993 entlastet, ihn jedoch wegen illegalem Waffenbesitz schuldig sprach, bot die Residenz des Schauspielers Sanjay Dutt Pali Hill in der westlichen Region Mumbais, Bandra, ein Bild der Ruhe.

Einige wenige Freunde und Gönner hielten sich in der Residenz auf, gemeinsam mit der jüngeren Schwester des Schauspielers und der Kongressabgeordneten des Nordwesten Mumbais, welche ihnen für ihre Unterstützung danke.

Priya sprach mit dem Chefkorrespondenten Syed Firdaus Ashraf darüber, wie ihr älterer Bruder und die Familie mit diesen harten Zeiten umgegangen sind.


20 Stunden später, was tut Sanjay Dutt gerade?

Priya: Er schläft. Ich denke, es ist die längste Zeit, die er in seinem ganzen Leben geschlafen hat.

Wie war die Situation beim gestrigen Abendessen der Familie, dem ersten seit dem Urteil?

Priya: Die Familie kam zusammen, und wir trafen einige Freunde.

Aber es muss doch einige Diskussionen über den Fall gegeben haben?

Priya: Es gab keine Diskussion. Manchmal können Worte nicht ausdrücken, wie man sich fühlt - genauso war es für uns alle. Da war einfach nur ein Gefühl der Erleichterung. Wir alle waren sprachlos. Das Wort "Terrorist" war durch das Urteil von uns genommen, und das war die größte Erleichterung für uns. Wir wussten zwar alle, dass er kein Terrorist ist, aber diese Aussage hat trotzdem sehr viel für uns bedeutet. Momentan ist es noch zu früh zum Feiern, da der rechtliche Kampf noch nicht vorüber ist.

Nachdem Sanjay entlastet war, wen hat er zuerst angerufen?

Priya: Es war ein sehr emotionaler Moment für ihn. Er rief seine Tochter Trisha an. In den USA war es zwei Uhr morgens und sie sah die Nachrichten gemeinsam mit ihren Großeltern. Dann sprach Sanjay mit ihr.

Was hat Sanjay letzte Nacht noch getan?

Priya: Er ging früh schlafen. Wie ich schon sagte, nach 13 Jahren war es die erste Nacht, die er frei von Anspannung schlief.

Wie sehr vermissen Sie und Sanjay Ihren Vater?

Priya: Mein Vater war eine Quelle der Stärke für uns alle. Er schützte immer die Familie. Gestern fühlten wir uns ohne ihn sehr einsam. Ich vermisse ihn sehr, aber wir wissen, dass er immer noch bei uns ist.

Wie sehr hat Sanjay sich in den letzten 13 Jahren persönlich verändert?

Priya: Diese 13 Jahre haben ihn reifen lassen. Er ist heute viel zurückhaltender.

Was hat er zu Ihnen nach dem Urteil gesagt?

Priya: Es war ein schöner und glücklicher Moment. Doch wir müssen uns noch mehr Dingen stellen. Gestern wollten wir darüber nicht sprechen, es war zuviel, um damit umzugehen. Wir hatten ausreichend vor dem Urteilsspruch gesprochen. Außerdem musste er dringend schlafen - und ist bisher noch nicht wieder aufgewacht. Die Erleichterung wird erst noch kommen.

Was sind die politischen Auswirkungen für Sie?

Priya: Ich würde diese Angelegenheit niemals unter dem Blickwinkel betrachten, ob es hilfreich für meine politische Karriere ist. Das ist eine Familienangelegenheit, und ich würde sie niemals als politisches Mittel einsetzen.

Hat irgendeiner von Sanjays Fans irgendwas Verrücktes nach dem Urteil gemacht?

Priya: Wir wurden mit Anrufen und Briefen bombardiert. Wir bekommen Süßigkeiten und Fanpost. Ich möchte an dieser Stelle jedem danken, der in dieser Zeit der Krise mit uns war. Ich fühle, dass die Gebete eines jeden für uns gearbeitet haben.

Wurden Sie wirklich während der Mumbaier Unruhen bedroht?

Priya: Ja, natürlich. Wir waren an Hilfsprojekten in den muslimischen Gebieten während der Unruhen involviert. Wir halfen Flüchtlingen. Zu dieser Zeit war ich oft allein zu Hause und erhielt persönlich Drohanrufe. Ich erinnere mich, wie mein Vater einmal auf den Straßen festsaß, weil überall geschossen wurde. Das waren furchtbare Tage. Der Mob kam zu Tausenden und schrie neben unserem Haus: "Wir werden euch verbrennen!". Ich war als einzige zu Hause.

An was erinnern Sie sich noch aus diesen Tagen?

Priya: Ich weiß noch, dass Dilip Kumar und Saira Banu kamen und mir sagten, ich solle mit zu ihnen kommen. Später fand ich heraus, dass sie ebenfalls Drohanrufe bekommen hatten. Ich erinnere mich an Menschenmengen, die während der ganzen Nacht aufblieben. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens.

Ihr Vater stand für die Einheit ein. Wie erinnern Sie sich an ihn, in diesem glücklichen Moment?

Priya: Ich denke, Indiens Fortschritt hängt von der Einheit ab. Mein Vater war ein Patriot. 13 Jahre lebte er mit dem Stigma, dass sein Sohn ein Terrorist wäre. Das war das Schlimmste, was einem Mann wie ihm passieren konnte. Wäre er noch am Leben, hätte er jetzt Frieden gefunden. Ich weiß, wo immer er nun ist, er hat seinen Frieden. Er liebte Indien und tat alles im Interesse seines Landes. Ich bin glücklich, dass Sanjay von den Terroristenvorwürfen ferigesprochen wurde.

Hat Sunil Dutt vor seinem Tod irgendetwas über Sanjay gesagt?

Priya: Er starb zu plötzlich. er sagte zu mir nichts über Sanjay, aber er tat alles, was er im Leben tun wollte. Er hatte nichts zu bereuen. Das einzige, was er sich zu sehen wünschte, war, dass Sanjay aus der Sache herauskommt, und wenn er noch am Leben wäre, wäre dies jetzt das größte Geschenk, das er jemals erhalten hätte.

(Deutsch von Sujen)

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