Mittwoch, 10. Januar 2007

Kshatriya (1993)

Vorwort: Kshatriya ist ein Epos über zwei verfeindete Königsfamilien, bei dem es anfangs schwierig ist, den Überblick zu behalten, wer wer ist und wohin gehört. Deshalb stelle ich der Story diesmal die wichtigsten Figuren voran.

Der Mirtagarh-Clan: Maharaj Bhavani Singh (Sunil Dutt); Maheshwari Devi, seine Frau (Rakhee Gulzar); Divya, beider Tochter; Vikram Singh, beider Sohn, genannt Vicky (Sanjay Dutt); Raja Jaswant Singh, Bhavanis jüngerer Bruder (Vinod Khanna); Jenny, seine Frau (Nafisa Ali); Neelima, beider Tochter (Raveena Tandon); Madhu, Jaswants Geliebte (Meenakshi Sheshadri); Ajay Singh, Berater (Prem Chopra); Shakti, sein Sohn (Puneet Issar)

Der Surjangarh-Clan: Maharaj Prithvi Singh (Dharmendra); Suman, seine Frau; Vinay Pratap Singh, beider Sohn, genannt Vinny (Sunny Deol); Raja Divendra Pratap Singh, Prithvis jüngerer Bruder (Vijayendra Ghatge); Vijay Pratap Singh, dessen Sohn; Police Officer Thakur Ganga Singh (Kabir Bedi); Tanvi, seine Tochter, genannt Tannu (Divya Bharati)

Zur Story: Zwischen den beiden Königsfamilien von Mirtagarh und Surjangarh besteht eine uralte Feindschaft. Im Kampf um das Recht, beim alljährlichen Vijay Dashami Mela im Kali-Tempel von Rajputana ein Kalb zu opfern und damit um Regen zu bitten, fielen jahrelang unzählige Krieger auf beiden Seiten, bis die Regel eingeführt wurde, dass jedes Mal durch einen Zweikampf entschieden werden sollte, welcher Familie es zustand, das Opfer darzubringen. Jaswant, der in England studiert und geheiratet hat, kehrt mit durchaus fortschrittlichen Gedanken nach Indien zurück, übernimmt jedoch bald die reaktionäre und kriegerische Einstellung seiner Familie, weswegen seine Frau nach England zurückkehrt, wo sie nach der Geburt ihrer Tochter Neelima stirbt. Als Prinz Vijay von Surjangarh und Prinzessin Divya von Mirtagarh sich ineinander verlieben, werden sie von Ajay Singh verraten, und Shakti Singh tötet Vijay, woraufhin Divya sich in den Tod stürzt. Prithvi macht Bhavani für den Tod der beiden Liebenden verantwortlich und erschießt ihn, während Jaswant im Gegenzug Divendra tötet. Kurz darauf werden beide Königinnen noch einmal Mutter und senden unabhängig voneinander ihre Söhne Vicky und Vinny zur Ausbildung nach England. Ohne etwas von der Feindschaft ihrer Familien zu ahnen, schließen die beiden dort enge Freundschaft; Vinny verliebt sich zudem in Vickys Cousine Neelima, während Vicky und Tannu, die Tochter des Polizeichefs von Surjangarh, einander näherkommen. Doch kaum nach Indien zurückgekehrt, werden sie schnell von dem uralten Hass ihrer Familien eingeholt: Jaswant und Prithvi intervenieren entschieden gegen Vinnys und Neelimas Liebe, und als Vicky erfährt, dass Vinny der Sohn des Mannes ist, der seinen Vater getötet hat, zerbricht selbst ihre innige Freundschaft. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis einer den anderen beim nächsten Vijay Dashami Mela im Zweikampf tötet...

