"Even the soul of Mahatma Gandhi would have wanted Sanjay to be freed."
Bal Thackeray, 31. Juli 2007Fast vierzehn Jahre lang musste Sanjay Dutt mit dem Verdacht leben, in die terroristischen Mumbai Blasts von 1993 verwickelt gewesen zu sein, bis er am 28. November 2006 endlich von diesen Vorwürfen freigesprochen wurde. Allerdings wurde er am 31. Juli 2007 wegen illegalen Waffenbesitzes zu sechs Jahren Haft verurteilt; am 21. März 2013 änderte der Supreme Court das Urteil nach einem Revisionsverfahren auf fünf Jahre.
Im Anschluss an den Überblick der wichtigsten Fakten und des bisherigen Verlaufs des Falles folgen wichtige Dokumente wie u.a. Sanjays Geständnis, Briefe Sanjays aus der Untersuchungshaft, ein Bericht seines Zellengenossen Pyara Singh sowie Reportagen und Interviews rund um den Fall und das Urteil.
Überblick über die Fakten und EreignisseAm 6. Dezember 1992 zerstörten extremistische Hindus die Babri-Moschee in Ayodhya, die im 16. Jahrhundert auf den Ruinen eines zuvor zerstörten Hindutempels errichtet worden war. Die Folgen dieser Aktion waren Ausschreitungen und Übergriffe zwischen Muslimen und Hindus in ganz Indien mit Tausenden, zumeist muslimischen Todesopfern. Die Unruhen dauerten bis in den Januar 1993 hinein und nahmen vor allem in Bombay furchtbare Ausmaße an. Sanjays Vater Sunil Dutt organisierte damals Hilfsmaßnahmen für die Opfer, ungeachtet ihrer Herkunft und Religion; da die Mehrheit der Opfer jedoch Muslime waren, wurde er schon bald von radikalen Hindus als pro-muslimisch beschimpft und mehrfach persönlich attackiert, u.a. griff einmal ein wütender Mob sein Auto an. Ständig gingen im Haus der Dutts Drohanrufe ein, die ankündigten, Sanjays Schwestern zu vergewaltigen, die männlichen Mitglieder der Familie zu töten und das Haus abzufackeln. Sowohl Sunil als auch Sanjay meldeten diese Bedrohungen der Polizei, aber sie erhielten keine Hilfe - nicht einmal, als Sanjay nach einer ganz konkreten Morddrohung per Telefon die Polizei kontaktierte. Wer weiß, was in jener Nacht passiert wäre, hätte Sanjay nicht zufällig einen befreundeten Armee-Offizier getroffen, der sich spontan bereiterklärte, mit seinem Trupp das Dutt-Haus bis zum Morgengrauen zu bewachen.
Als Sanjay Hanif Kadewalla und Samir Hingora, zwei Filmproduzenten, mit denen er damals den Film Sanam drehte, von seiner Angst um seine Familie erzählte, boten diese ihm an, ihn mit einer automatischen Waffe zu versorgen, mit der er sich und seine Familie im Ernstfall schützen könne. Nach anfänglichem Zögern stimmte Sanjay zu und ließ sich am 15. Januar 1993 eine AK-56 samt Munition liefern – wobei er darauf bestand, dass die Waffe wieder abgeholt werden sollte, sobald er sie nicht mehr brauchte. Als dann kurz darauf die Unruhen allmählich abklangen, bat Sanjay seine Produzenten jedoch vergeblich um die zuvor zugesicherte Abholung der Waffe. Nicht einmal, als er sich daraufhin weigerte, mit den Sanam-Dreharbeiten fortzufahren, wurden die beiden aktiv. Sanjay blieb auf der fatalen Waffe sitzen.
Am 12. März 1993 (später "Black Friday" genannt) übte eine muslimische Terrorgruppe blutige Vergeltung für die Zerstörung der Moschee und die muslimischen Opfer der Unruhen: Bei den "Mumbai Bomb Blasts", einer Serie von zwölf Sprengstoff-Attentaten in Bombay, kamen 257 Menschen ums Leben, 713 wurden verletzt. Eine hektische Suche nach den Tätern und Mittätern begann, die bisweilen die Züge einer Hexenjagd annahm. Sanjay drehte gerade für Aatish auf Mauritius, als er erfuhr, dass die Polizei einen Hinweis auf die noch immer in seinem Haus liegende AK-56 bekommen hatte. Er rief einen Freund an und bat ihn, die Waffe aus seinem Haus zu holen und zu zerstören, was dieser auch tat. Doch die Polizei fand Reste der zerstörten Waffe. Sanjay seinerseits war mittlerweile bereit, reinen Tisch zu machen, kehrte vorzeitig von Mauritius zurück und gab auch die genauen Flugdaten bekannt. Bei seiner Ankunft am Sahar-Flughafen wurde er am 19. April unter dem TADA-Gesetz (Terrorist And Disruptive Activities) verhaftet und legte, da man ihm versicherte, er würde nur nach dem Waffengesetz (Arms Act) wegen illegalen Waffenbesitzes angeklagt werden und nach einem Geständnis auch sofort Kaution bekommen, am 28. April ein umfassendes Geständnis ab, bei dem er betonte, dass er sich die Waffe nur zu Selbstverteidigungszwecken und zum Schutz seiner Familie zugelegt hatte und dass er einen der beiden Lieferanten nicht einmal persönlich kannte. Da man die Waffe jedoch in seinem Haus nicht fand, wurde vermutet, dass er wichtige Informationen zurückhielt, und er blieb unter TADA in Haft. Seine Anwälte wandten sich an den High Court mit dem Antrag auf Kaution und Rücknahme der fälschlichen TADA-Anklagen. Am 5. Mai erhielt Sanjay Kaution und wurde aus der Untersuchungshaft entlassen.
Doch politische Rivalen seines Vaters Sunil Dutt witterten eine einmalige Chance: Ein nicht nach dem Arms Act, sondern nach dem Anti-Terror-Gesetz TADA angeklagter Sanjay wäre ein unschätzbares Faustpfand gegen Sunils politische Aktivitäten (Sunils allgemeine Beliebtheit machten seine Parlamentswahl-Siege üblicherweise zu Selbstläufern). In den nächsten Monaten wurde zunehmend Druck auf die Behörden ausgeübt und Sanjays Name gezielt mit den Bombenanschlägen in Verbindung gebracht. Gerüchte, er habe von den Attentaten gewusst und den Terroristen seine Garage als Waffenumschlagplatz zur Verfügung gestellt, machten die Runde; die Entdeckung, dass vom Haus der Dutts aus nach Dubai telefoniert worden war, tat ein Übriges (auch wenn niemand wusste, worum es in diesen Telefonaten gegangen war und wer sie überhaupt geführt hatte – es hätte schließlich auch jeder Besucher gewesen sein können). Zudem erwies sich der damalige oberste TADA-Richter Patel als derart voreingenommen, dass sich das Anwalt-Team, das einen Großteil der Angeklagten, darunter auch Sanjay, vertrat, genau zu diesem kritischen Zeitpunkt aus dem Fall zurückzog, da sie keine Chance für ihre Klienten auf eine faire Gerichtsverhandlung sahen. Am. 4. Juli 1994 schließlich wurde Sanjays Kaution widerrufen, und er wurde erneut im Arthur Road Jail inhaftiert – nach TADA angeklagt.
Jeder Versuch, erneut Kaution zu beantragen, wurde in den folgenden Monaten abgeschmettert. Die Ermittler hatten sich offensichtlich zum Ziel gesetzt, Sanjay eine Beteiligung an den Attentaten anzuhängen (nicht zuletzt deshalb, um mit diesem prominenten und schlagzeilenträchtigen "Angeklagten Nr. 1" von ihren eigenen Versäumnissen abzulenken – denn mittlerweile war klar, dass sich die Drahtzieher der Anschläge unbehelligt ins Ausland hatten absetzen können). Auf Anraten seiner Anwälte widerrief Sanjay am 9./20. November deshalb sogar sein Geständnis, um jedem Versuch, ihn zum Terroristen zu stempeln, zumindest soweit die Grundlage zu entziehen, dass eine erneute Kaution bewilligt würde – vergeblich. Am 11. September 1995 (zu diesem Zeitpunkt saß Sanjay bereits seit über vierzehn Monaten in Untersuchungshaft, und ein Ende war nicht abzusehen) wurde sein Kautionsantrag endgültig zurückgewiesen. Der Schauspieler und Politiker Shatrughan Sinha, obwohl ebenfalls politischer Rivale Sunil Dutts, machte sich im Parlament mehrfach für Sanjay stark, da er von seiner Unschuld überzeugt war. Doch erst als
Sunil Dutt einen Bittgang zu seinem mächtigsten politischen Rivalen Bal Thackeray, dem Chef der damals regierenden Hindu-Partei Shiv Sena, unternahm, setzte sich Thackeray für Sanjay ein und schrieb an den Supreme Court. Ein Brief, den Sanjay an die Gefängnisleitung gerichtet hatte, wurde großzügig in eine Gnadenpetition auf Kautionsgewährung umgedeutet, und am 16. Oktober 1995 entschied der Supreme Court, dass es bei TADA auf die Absichten ankomme, weswegen Sanjays Geständnis allein nicht reichen würde, solange die Staatsanwaltschaft nicht weitere Beweise vorlegen könne, und gewährte Sanjay deshalb Kaution. Am 17. Oktober 1995, nach insgesamt sechzehn Monaten Untersuchungshaft, durfte Sanjay endlich das Gefängnis verlassen.
Sanjay Dutt am 17. Oktober 1995 nach seiner Freilassung auf KautionDoch frei war er deshalb keineswegs. Sein Leben wurde fortan von Kautionsregeln bestimmt und eingeschnürt. In den ersten Jahren nach der Freilassung musste er noch jeden Tag bei Gericht verbringen und durfte erst am Abend wieder nach Hause (weswegen er damals fast ausschließlich nachts drehte). Für jeden Drehtermin am Tag musste er das Gericht um Genehmigung bitten, ebenso wie für jeden Auslandsaufenthalt (bis 1999 war es ihm völlig verboten, das Land zu verlassen, und nur in ganz besonderen Fällen wurde ihm eine Ausnahmegenehmigung erteilt) und für so ziemlich alles, was er fortan tun und lassen wollte. Dazu haftete gnadenlos das Stigma des Terroristen an ihm, was für Sanjay jedesmal besonders erniedrigende Folgen hatte, wenn er zu Dreharbeiten nach Kanada oder in die USA flog: Nicht nur, dass er dafür jedesmal eine Sondererlaubnis der dortigen Behörden brauchte, er wurde zusätzlich trotzdem auch noch stundenlangen Verhören auf den Flughäfen unterzogen. Die Presse tat ihr Übriges; während eines Drehaufenthalts für Dus in Kanada 2005 wurde der "Terrorist" Sanjay Dutt von den Medien derart mit Schmutz beworfen, dass es für ihn unerträglich wurde und er vorzeitig nach Indien zurückflog. (Und keiner seiner Kollegen warf ihm deshalb eine unprofessionelle Einstellung vor – dafür kannten sie ihn zu gut –, sondern sie zeigten vielmehr volles Verständnis für ihn.)
