Zur Story: Raghunath Namdev Shivalkar, genannt Raghu (Sanjay Dutt) schafft – im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder Vijay (Mohnish Bahl) und zum Kummer seines Vaters Namdev (Shivaji Satham) – keinen Schulabschluss und startet zusammen mit seinem Freund Shorty (Sanjay Narvekar) eine Imbissbude, die auch ganz gut läuft, bis Shorty sich eines Nachts mit Mitgliedern der Bandya-Bande anlegt und Raghu, als er ihm zu Hilfe kommen will, unabsichtlich den Bruder Bandyas tötet. Ihr Freund Kishore Kadam (Deepak Tijori), der als Sub-Inspektor bei der Polizei arbeitet, rät Raghu und Shorty davon ab, sich der Polizei zu stellen, da diese von Bandya gekauft sei, und begibt die beiden in den Schutz eines anderen Dons, „One-Eye“ Vittal Kaanya (Ashish Vidyarthi). Bei einem durch den Vermittler Suleiman Bhai (Paresh Rawal) arrangierten Treffen will Bandya Raghu töten, doch Raghu kommt ihm zuvor und akzeptiert allmählich, dass es für ihn nunmehr keinen Weg zurück mehr gibt. Er steigt zum mächtigen Don Raghubhai auf und erledigt schmutzige Geschäfte für den Home Minister Babbanrao Kadam (Mohan Joshi). Seine Versuche, trotzdem Kontakt zu seiner Familie zu halten, scheitern vor allem am Widerstand seiner Mutter Shanta (Reema Lagoo), die Raghu seine kriminellen Taten nicht verzeihen kann. Ein Lichtblick in Raghus Leben ist die Prostituierte Sonu (Namrata Shirodkar), die er aus einem Bordell holt und heiratet und die ihm seinen Sohn Rohit schenkt. Doch sie kann nicht verhindern, dass Raghu, der ohne Alkohol und Drogen längst nicht mehr klarkommt, allmählich immer mehr abrutscht...
Achtzehn Jahre lang hatte sich Sanjay Dutt, allen Hindernissen durch private Schicksalsschläge zum Trotz, eine bemerkenswerte Filmkarriere erarbeitet; bei den Award-Verleihungen jedoch hatte man ihn in all diesen Jahren geflissentlich übersehen. Im Jahr 2000 dagegen hagelte es plötzlich Preise und Auszeichnungen für ihn, und das nicht nur deshalb zu Recht, weil diese Form der Anerkennung überfällig war, sondern vor allem auch deswegen, weil Sanjus Leistung in Vaastav - The Reality wirklich derart grandios ist, dass sie Filmgeschichte schrieb. Sein Raghubhai bescherte ihm den Filmfare und den Star Screen Award als bester Schauspieler sowie den Award for Artistic Excellence der International Indian Film Academy und katapultierte ihn endgültig in den Olymp der ganz großen Stars und Charakterdarsteller des Hindi Cinema.
Am Anfang scheint es noch, als sollte Raghu Sanjays (nach Naam und Sarphira) dritte Cal-Rolle à la East of Eden werden – ein junger Mann mit im Prinzip gutem Herzen, aber zum Kummer seines Vaters ein Taugenichts mit Hang zu Kleindelikten. Aber schon nach kurzer Zeit überschlagen sich die Ereignisse, und Sanjay stürzt sein Publikum für den Rest des Filmes in ein einziges großes Wechselbad der Gefühle. Man ist immer wieder geneigt, auf seiner Seite zu bleiben, weil er nicht von Natur aus ein Krimineller ist, weil ihm seine Familie und seine Freunde immer über alles gehen, weil er selbst auf dem Höhepunkt seiner Macht noch gewisse Werte in sich am Leben erhält – aber andererseits, wie kann man das, wenn er im gleichen Atemzug Untaten von beispielloser Gnadenlosigkeit begeht, eiskalt Kinder mit dem Tod bedroht und ohne mit der Wimper zu zucken Menschen über den Haufen schießt? Soll, kann, darf man mit diesem Raghubhai mitfühlen, obwohl man ihm manchmal wie die Frau jenes Parsen ins Gesicht spucken will? Oder muss man ihn hassen und verachten, obwohl man ihn in den Arm nehmen und trösten möchte, wenn er bittere Tränen über sein verpfuschtes Leben vergießt, in dem es für ihn keine Umkehr mehr gibt, oder wenn er schließlich, ein Drogenwrack, schlaflos und voller Todesangst dem Wahnsinn entgegentreibt?
Selten hat sich Sanjay derart mit Haut und Haaren einer Rolle verschrieben wie in Vaastav. Er spielt den Raghubhai nicht, er ist diese Figur mit all ihren Facetten. Man kann das nicht beschreiben, man muss diese Leistung gesehen haben; die Awards dafür sind jedenfalls mehr als verdient. Aber auch Sanjays Co-Stars sind sehr gut, wobei an allererster Stelle die Darsteller der Eltern genannt werden müssen, Shivaji Satham (die Aussöhnungsszene zwischen ihm und Sanjay rührt zu Tränen) und Reema Lagoo (die vor allem in dem ungewöhnlichen Finale eine tragende Rolle spielt). Namrata Shirodkar hat leider etwas wenig Screentime bekommen, aber dennoch gelingt ihr ein berührendes Porträt der Prostituierten Sonia, deren Szene mit einem am Rande des Wahnsinns stehenden Raghu zu den Höhepunkten des Films gerechnet werden muss. Und ein Sonderlob geht an Paresh Rawal für seinen starken Friedensvermittler Suleiman.
Vaastav ist ein absolut grandioser und herausragender Film, der ohne Frage zu Sanjus besten Leistungen zählt. Mahesh Manjrekar hat einen tollen Job gemacht, zu dem man ihm gratulieren muss (der etwas unpassende Clip in der Schweiz ist nicht seine Schuld, der war ein Zugeständnis an den Produzenten). Drei Jahre später drehte Mahesh mit Hathyar ein Sequel zu Vaastav, in dem er die Geschichte von Raghus Sohn Rohit erzählte. Für die Rolle des Rohit engagierte er - Sanjay Dutt.
Produktion: Deepak; Regie: Mahesh Manjrekar
146 Min.; DVD: Eros, englische UT (Songs nicht untertitelt)
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