Zur Story: Munnabhai (Sanjay Dutt), der mächtigste und gefürchtetste Don Mumbais, hat Ärger mit dem abtrünnigen Pillai (Ashish Vidyarthi) und dessen Bruder (Mukesh Rishi), die ihn töten und seinen Platz einnehmen wollen. Während einer Auseinandersetzung mit Pillai begegnet Munnabhai der schönen Komal (Aishwarya Rai) und verliebt sich derart in sie, dass sein Herz liebeskrank wird und er keine Untaten mehr begehen kann. Um ihn von dieser Krankheit zu kurieren, schleppen ihn seine Kumpel Pappu Pager (Satish Kaushik) und Munna Mobile (Annu Kapoor) zu dem Arzt Dr. Rastogi (Amitabh Bachchan) – ohne zu wissen, dass er Komals älterer Bruder ist. Und da auch Dr. Rastogi keine Ahnung hat, dass das Objekt von Munnabhais Liebessehnsucht seine eigene Schwester ist, ermuntert er ihn auch noch dazu, seiner Liebe nachzugehen, da dies seine einzige Heilungschance sei. Komal ist jedoch anderweitig verliebt, nämlich in Raja (Ajay Devgan), der allerdings nicht gerade der Wunschschwager von Dr. Rastogi ist und jetzt mit dem verliebten Munnabhai auch noch ein weiteres Problem am Hals hat...
Um ein weit verbreitetes Missverständnis von Anfang an aus dem Weg zu räumen: Hum Kisise Kum Nahin von Afzal Khan und David Dhawan hat nichts zu tun mit den späteren Munnabhai-Blockbustern von Vidhu Vinod Chopra und Rajkumar Hirani. Dass Sanjay Dutt auch hier einen Don namens Munnabhai spielt, ist eine rein zufällige Namensgleichheit. In gewisser Weise könnte man diesen Bhai im Nachhinein jedoch glatt als Vorstudie zu den späteren Munnabhais betrachten – in jedem Fall jedoch als eine Art Übergang oder Bindeglied zwischen dem wirklich ernsthaften und gnadenlosen Don Raghubhai in Vaastav und dem liebenswerten Don Munnabhai mit dem kindlichen Gemüt, wie Sanjay ihn später in den Hirani-Filmen kreiert hat. In Hum Kisise Kum Nahin tritt er anfangs noch auf wie Raghubhai persönlich – gleiches Outfit, teurer Goldschmuck, Haare zurückgegelt und jederzeit sofort mit der Knarre zur Hand; aber von dem Moment an, da er von der „Krankheit Liebe“ befallen wird, baut er dieses Raghubhai-Image Szene für Szene ab und kehrt die weichen und liebenswerten Seiten Munnas heraus, ohne dabei jedoch jemals den Don völlig aus den Augen zu verlieren. Auf diese Weise gestaltet Sanjay trotz der z.T. massiven komödiantischen Einsprengsel eine durch und durch glaubwürdige Figur, die – obwohl an sich der „Böse“ und Gegenspieler der „Guten“ (Komal, Raja, Rastogi) – von Anfang bis Ende die Sympathien des Publikums behält. Selten dürfte man es bei einer Dreieckskonstellation „zwei Männer lieben eine Frau“ so sehr beiden Männern gewünscht haben, am Ende der Glückliche zu sein, wie in diesem Film.
Ein weiterer Pluspunkt der Story ist, dass sie vier absolut gleichwertige Hauptrollen aufweist, von denen keiner jemals zum großen Verliererdasein verurteilt wird. In sämtlichen Konfrontationen zwischen Munnabhai auf der einen und Raja bzw. Rastogi auf der anderen Seite bleibt immer mal der eine und mal der andere Sieger. So bleibt die ganze Angelegenheit spannend bis zum Ende, zumal neben Sanjay auch die anderen drei Hauptdarsteller in absolut blendender Spiellaune sind und Witz und Komik des Films permanent am Laufen halten. Aishwarya ist zauberhaft, und man kann sehr gut verstehen, dass sie einem Top-Gangster wie Munnabhai allein durch ihren Anblick das Herz samt sämtlicher Gehirnwindungen verknotet, so dass der sie nur noch mit Dackelblick anschauen und „Sorry“ stottern kann (Sanjays Mienenspiel in diesen Situationen ist zum Niederknien!). Ajay gestaltet den Raja als rundum sympathischen Kerl, der es jedoch durchaus auch faustdick hinter den Ohren hat und nicht nur mit seinem zukünftigen Schwager unverfroren seine Spielchen treibt, sondern vor allem eben auch Munnabhai ein nicht zu unterschätzender Gegenspieler ist; entsprechend liefern sich die beiden einen hingebungsvollen Kleinkrieg, in dem Sanjay und Ajay einander nichts schenken und eine gute Chemie an den Tag legen.
Aber das ist nichts gegen das, was Sanjay zusammen mit Amitabh auf die Leinwand zaubert. Wenn man mal von Reshma Aur Shera absieht, wo Sanju bei seinem Filmdebüt als 12-jähriger Qawali-Sänger keine Sekunde Screentime mit Amitabh hatte, und von Kroadh, wo Sanju bei dem Gastauftritt von Amitabh as himself noch lediglich als bewundernder Jungschauspieler im Publikum saß, ist Hum Kisise Kum Nahin das erste richtige Aufeinandertreffen dieser beiden großartigen Charakterdarsteller vor der Kamera, und man kann nur sagen: Es wurde auch wirklich Zeit! Amitabh und Sanjay, die von ihrer schauspielerischen Klasse her ohnehin in einer eigenen Top-Liga spielen, erweisen sich hier als ein tolles Gespann und schaukeln sich in blendender Spiel- und Komikerlaune gegenseitig zu Bestleistungen hoch. Hum Kisise Kum Nahin ist für mich die Geburtsstunde eines der besten Film-Jodis im Hindi Cinema überhaupt, das sich mittlerweile auch in mehreren weiteren Filmen wieder glänzend bewährt hat und hoffentlich noch oft gemeinsam vor der Kamera stehen wird.
Hum Kisise Kum Nahin ist eine rundum unterhaltende Komödie, die weniger Wert auf Slapstick und schrille Gags legt, sondern mehr auf feineren Humor und auf Charaktergestaltung. Solche Komödien muss Sanju spielen. Auch wenn das hier noch nicht der Munnabhai ist, der ein Jahr später die Rolle seines Lebens werden sollte.
Produktion: Afzal Khan; Regie: David Dhawan
163 Min.; DVD: Spark, englische UT (Songs nicht untertitelt); leider setzen die UT immer wieder mal kurzzeitig aus. Bonus-DVD mit Making Of und TV-Promos
P.S. Die Intermission in diesem Film dürfte übrigens eine der köstlichsten in der Geschichte des Hindi Cinema sein: Dr. Rastogi ist soeben klargeworden, dass der Don Munnabhai auf seine Schwester scharf ist, und fällt prompt erstmal in Ohnmacht, woraufhin Munnabhai und seine beiden Helfershelfer amüsiert auf ihn herabschauen und mit ihrem scheinheiligsten Grinsen ankündigen: „Doctor saab – it’s interval time!“
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen