Samstag, 17. März 2007

Khatarnaak (1990)

Zur Story: Suraj (Sanjay Dutt), auch Sunny genannt, arbeitet als Killer für den Drogenboss Dhabariya (Anupam Kher), der ihn als Kind von der Straße aufgelesen und zu seiner gnaden- und skrupellosen rechten Hand – auch im Kampf gegen seinen Rivalen Jaunpuriya (Kiran Kumar) – erzogen hat. Während einer Haftstrafe lernt Suraj die Psychiaterin Dr. Sangeeta Joshi (Farha Naaz) kennen, die mit ihren positiven Lebenstheorien bei dem eiskalten Pragmatiker auf Granit beißt. Doch als Suraj sich, wieder in Freiheit, nach einer Schießerei schwer verwundet ausgerechnet in Sangeetas Haus rettet und diese ihn verarztet, verspricht er ihr, diese Schuld eines Tages abzuzahlen. Inzwischen lässt sich Sangeeta von dem Anwalt Kothari (Anil Dhawan) überreden, dessen Sohn Yogesh (Ajit Pal) zu heiraten, der auf Abwege geraten ist: Er spielt und stiehlt, um Suraj bei dessen attraktiver Freundin Helena (Anita Raaj) auszustechen. In der Hochzeitsnacht verschwindet Yogesh und wird später tot aufgefunden. Nun bittet Sangeeta Suraj, seine Schuld bei ihr zu begleichen und den Schuldigen am Tod ihres Mannes zu finden. Suraj gibt ihr sein Wort – um danach zu entdecken, dass er selbst in die Sache verstrickt ist. Dies und die Zuneigung, die er für Sangeeta empfindet, veranlassen ihn, sein bisheriges Dasein zu überdenken und ein neues Leben zu beginnen. Doch seine Chancen, der Einbahnstraße der Kriminalität zu entkommen, sind gering – die Gesellschaft nimmt ihn nicht auf, und seine Vergangenheit lässt ihn nicht los...

Khatarnaak (= gefährlich) dürfte parallel zu dem nur kurze Zeit später veröffentlichten Kroadh entstanden sein; nicht nur durch seinen Look (zurückgegelte Haare), sondern auch in vielen Charakterzügen weist Sanjays Suraj hier bereits auf den Don voraus, zu dem er in Kroadh werden sollte: eine eiskalte Fassade, hinter der sich sehr viel Bitterkeit und Desillusion verbergen und noch einmal eine Schicht dahinter ein im Grunde gutes Herz, das sich hier beinahe explosionsartig Raum verschafft, als Suraj sein bisheriges Leben in Frage stellt. Verglichen mit einer ähnlichen Saulus-Paulus-Wandlung, die Sanjay einige Jahre später in Kartoos durchlaufen sollte, vollzieht sich sein Sinneswandel hier allerdings erstaunlich schnell, und wären nicht zum Glück schon vorher durch Surajs Freundschaft zu dem kleinen Abdul seine positiven Seiten zumindest angedeutet worden, man müsste den Drehbuchschreibern die Ohren dafür langziehen. Zumal sich Surajs Schuld an Sangeetas Unglück definitiv in Grenzen hält und man gar nicht so richtig nachvollziehen kann, warum sich Suraj deswegen solche Selbstvorwürfe macht, dass er sein Leben völlig umkrempeln will.

Aber es sei den Drehbuchschreibern verziehen, da sie eben diesen zu Herzen gehenden Abdul-Plot eingebaut und zudem die Geschichte durch zwei gute Frauenrollen bereichert haben – was in jenen Jahren, als die Funktion der Frauen in Hindi-Filmen oft genug aufs Tanzen und Gutaussehen reduziert wurde, fast schon mit Dankbarkeit registriert werden muss. Und so hat Sanjay diesmal das Glück, gleich zwei schöne Partnerinnen an seiner Seite zu haben – die verführerische Anita Raaj und die süße Farha Naaz – und mit beiden auch gute Szenen gestalten zu dürfen. Die Dialoge mit Farha, in denen die beiden sich gegenseitig ihre Lebensweisheiten um die Ohren knallen, entbehren nicht einer gewissen Spannung, weil beide irgendwie recht haben; natürlich steht Sangeeta zwar auf der „richtigen“ Seite, aber Surajs Argumente sind auch nicht von der Hand zu weisen und bestätigen die Einschätzung des Gangsterbosses Jaunpuriya, der Suraj neben Macht und Gefährlichkeit auch Intelligenz attestiert. Höhepunkt von Sanjays Interaktionen mit Anita ist ohne Frage der Song, in dem die beiden mit Strip-Poker beginnen und nach ausgiebigem Regentanz in der schaumgefüllten Badewanne landen. Ich bleibe dabei: Anita Raaj war eine der interessantesten Partnerinnen, die Sanjay jemals hatte, und die beiden waren einfach ein tolles Leinwand-Paar.

Die Herrenriege rund um Sanjay bietet insgesamt solide Leistungen; den Rivalen Anupam Kher und Kiran Kumar blieb zwar eine direkte Konfrontation leider verwehrt, ansonsten spielen sie mit gewohnter Routine. Ajit Pals Yogesh war als Rivale für Suraj von Anfang an nicht ernstzunehmen; zu unreif wirkte das Bengelchen, als dass ein Erfolg bei einer Schlange wie Helena auch nur ansatzweise denkbar gewesen wäre. In einer „very special appearance“ tanzt Govinda eine flotte Runde über die Leinwand. Aber wie so viele andere Filme steht und fällt auch Khatarnaak ganz und gar mit Sanjay Dutt – und der leistet sich einmal mehr keine Schwäche. Ob als eiskalter Pragmatiker, liebevoller Freund, verzweifelter Reumütiger oder knallharter Kämpfer, Sanjay ist in jeder Sekunde 100%ig präsent, spielt mit vollem Einsatz und absolut überzeugend. Mit einem derart glaubwürdigen Darsteller wie ihm kann man die These „niemand wird kriminell geboren, erst die Umstände machen ihn dazu“ problemlos auf die Leinwand bringen – der Film, in dem Sanjay einen „geborenen Kriminellen“ ohne erschütternde Einblicke in eine im Grunde gute Seele spielt, muss erst noch erfunden werden.

Produktion: S.R. Shetty & Harish Shetty; Regie: Bharat Rungachari
148 Min.; DVD: Madhu, englische UT (inkl. Songs), leider fehlerhaft und an einigen Stellen unvollständig
Haarfaktor

Keine Kommentare: