Montag, 26. März 2007

Filmfare 12/1995: Sanjay Dutt: Ich komme wieder... langsam, aber sicher

Filmfare, Dezember 1995

Sanjay Dutt: Ich komme wieder... langsam, aber sicher

Der Albtraum ist vorüber... und wer weiß?... er könnte sich zurück auf Platz 1 katapultieren. Ein Gespräch mit dem Nayak

Die Filmindustrie reagierte mit Jubel, wie immer, wenn die Wolken sich verziehen und die Sonne rauskommt. Selbst die Bonzen, die während der dunklen Tage Sanjay Dutts, die in 15 Monaten Gefängnis mündeten, keinen Pieps von sich gegeben hatten, beeilten sich nun mit ihren „Alles-wieder-gut-das-ist-wunderbar“-Statements.

Ganz natürlich, dass Sanju erstmal versuchte, sich neu zu orientieren in seinem Leben in Freiheit. Er hatte im Gefängnis 17 Kilo abgenommen, und seinen Augen waren die Strapazen anzusehen. Seine Stimme strömte über vor Emotionen. Und da war sein charakteristisches scheues Lächeln, vermischt mit einem Ausdruck stoischen Leidens in seinem Gesicht.

Unweigerlich rannten ihm Produzenten mit Filmangeboten die Türe ein. Sultan Ahmed kündete sogar bereits ein wenig voreilig einen Film Garibon Ka Masiha an. Sanjus Reaktion darauf war jedoch, dass er sich jetzt nicht sofort und überhastet in neue Projekte stürzen würde.

Sein Vater Sunil Dutt machte einen erleichterten Eindruck. Seine warmen Blicke ruhten auf Sanju, als dieser um das Haus herumwuselte. Der verlorene Sohn war wieder da. Seine Schwestern Namrata und Priya und sein Schwager Kumar Gaurav blickten mit unverhohlenem Stolz auf Sanju, als er endlich wieder heimischen Rasen betrat.

Als die Filmfare Sanju für ein Gespräch erreichte, sagte er: „Was ich durchgemacht habe, war eine Erfahrung, eine Phase des Lernens. Mit dieser Erfahrung hoffe ich, ein noch besserer Schauspieler zu werden. Und dann gebt ihr mir besser endlich mal einen Filmfare Award für eine meiner Leistungen... nein, war nur ein Scherz.“

Es war schön, dem Schauspieler, der immer schon offen und freundlich war, Auge in Auge gegenüber zu sitzen. Und es war erbaulich, zu sehen, wie er aus dieser Ausdauer- und Geduldsprüfung hervorgegangen ist.

Sanju sprach sehr feinfühlig darüber, wie er noch religiöser als zuvor geworden war... und wie er auch weiterhin täglich betet. Er glaubt fest an Sai Baba und an die göttliche Kraft von Durga Mata.

„ich bin reifer geworden“, bemerkte er. „Ich rede nicht mehr so viel wie früher. Ich versuche, so viel Zeit wie nur möglich mit meiner Familie zu verbringen. Wenn sie gerade nicht da sind, dann versuche ich, mich auf mich selbst zu konzentrieren und nachzudenken.“ Er will sich selbst zwei oder drei Monate Zeit geben, bevor er sich wieder dem „Licht! Action! Kamera!“ aussetzen wird. Bleibt die Frage, ob die Produzenten ihm diese dringend notwendige Regenerationszeit gönnen werden.

Auf die Frage, wie er die Veränderungen des Showbiz während seiner 15-monatigen Abwesenheit empfindet, meinte er: „Der Trend scheint sich verändert zu haben. So wie es aussieht, schätzt das Publikum gut gemachte Filme. Ich denke, die Regisseure werden sich von nun an auf die Hinterbeine stellen müssen... mit chalta-hai-Zeugs kommen sie nicht mehr durch... Was die Schauspieler und Schauspielerinnen betrifft, da habe ich das Gefühl, dass es in den einzelnen Karrieren eine Menge Hochs und Tiefs gegeben hat. In dieser kurzen Zeitspanne sind eine Menge Leute auf- bzw. abgestiegen.“

Sanju war schon einmal als der Nummer-1-Schauspieler etabliert. Kann er diese Position wieder erreichen? „Ach, komm schon“, meint er, „ich wollte noch nie einfach nur eine Nummer sein. ich will einfach nur ich selbst sein. Und ich bin dankbar dafür, dass mich alle wiederhaben wollen.“

Wird er das Khal-Nayak-Image hinter sich lassen und eine neue Leinwandpersönlichkeit werden? „Darüber habe ich noch nicht ernsthaft nachgedacht“, antwortet er. „Das wird alles davon abhängen, welche Drehbücher man mir anbietet. Dann mache ich genau das, was man darin von mir erwartet, und fertig. Natürlich werde ich es ablehnen, Dinge zu tun, an die ich nicht glaube... oder was in meinen Augen nicht gut für das Publikum ist.“

