Samstag, 13. Januar 2007

Aatish (1994)

Zur Story: Baba (Sanjay Dutt) hat als Kind einen Stalker getötet, der seine Mutter (Tanuja) angriff, und sich danach dem Unterwelt-Don Uncle (Ajit) verkauft; er hat auf sein eigenes Leben verzichtet, um seinem jüngeren Bruder Avinash (Atul Agnihotri) eine Ausbildung und damit eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Avi verehrt seinen großen Bruder über alles, bis er eines Tages die Wahrheit über Babas kriminelle Aktivitäten erfährt und voller Verachtung mit seinem Bruder bricht. Als Uncles Neffe Sunny (Shakti Kapoor) den alten Don ermordet und als neuer Don Babas und Avis Mutter tötet, nimmt Avi, mittlerweile Police Inspector, den Kampf gegen ihn auf, während Baba drei Jahre im Gefängnis für seine Verbrechen büßt. In den Augen der Welt als Bruder eines Kriminellen zu gelten vergiftet Avis Leben, weswegen er den nach seiner Entlassung heimkehrenden Baba mit bitteren Worten von sich weist. Obwohl dadurch zutiefst verletzt, akzeptiert Baba die Haltung seines Bruders und sucht seinen alten Freund Nawab (Aditya Pancholi) auf, der während Babas Haft ein furchtbares Schicksal durch den Gangster Kaniya (Gulshan Grover) erlitten hat. Gemeinsam nehmen Baba und Nawab Rache an Kaniya – und geraten dadurch bei Avi in den Verdacht, für Sunny zu arbeiten...

Aatish (= Feuer) war das Regiedebüt von Sanjay Gupta, mit dem Sanju danach noch viele Jahre lang eine enge Freundschaft verband. Sanjus Gupta-Filme zählen zu den Höhepunkten in seiner Filmographie, und Aatish bildet da keine Ausnahme. Die Kriminellen mit Herz bzw. die im Grunde aufrichtigen Männer, die nur aus der Not heraus ins Kriminelle abrutschen, sind eine Spezialität von Sanju, und Gupta lässt ihm alle Möglichkeiten der Welt, ein Rollenporträt zu gestalten, das den Zuschauer von Anfang an für Baba einnimmt – ohne dass deswegen die anderen Figuren zurückstehen müssen. So ist z.B. auch die Figur des Nawab stark gezeichnet mit ihren Höhen und Tiefen, und obwohl ich kein besonderer Fan von Aditya Pancholi bin: als Nawab mag ich ihn, zumal er mit Sanju bestens harmoniert – die Wiedersehensszene der beiden nach Babas Haft ist herzzerreißend, und der Moment, in dem Baba sich zwischen Nawab und Avi entscheiden muss, geht wirklich unter die Haut. Atul Agnihotri zählt unter den vielen „jüngeren Brüdern“ Sanjus definitiv zu den talentierteren (ich denke in diesem Zusammenhang mit Schaudern an diesen Vicky in Yalgaar) und vermag Avis Problematik anschaulich zu vermitteln, weswegen auch der Bruderkonflikt in Aatish gut funktioniert (sagte ich schon einmal, dass ich Geschichten um Bruderkonflikte liebe?). Eine kleine, aber wichtige Rolle spielt Kader Khan als Restaurantbesitzer Kadar Bhai, der für Baba und seine Freunde stets eine verständnisvolle Anlaufstelle ist.

Die Damen des Filmes mögen mir verzeihen, dass ich sie bislang ignoriert habe. Aber Aatish ist eben wieder einmal ein Film, in dem die Frauen keine handlungsentscheidende Funktion haben (höchstens auf passive Weise wie die Mutter, die von Tanuja mit sehr viel Wärme gestaltet wird). Weder Raveena Tandon als Babas Freundin Nisha noch Karisma Kapoor als Avis Freundin Pooja (für die ursprünglich Pooja Bhatt vorgesehen gewesen war) greifen aktiv in die Handlung ein; sie sind in erster Linie Blickfänge fürs Publikum sowie moralische Stützen (und natürlich Tanzpartnerinnen) für die beiden Brüder. Übrigens waren beide, Raveena und Karisma, zu diesem Zeitpunkt erst drei Jahre im Filmgeschäft und sollten noch im gleichen Jahr durch einen handfesten Zickenkrieg von sich reden machen, der hinter den Kulissen von Andaz Apna Apna zwischen ihnen ausgebrochen sein muss...

Aatish - Feel the Fire ist ein starker Film, in dem Sanju einen intensiven Vorgeschmack auf seine künftigen Gangster- und Unterwelt-Rollen (mit Schmerz in den Augen) gibt. Auch sein Faible für eindringliche Schlussszenen, bereits bestens bekannt aus Filmen wie Kroadh oder Yalgaar, kommt in Aatish mal wieder voll zur Geltung. Die erste Zusammenarbeit der beiden Sanjays (Dutt und Gupta) war ein vielversprechender Auftakt – und wie wir heute wissen, wurde damals definitiv nicht zu viel versprochen.

(Nur die Anleihe bei verschiedensten HW-Soundtracks hätte man sich damals schenken sollen. Wenn man ein musikalisches Motiv wie 1492 - Conquest of Paradise schon verwendet, dann bitte effektiv wie z.B. in Koyla. In Aatish dagegen war es einfach nur vergeudet. Sorry.)

Produktion: G.P. Sippy; Regie: Sanjay Gupta
162 Min.; DVD: Eros, englische UT (Songs nicht untertitelt)


Trivium: In einem Stardust-Interview (9/1993) verriet Atul Agnihotri, dass Sanjay Dutt ihn den Sippys für die Rolle des Avi vorgeschlagen hatte - "dafür werde ich ihm ewig dankbar sein".

Keine Kommentare: