Sonntag, 28. Januar 2007

Jung (2000)

Zur Story: Sahil (Jash Trivedi), der siebenjährige einzige Sohn von Police Inspector Veer Chauhan (Jackie Shroff) und dessen Frau Naina (Raveena Tandon), erkrankt an Leukämie und hat ohne Knochenmarkspende nur noch kurze Zeit zu leben. Doch die Suche nach einem Spender erweist sich als schwierig, da Sahil eine seltene Blutgruppe hat, und erzielt letztlich nur einen Treffer: den vierzehnfachen Mörder Balwinder Singh, genannt Balli (Sanjay Dutt), den Veer selbst vor vier Jahren ins Gefängnis gebracht hat, wo er seitdem eine lebenslängliche Haftstrafe verbüßt. Balli genießt die Situation, dass Veer ihm gegenüber nun die Bittstellung einnehmen muss, und kostet sie mit sadistischer Freude aus. Erst auf Nainas inständige Bitten erklärt er sich bereit – jedoch nur, um den Augenblick vor der Operation zur Flucht zu nutzen. Zusammen mit seiner Freundin Tara (Shilpa Shetty) und seinem Kumpel Lacchu (Neeraj Vora) macht sich Balli daran, alte Rechnungen mit dem Gangster Moosa (Saurav Shukla) zu begleichen. Zugleich wird er von der Polizei gejagt, angeführt von Veers Intimfeind Inspector Khan (Aditya Pancholi), der dafür bekannt ist, Verbrecher lieber zu töten als festzunehmen – was Veer vor Angst beinahe wahnsinnig macht, denn schließlich braucht er Balli lebend. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt...

Jung – The Battle for Life stand unter keinem guten Stern. Zwischen dem Produzenten Satish Tandon und dem Regisseur Sanjay Gupta muss es während der Produktion dermaßen gekracht haben, dass der Regisseur aus den Anfangscredits rausflog. Aus Solidarität mit seinem Freund Gupta weigerte sich Sanjay Dutt, den Film zu dubben, und distanzierte sich von Jung, indem er dem Publikum empfahl, sich den Film zu schenken. Am Ende standen mäßige Kritiken und ein Kassenflop. Ein Jammer – denn Jung ist ein guter und packender Film, auch wenn er ein paar dramaturgische Wackler hat (z.T. womöglich Folgen des Kriegs hinter den Kulissen) und handlungsmäßig einige Fragezeichen aufwirft. Zum Beispiel, warum Balli außer als vierzehnfacher Killer offiziell auch noch als Psychopath präsentiert wird; schließlich tut er im Verlauf des Filmes nichts, was diese Einstufung rechtfertigen würde: Er handelt nach seiner Flucht äußerst besonnen, beweist Übersicht und Verstand, empfindet aufrichtige Liebe für seine Freundin und lässt einen Mann, der ihn betrogen hat und ans Messer liefern wollte, am Leben mit der Begründung „das ist deine Strafe“ – so verhält sich kein Psychopath. Ein weiteres Fragezeichen ist eine Entscheidung, die Veer gegen Ende des Filmes in einer kritischen Situation trifft, denn so schön und menschlich diese Entscheidung ist, sie bleibt unverständlich und aufgrund der vorangegangenen Ereignisse nicht nachvollziehbar.

Sanjay rechtfertigt in Jung einmal mehr seinen Ruf als Parade-Gangsterdarsteller im Hindi Cinema: eiskalte Augen, jederzeit wachsam und bei Bedarf schonungs- und gnadenlos – und dazu Actionszenen, die einfach Stil haben (ich sage nur: Bürostuhl); dabei aber selbst als skrupellosester Killer immer noch mit menschlichen Facetten, die er in diesem Fall vor allem im Zusammenspiel mit Ballis Freundin Tara ausspielt. Shilpa Shetty ist dabei eine positive Überraschung, zeichnet eine starke und selbstbewusste Figur, der man ohne weiteres glaubt, dass ein Krimineller wie Balli große Stücke auf sie hält und sie sogar heiraten will; lediglich ihr Make-up ist etwas gewöhnungsbedürftig. Aditya Pancholi rehabilitiert sich mit dem Killer-Inspektor Khan für seinen etwas verunglückten Gangsterboss in Baaghi; Jackie Shroff, in der Rolle des um das Leben seines Sohnes besorgten Vaters vor allem in der zweiten Filmhälfte schwer vernachlässigt, kann lediglich in den Szenen mit ihm so richtig überzeugen, während seine Szenen mit Sanjay trotz ihres großen Potentials leider etwas verschenkt wurden. Raveena schließlich bringt die Gefühle und die Angst der Mutter eines todkranken Kindes glaubhaft rüber und hat mit ihrem Bittgang zu Balli im Gefängnis eine der stärksten Szenen des Filmes.

Wie gesagt: Es ist ein Jammer, dass der Film unter so ungünstigen Umständen entstanden ist und ihm daher nicht mehr Anerkennung zuteil geworden ist. An Sanjay liegt’s nicht – nicht einmal an der Tatsache, dass man diesmal auf seine einzigartige Stimme verzichten muss, die immer einen Großteil seiner Rollenporträts ausmacht. Wer immer der Mann ist, den man für das Himmelfahrtskommando, Sanju zu dubben, engagiert hat: Er hat einen verdammt guten Job gemacht. Sein Timbre ist zwar ein wenig dunkler und sonorer, aber er passt seine Klangfärbung und Wortmelodik derart an die von Sanjay an, dass man nur noch den Hut ziehen kann. Tolle Leistung.

Produktion: Satish Tandon; Regie: Sanjay Gupta
147 Min.; DVD: Bollywood Entertainment, englische UT (inkl. Songs)
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