„Es gibt noch so viele Dinge zu tun, bevor ich wieder in die Studios zurückkehre“, fügt er hinzu. „Nach einer Woche zu Hause stelle ich fest, dass ich gern alleine bin. Wahrscheinlich kann ich nicht allzu viel von der ganzen Aufregung um mich herum aufnehmen. Die Menschen verhalten sich so freundlich mir gegenüber... Ich werde versuchen, wieder in den Fluss der Dinge zurückzukehren, langsam aber sicher.“

„Ich bin ein Schauspieler, ich möchte die Menschen unterhalten. Die Reaktionen, die ich dafür bekam, waren immer überwältigend. Selbst im Gefängnis hat mich das auf Trab gehalten, ich habe mindestens dreißig Briefe am Tag erhalten... Briefe voller Liebe und Gebete. Ich bin mir sicher, dass diese Briefe mir immens geholfen haben.“

Er zieht an einer Marlboro Light, worauf sich die Frage stellt, ob das wohl sehr klug ist. „Ja, ich weiß“, sagt er, „ich rauche bis zu fünfzig Zigaretten am Tag... furchtbar. Ich muss diese Gewohnheit unbedingt ablegen.“

Sein glücklichster Augenblick in den vergangenen Jahren war der, als man ihm die Anweisung des Supreme Court, ihn auf Kaution freizulassen, ins Arthur Road Gefängnis brachte. „Die havaldars haben sich so für mich gefreut – und ich wusste ganz genau, dass diese Freude ehrlich gemeint war.“

Während seiner Zeit im Gefängnis wurde ihm jeden Tag hausgekochtes Essen geschickt, aber Sanju erinnert sich: „Ich habe auch das Gefängnisessen gemocht – daal roti und sabzi.“

Die fünfzehn Monate sind eine Zeit, die er nie vergessen wird. „Ich würde diese Monate nicht als Trauma bezeichnen“, meint er, „sondern eher als eine Zeit der Buße.“

Sanju sagt, dass er imstande sein wird, sich wieder aufzurichten und ins Leben zurückzukehren. „Für mich kann es nichts Schöneres geben, als wieder Freiheit zu genießen“, stellt er fest. „Ich bin dankbar dafür, dass ich einfach nur die Bäume im Hof sehen kann – oder die Vögel, die zum Himmel hinauf fliegen.“

Über seine Heiratspläne mit Rhea Pillai befragt, besteht er darauf, dass er zuerst mit Richa Sharma alles regeln möchte. „Sobald man es mir gestattet, will ich Richa in New York besuchen. Es geht ihr nicht gut, sie musste erneut operiert werden. Es tut mir weh, Geschichten lesen zu müssen, die mich als Mistkerl darstellen. Habt doch ein Herz, Leute! Ich bin wirklich, wirklich besorgt um sie. Ich möchte Richa treffen. Ich würde gerne meine kleine Trishala nach Hause holen, wenn man es mir erlaubt. Ich habe ihr vom Gefängnis aus oft geschrieben... und sie hat mir geantwortet und gesagt, dass sie mich sehr vermisst.“

Sanju spricht unmittelbar aus seinem Herzen. Er versucht, die Stücke seines Lebens wieder zusammenzusetzen, und du schüttelst ihm die Hand und wünschst ihm das Beste dieser Welt.


Der nächste Schritt
Die Industrie äußert ihre Meinung zum Comeback des Schauspielers


Die Tage nach Sanjay Dutts Freilassung auf Kaution nach 15 Monaten Haft waren voller Spannung und Spekulationen. Fragen über die zukünftigen Aussichten des Schauspielers wurden aufgeworfen. Wann kehrt er ins Studio zurück? Wird er seinen früheren Ruhm wiedererlangen? Wird er ebenso viel Gage verlangen wie zuvor? Da es nicht viele Antworten auf diese häufig gestellten Fragen gibt, verharrt die Industrie in einem Zustand aus Verwirrung und gemischten Gefühlen.

Um von der Sympathiewelle zu profitieren, die Sanjays Freilassung begleitete, kämpfen viele Produzenten derzeit darum, den Star unter Vertrag zu nehmen... Das ganze Szenarium wirkt wie eine opulente Auktion, in der Filmemacher sich gegenseitig zu überbieten versuchen und dabei enorme Summen in den Raum stellen.

Sanjay Dutts Telefon hat nicht aufgehört zu klingeln, seit er nach Hause zurückgekehrt ist... Vorher wollten alle wissen, wann er freigelassen wird, heute sind sie begierig zu erfahren, wann er wieder vor die Kamera tritt. Auch das Publikum wartet mit angehaltenem Atem darauf, dass der verlorene Sohn wieder überlebensgroß auf der Leinwand erscheint. Die Handelsexperten sind schon fleißig am Kalkulieren...