Wenigstens war 1996 der umstrittene Richter Patel durch Richter Kode abgelöst worden, der den Fall gerecht, mit der notwendigen Strenge, aber auch mit Menschlichkeit und, wo angebracht, Milde leitete. Aufgrund der hohen Zahl der Angeklagten (123 – Sanjay war Nummer 117) zog sich das Gerichtsverfahren über insgesamt fast vierzehn Jahre hin: Erst im September 2006 begannen die Urteilsverkündungen. In den darauffolgenden Wochen beteten in ganz Indien in allen Tempeln, Moscheen und Kirchen Tausende von Menschen für Sanjay und dass er freigesprochen würde: In ihren Augen war er unschuldig, und das nicht, weil er ein großer Star war, sondern: Er hatte die Waffe zu Selbstverteidigungszwecken; er hatte sie nicht gekauft, wie häufig behauptet wird, sondern nur vorübergehend geliehen; er hatte sie nie benutzt; er hatte offensichtlich keinen direkten Kontakt zu Waffenlieferanten, sonst wäre er nicht darauf angewiesen gewesen, dass andere die AK-56 bei ihm abholten; er war Hindu und Sohn des pazifistischen Nationalisten Sunil Dutt, hatte zusammen mit ihm während der Unruhen muslimischen Opfern geholfen und nicht das geringste Motiv, sich einer Verschwörung muslimischer Terroristen anzuschließen; er war freiwillig aus Mauritius zurückgekehrt, als er ins Visier der Polizei geraten war, und hatte sogar angegeben, mit welchem Flug (täte das ein Terrorist, der nicht erwischt werden will?); und in all den Jahren seit seiner Freilassung auf Kaution war er voll Vertrauen auf Gott und die Rechtssprechung seines Landes in Indien geblieben – obwohl er die Mittel und Möglichkeiten gehabt hätte, sich ins Ausland abzusetzen. Dass er stattdessen in seinem Land geblieben war und diesen vierzehnjährigen Albtraum durchgestanden hatte, war für die Menschen der Beweis: Sanjay hatte sich nichts vorzuwerfen.
Am 28. November 2006 schließlich wurde Sanjay von allen TADA-Vorwürfen wegen erwiesener Unschuld freigesprochen (Richter Kode akzeptierte diesbezüglich Sanjays Geständnis vom 28. April 1993), jedoch wegen illegalen Besitzes der AK-56 sowie einer Pistole (deren früheren Erwerb er in seinem Geständnis ebenfalls zugegeben hatte) nach dem Arms Act schuldig gesprochen, wofür er am 31. Juli 2007 zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde. Sein Antrag auf Aussetzung seiner Strafe zur Bewährung wegen guter Führung nach dem indischen Bewährungsgesetz wurde abgelehnt. Als Gefangener Nr. 15170 trat er seine Haftstrafe im Yerawada Central Jail in Pune an - in dem gleichen Gefängnis, in dem einst auch Mahatma Gandhi eine sechsjährige Haftstrafe verbüßt hat. Allerdings hat er gegen sein Urteil beim Supreme Court Berufung eingelegt und erhielt am 20. August fürs erste Interims-Kaution, bis er die schriftliche Kopie seines Urteils, ohne die eine Berufung nicht möglich ist, am 22. Oktober ausgehändigt bekam und ins Yerawada Central Jail zurückkehrte. Am 27. November akzeptierte der Supreme Court Sanjays Antrag, sein Berufungsverfahren auf Kaution in Freiheit erwarten zu dürfen; zwei Tage später durfte Sanjay das Yerawada Central Prison verlassen. Im März 2010 gab die CBI bekannt, keinen Einspruch gegen den TADA-Freispruch einzulegen, so dass zumindest dieses Urteil jetzt rechtskräftig ist und Sanjay frei von allen Terror-Anklagen ist. Im Sommer 2012 fanden die Anhörungen im Berufungsverfahren statt. Am 21. März 2013 gab der Supreme Court sein Urteil bekannt: Fünf Jahre Haft. Seit dem 16. Mai 2013 sitzt Sanjay nun den Rest seiner Haftstrafe ab; nach einer Woche im Arthur Road Jail in Mumbai wurde er ins Yerawada Jail in Pune verbracht (16656).