Kshatriya (= Krieger) ist ein Generationenkonflikt-Drama, ein Epos um Sippenfeindschaften und veraltete Rituale und mit einem meiner Lieblingsthemen: Bruderliebe oder brüderliche Freundschaft, die, auf die Probe gestellt, sich entweder bewährt oder daran zerbricht (und im Idealfall am Ende wieder gekittet wird). In diesem Fall sind es Sanjay Dutt und Sunny Deol, die diesen Konflikt von enger Freundschaft bis hin zum Kampf auf Leben und Tod ausspielen (in dem sie sich sieben heftige Minuten lang wirklich nichts schenken). Beide haben in Kshatriya ihre leiblichen Väter Sunil Dutt und Dharmendra als Filmväter – ein gelungener Cast-Coup angesichts der Generationenproblematik der Story. Klangvolle Namen wie Kabir Bedi, Vinod Khanna, Rakhee Gulzar und Prem Chopra komplettieren das erlesene Darstellerfeld, das sich wie ein Who is Who der damaligen BW-Prominenz liest. Fehlt eigentlich nur noch Amitabh Bachchan.

Sunny und Sanjay sind nach ihren vorangegangenen gemeinsamen Filmen ein eingespieltes Team. Beide Rollen verlangen sowohl verletzliche Emotionen und Gefühle als auch gnadenlose Kälte und Kampfeslust, und einmal mehr zeigt sich der grundlegende Unterschied zwischen den beiden: Während Sunny in den toughen, wütenden und kämpferischen Szenen in seinem Element ist und sich dafür in den gefühlvollen Szenen sichtlich schwer tut, hat Sanju sämtliche Facetten seiner Rolle problemlos im Griff. Umso ärgerlicher, dass seine Rolle im Vergleich zu der von Sunny ziemlich stiefmütterlich behandelt wurde; Sunny hat entschieden mehr Screentime und auch den vom Charakter her schöner durchdachten Part. Sanju macht das definitiv Beste aus seiner Rolle, aber stellenweise wurde er von den Drehbuchschreibern einfach schwer im Stich gelassen und gegenüber Sunny ganz klar benachteiligt. Das geht von Rollenprofil und -gewichtung über die Szenen mit dem eigenen Vater, die Sanju im Gegensatz zu Sunny verwehrt blieben, bis zur Partnerin – wobei Sanju das Pech hatte, dass die ursprünglich für ihn vorgesehene Manisha Koirala aus mir unbekannten Gründen durch Divya Bharati ersetzt wurde. De mortuis nihil nisi bene, aber ich war noch nie ein Fan von Divya, und erst recht nicht in Kombination mit Sanju: Divya war fünfzehn Jahre jünger als er, war damals knapp achtzehn, und ihre Tanvi sieht bestenfalls aus wie sechzehn; kein Wunder, dass Vikram sich mit Händen und Füßen gegen ihre Anmachversuche zur Wehr setzt – ja, sorry, aber da ist die Anzeige wegen Verführung Minderjähriger doch nur noch fünf Minuten weg! Mit diesem Gör an seiner Seite konnte Sanju auch in diesem Punkt nur neidvoll auf Sunny schielen, der sich mit der rassigen und toll aufspielenden Raveena Tandon vergnügen durfte.

Wer mit den genannten Sanju-Benachteiligungen und einer Menge nicht unbedingt ästhetischer nackter Oberkörper leben kann (nicht jeder hatte damals eben einen so vorzeigbaren Body wie Sanjay...), und wer ein Faible für Schwertkämpfe, emotionsgeladene Familiendramen und farbenprächtige klassische Tanzszenen hat, für den ist Kshatriya durchaus einen Versuch wert. Aber für die Sanjay-Fans betone ich es noch einmal: Kshatriya ist kein Sanjay-, sondern ein All-Star-Film, in dem Sanju mitsamt seiner souveränen Leistung zum Teil regelrecht verschenkt wurde.

Produktion: Sunder Das Sonkiya; Regie: J.P. Dutta
179 Min.; DVD: GVI, englische UT (inkl. Songs) mit teilweise haarsträubenden Fehlern...

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