Im Moment hat Sanjay Dutt vier Filme in Arbeit – Mahaanta, Safari, Nayak und Vijeyta (früher Mera Haque betitelt). Um Vijeyta möglichst eilig fertigzustellen, kaufte der Produzent in einem noch nie dagewesenen Akt die bereits abgedrehten Songs aus Choodiyan (mit der gleichen Besetzung) von dessen Produzent und Regisseur J.P. Dutta und passte sie in seinen Film ein. Doch trotz dieses Manövers ist der Film noch immer unvollständig; ein paar Kleinigkeiten fehlen noch, und der Produzent hofft, dass Sanjay seine Arbeit wieder aufnimmt und den Film vollendet.

Nayak wurde von Ram Gopal Varma in Sanjays Abwesenheit weitgehend abgedreht, es fehlen nur noch die Sequenzen mit dem Star. Experten meinen, dass das wohl am ehesten sein Comeback-Film werden wird, da Ram Gopal Varma derzeit absolut angesagt ist. (Anm. Diwali: Einen Film mit dem Titel Nayak gibt es bei IMDb weder in der Sanjay- noch in der Varma-Filmographie; offenbar wurde er nicht vollendet.) Jyotins Goels Safari ist zur Hälfte fertig und Mahaanta fast vollständig. Außer diesen vier Filmen hat Sanjay derzeit für keine neuen Projekte unterzeichnet.

Amod Mehra, ein Beobachter der Industrie, meint: „Sanjays Position wird in den kommenden Monaten stärker werden, weil all die anderen leading heroes für die nächsten zwei Jahre ausgebucht sind. Sanjay ist der einzige, der Termine frei hat, und die Produzenten werden entsprechend auf ihn zugehen. Das Filmemachen ist heute in ungeheure Dimensionen vorgestoßen, deshalb will niemand ein Risiko mit einem neuen Star eingehen. Sanjay ist ein großer Star, der bereits eine Menge Anhänger im Publikum hat. Heutzutage, wo selbst ein Durchschnittsschauspieler zwischen drei und sechs Millionen Rupien verlangen kann, wird Sanjay ganz bestimmt in der obersten Einkommensklasse bleiben. Und ebenso wird ohne Frage an dem Tag, an dem ein Film mit ihm angekündigt wird, jede Vorführung sofort ausverkauft sein.“

Ratan Jain, Besitzer der Venus Cassette Company, verrät, dass er Sanjay zwei Jahre zuvor unter Vertrag genommen hat. Wie die anderen wartet auch er heute darauf, dass Sanjay wieder anfängt zu arbeiten: „Ich habe ihn nach seiner Freilassung getroffen; ich denke, er wird in ein paar Wochen wieder mit der Arbeit beginnen. Viele glauben, er sei am Boden zerstört nach seinen traumatischen Erfahrungen im Knast. Aber dem ist nicht so. Er ist vielmehr noch stärker daraus hervorgegangen.“

Da die Filmindustrie Sanjay mit offenen Armen willkommen geheißen hat, sind die Produzenten zu Risiken bereit. Es bleibt allerdings die Frage, ob die Geldgeber bereit sein werden, Projekte mit dem Schauspieler zu finanzieren, angesichts der nach wie vor ungewissen Situation wegen des noch laufenden Verfahrens. Giridhar Hinduja, ein bekannter Finanzier, bekundet seine Bereitschaft, jedes Projekt mit Sanjay Dutt zu finanzieren: „Bevor wir Geld für einen Film geben, loten wir immer erst aus, wie angesagt der Star ist. Und ich weiß, dass Sanjay 'hot' ist. Sein Einfluss auf die Industrie hat sich nach seinem jüngsten Trauma verzehnfacht.“

Gerüchte besagen, dass Sanjay selbst nach den TADA-Anklagen noch 9 Millionen für einen Film geboten bekommen hat. Heute gilt er als der teuerste Star seiner Generation. „Er kann seinen Preis selbst bestimmen“, sagt Ratan Jain. Ein Produzent hat Sanjay angeblich eine solche Summe geboten, dass selbst Pankaj Kharbanda, der Sekretär des Stars, es nicht fassen konnte. Der Verleiher Tolu Bajaj fühlt, dass Sanjays Zugkraft definitiv zunehmen wird, sein Erfolg wird jedoch letztlich davon abhängen, welche Art von Filmen man mit ihm macht. Ein anderer Verleiher, Kulbushan Gupta, meint: „Das Publikum hat ein Kurzzeitgedächtnis. Die Leinwandpräsenz eines Stars ist ihm wichtiger als dessen Privatleben.“

Experten ziehen Parallelen zu dem südindischen Star Suman, der fast anderthalb Jahre im Gefängnis war. Nach seiner Freilassung schoss seine Karriere in ungeahnte Höhen. So gesehen hat Sanjay also keinen Grund zur Besorgnis.

Das Trauma mag hinter ihm liegen, aber vorüber ist es noch nicht... Sanjay ist gebunden an mehrere Kautionsregeln, die das TADA-Gericht über ihn verhängt hat. Das Verfahren läuft... Es wird noch eine Weile dauern, bis Sanjay schließlich erleichtert aufatmen kann.

(Kavita Mishra; Deutsch von Diwali)

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