Mittwoch, 4. April 2007

Qurbani Rang Layegi (1991)

Zur Story: Der Sänger Jai Kishen (Sujit Kumar) wird von dem Thakur (Ram Mohan) und dessen Männern attackiert und tötet dabei einen von ihnen, wofür er zu vierzehn Jahren Gefängnis verurteilt wird. Der Bettler Hamid (Satyendra Kapoor) wird in dieser Zeit für Jais kleinen Sohn Raj zum Ersatzvater. Jahre später ist aus Raj (Sanjay Dutt) ein unbekümmerter Straßenrowdy geworden, der sich zusammen mit seiner geliebten Basanti (Padmini Kolhapure) und deren Bruder Daddu (Paintal) mit Straßenshows durchs Leben schlägt. Als Poonam (Poonam Dhillon), die Tochter des Thakurs und wie ihr Freund, der Sänger Vicky (Shakti Kapoor), im Showgeschäft tätig, Rajs gesangliche Fähigkeiten entdeckt, nimmt sie ihn unter ihre Fittiche und bringt Basanti dazu, sich selbst bei Raj zu diskreditieren, damit er sie aufgibt und sich ganz seiner Karriere verschreibt. Bald steht Raj zwischen allen Fronten: Er hat gelernt, Basanti zu hassen, liebt sie aber noch immer; Poonam versucht, ihn für sich zu gewinnen; der eifersüchtige Vicky verbündet sich mit Tony (Gur Bachchan Singh), der Raj schon einmal um ein Haar getötet hätte; und zu allem Überfluss kommt nun auch noch sein Vater frei, und die alte Feindschaft mit dem Thakur flammt wieder auf...

Himmel, wie lang haben sie denn an diesem Film gedreht? Die frühesten Aufnahmen stammen ja glatt noch aus Sanjays Drogenzeit in den frühen 1980er Jahren, die meisten dann aus der zweiten Hälfte der 1980er, also der Zeit nach seinem Entzug, und als Krönung gibt es auch noch einige Vokuhila-Szenen, die demnach um 1990 herum entstanden sein müssen. Was dann am Ende dabei rauskam und 1991 veröffentlicht wurde, war ein Murks, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Ich dachte bislang, Yeh Lamhe Judaai Ke sei in dieser Hinsicht das Ende der Fahnenstange – aber verglichen mit Qurbani Rang Layegi ist jener Shahrukh-Raveena-Verschnitt glatt ein Kandidat für die Berlinale. Wohl hatte der Film brauchbare Anlagen (u.a. eine Story mit – wie schön! – zwei starken Frauenrollen, die im Kern ein wenig auf Chaahat vorausweist), wurde aber in der Entstehung so lange verschleppt, bis ein geschlossenes Ganzes einfach nicht mehr möglich war.

Nicht nur, dass Sanjay logischerweise in wirklich jeder Szene anders aussieht – da wechseln nicht nur die Frisuren, sondern auch die Haarfarben, und da können selbst die neckisch-bunten Häkelkäppchen, die man ihm in den frühen Szenen übergestülpt hat, nicht davon ablenken –, offensichtlich hat man sich auch jedes Mal, wenn man sich nach ein paar Monaten oder Jahren mal wieder an dieses Projekt erinnert hat, auch gleich mal nochmal über das Drehbuch hergemacht. Mit dem Ergebnis, dass nichts mehr stimmt. Die Story hat Löcher, in denen man die Macher versenken könnte und nur zu gerne würde, die Szenen sind bunt zusammengeflickt wie ein misslungener Quilt, und so holpert und rumpelt das Ganze gut zwei Stunden lang vor sich hin. Musikalisch ist ihnen so gut wie nichts eingefallen; das an Beethovens Elise gemahnende Hauptmotiv wird in allen Variationen wiedergekäut, bis man es nicht mehr hören kann; und wenn man schon als Insidergag das Tamma-Tamma-Motiv aus dem Sanjay-Film Thanedaar verwenden will, dann darf man es nicht als kaum hörbare Hintergrundmusik bei einer Party vergeuden.

Und hat sich eigentlich wenigstens ein Mensch mal das Endergebnis angesehen, bevor man das indische Kinopublikum um dessen sauer verdientes Geld betrog? Sind denn niemandem die haarsträubenden Fehler aufgefallen? Daddu und seine Kumpel sind sauer auf Raj und lassen ihn stehen, weil er Basanti so mies behandelt, und im nächsten Augenblick kleben sie hingebungsvoll seine Konzertplakate an die Wände? Jai Kishen braucht nach einem denkbar demütigenden Zusammentreffen mit dem Thakur nach seiner Entlassung aus dem Knast nur eine weitere Szene, um ihn der Verbindung Poonam-Raj freudig zustimmen zu lassen? Raj sucht, fast irre vor Reue und Verzweiflung, nach seiner Basanti, hat jedoch nur eine Sekunde später nichts Besseres zu tun, als als Elvis-Travolta-Verschnitt vor jubelndem Publikum über die Showbühne zu fegen?

O Mann, ich habe diesem Machwerk schon viel zu viel Zeit, Energie und Platz gewidmet. Also nochmal kurz und deutlich: Finger weg. Es sei denn, man hat Lust auf eine Sanjay-Zeitreise. Oder auf das vielleicht unerträglichste Beispiel der nicht zu fassenden Unbekümmertheit, mit der das Hindi Cinema seinem Publikum derartiges Flickwerk aus unterschiedlichsten Epochen mit entsprechenden Handlungslöchern und Anschlussfehlern zumutet – denn Qurbani Rang Layegi ist weiß Gott nicht das einzige Ergebnis dieser Praktiken. Aber mit Sicherheit eines der bescheuertsten. Sanju sollte hoffen und beten, dass diesen Schrott außer mir niemand wiederentdeckt.

Produktion: K.K. Talwar; Regie: Raj Sippy
130 Min.; DVD: T-Series, ohne UT
Haarfaktor

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