Zur Story: Der Thakur Avadh Narayan Singh (Om Puri) herrscht mit eiserner Hand und grausamen Methoden über seine Untergebenen in Shekhapur. Während seine Frau, die Thakurain (Mita Vasisht), immer wieder versucht, positiv auf ihn einzuwirken, haben seine beiden Söhne nur zwei Interessen: Alkohol und Frauen. Eines Tages vergewaltigen sie am helllichten Tage die neunjährige Durga (Tani Hedge) und überlassen sie schwer verletzt ihrem Schicksal. Dank des Einsatzes des Hospitalleiters (Anjaan Srivastav) überlebt Durga, und Police Officer Ramnarayan Bharadwaj (Jackie Shroff) kann die beiden Täter ermitteln und festnehmen. Doch mit Hilfe seines Anwalts kauft der Thakur sowohl den Arzt als auch Bharadwaj, so dass seine Söhne einen Freispruch wegen Mangel an Beweisen erwarten können. Durgas armen und hilflosen Eltern Paro (Nandita Das) und Rudra (Sanjay Dutt) wird klar, dass sie von der Justiz keine Gerechtigkeit erhoffen können, woraufhin Rudra beschließt, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und danach mit Paro, Durga und seinen kleinen Söhnen Lav und Kush in den Tod zu gehen, da er weiß, dass der Thakur sie nicht am Leben lassen wird...
Darf Selbstjustiz sein? Diese Frage stellt man sich bei vielen indischen Filmen, in denen sie mit einer manchmal erschreckenden Selbstverständlichkeit zelebriert wird. In Pitaah (= Vater) wird Rudra sogar regelrecht angefeuert durch eine Background-Musik, die ihm immer wieder eindringlich ins Ohr brüllt: „Hör auf zu denken und zerstöre!“ Das hat wohl mit dazu geführt, dass Pitaah oft zum Rachedrama abgestempelt wird. Ich sehe das jedoch anders. Wäre Pitaah ein Rachedrama, so hätte Rudra die beiden Täter den ganzen zweiten Teil über gejagt und erst kurz vor Schluss, wie in Rachefilmen üblich, nach einem blutigen Handgemenge abgeschlachtet. So aber erleben wir einen Akt von Selbstjustiz und danach seine Folgen, nämlich zuerst den Suizidversuch und dann Flucht und Verfolgung von Rudras fünfköpfiger Familie, die verzweifelt versucht, der Rache des Thakur zu entgehen – unterstützt von den Dorfbewohnern, die alle Rudras Tat gutheißen: Der Anwalt des Thakur hatte ja offen damit geprahlt, dass er den Doktor und den Polizeioffizier gekauft hatte, und damit war allen klar, dass das furchtbare Verbrechen an dem Mädchen ungesühnt bleiben würde.
Ein Film, der unter die Haut geht – mit einem famosen Ensemble. Nandita Das und Mita Vasisht sind großartig, ebenso Om Puri in einer Rolle, wie sie sonst meist eher sein Namenskollege Amrish spielen durfte. Schade, dass die zwielichtige Figur Jackie Shroffs nicht noch ein bisschen mehr Profil bekommen hat; einige ihrer ständigen Gesinnungsänderungen blieben unverständlich, und das ist nicht Jackies Schuld, der seinen Charakter genüsslich ausspielt, sondern die der Drehbuchautoren, die vor allem Bharadwajs letzte und entscheidende mentale Kehrtwendung derart unmotiviert in den Raum stellten, dass die Figur völlig an Glaubwürdigkeit verliert.
Sanjay jedoch ist einmal mehr eine Klasse für sich in der Figur des schlichten und unbedarften Rudra, der sich sein Leben lang selbst erniedrigen musste, weil er arm und von der Gunst des Thakur abhängig ist, und ohne das bestialische Verbrechen an seiner Tochter niemals auf den Gedanken gekommen wäre, seine Hand gegen das Haus seines Herrn zu erheben. Aber Rudra ist eben nicht nur Sklave, sondern auch und zuvörderst ein Vater (Pitaah), dessen allgemeines Loblied zu Beginn des Filmes gesungen wird. Mit seinem intensiven und eindringlichen Spiel zielt Sanjay mitten ins Herz des Zuschauers, der mit ihm mitfühlt und mitleidet – und womöglich sogar, entgegen seiner eigentlichen allgemeinen Einstellung, Rudras Selbstjustiz-Akt gutheißt. Bei mir ist Sanju das jedenfalls glatt gelungen. Aber wer wäre in so einem krassen Fall von himmelschreiender Ungerechtigkeit nicht auf der Seite der Opfer...
Produktion: Avinash Adik; Regie: Mahesh Manjrekar
130 Min.; DVD: Spark, englische UT (inkl. Songs); die DVD enthält zudem ein kurzes Making Of
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