Post an Sanjay ist derzeit möglich unter
write2sanjay oder an: Sanjay Sunil Dutt, Qaidi No. 16656, Yerwada Central Prison, Pune - 411006, India
Dokumente zu Sanjay Dutts TADA-FallSanjay Dutt in der Dokumentation To Hell And Back
über seine Verhaftung nach den Bomb Blasts, 1996
"Ich habe immer gesagt, dass Sanjay Dutt nicht verschont werden sollte, nur weil er Sanjay Dutt ist. Aber er sollte auch nicht gehängt werden, nur weil er Sanjay Dutt ist, oder weil er Sunil Dutts Sohn ist." (Shatrughan Sinha, 8/1995)Verhaftung, Untersuchungshaft und KautionDie Filmfare recherchierte Mitte 1994 ausgiebig den Fall Sanjay Dutt und veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom Juni 1994
- Sanjays vollständiges Geständnis vom 28. April 1993
- Aussagen der beiden Filmproduzenten Hanif Kadawala und Samir Hingora, die Sanjay damals die AK-56 organisiert hatten
- Kommentare von Sunil Dutt
- Anmerkungen von Sanjays damaligem Anwalt S.B. Jaisinghani
- Anmerkungen des Joint Police Commissioner M.N. Singh
Diese Texte sind komplett (und verbunden mit erläuternden Kommentaren von mir)
hier einzulesen.
Viele Mitglieder der indischen Filmindustrie wandten sich 1993 nicht nur von Sanjay Dutt ab, sondern von seiner ganzen Familie. Einer der wenigen, die unerschütterlich zu den Dutts hielten, und der auch hartnäckig für Sanjays Freilassung auf Kaution 1995 kämpfte, war der Schauspieler und Politiker Shatrughan Sinha. Bereits unmittelbar nach Sanjays Wiederverhaftung am 4. Juli 1994 reagierte Sinha darauf und auf die öffentliche Verurteilung der gesamten Filmindustrie wegen Unterweltverbindungen mit einem bemerkenswerten
offenen Brief in der Filmfare (August 1994), in dem er Polizei und Politiker scharf kritisierte und seiner Ansicht Ausdruck verlieh, Politiker und Behörden würden Sanjay als Sündenbock benutzen, um von ihren eigenen Versäumnissen abzulenken. Auch in einem Stardust-Interview ein Jahr später (August 1995) mit Shalini Jagasia (
"Shooting From The Lip") bekannte er sich zu den Dutts. Ein
Bericht über die von Sinha in diesem Interview scharf kritisierte morcha zusammen mit geschockten
Reaktionen der Filmindustrie auf die erneute Verhaftung Sanjays am 4. Juli 1994 ist in der Filmfare-Ausgabe vom August 1994 zu lesen.
Sechs Monate lang war Pyara Singh Sanjays Zellennachbar im Thane Jail. Nach seinem Freispruch und seiner Entlassung Ende 1994 erzählte er einer Reporterin der Zeitschrift Movie von seiner Begegnung mit Sanjay im Gefängnis und von den Bedingungen für die TADA-Häftlinge. Sein an die Nieren gehender
Bericht erschien in der März-Ausgabe der Movie 1995. Aus dieser Zeit stammt auch ein
Brief Sanjays an seine Schwester Priya vom 29. Oktober 1994. Am 21. März 1995 gelang es dem Reporter Omar Qureshi, Sanjay bei dessen monatlichem Gesundheits-Check im J.J. Hospital zu begegnen; sein bewegender
Bericht in der Stardust vom Mai 1995 ist zugleich ein beeindruckendes Zeugnis davon, dass Sanjays Humor und Lebensmut auch nach monatelanger Untersuchungshaft (ohne Hoffnung auf ein baldiges Ende) ungebrochen waren.
Einige Monate später meldete sich Sanjay selbst zu Wort. In der Ausgabe vom August 1995 veröffentlichte die Stardust unter der Schlagzeile "Ich bin kein Terrorist! Ich bin unschuldig und werde ein Sieger sein...!“ einen
"explosive letter straight from Arthur Road Prison" von Sanjay Dutt an seine Fans. Einen Monat später gab ihm die Stardust eine weitere Plattform in ihrer Kolumne
"These are a few of my favourite things", in der jeden Monat ein Star mit der Hand eine Liste mit persönlichen Fragen beantwortet - für Sanjay wurde diese Liste speziell auf seine Verhältnisse zugeschnitten. Außerdem schrieb Sanjay an seinem Geburtstag am 29. Juli 1995 einen
Brief an die Einwohner von Mumbai, in dem er sein Schicksal in ihre Hände legte.
"Du wirst nicht glauben, wie viel ich gelernt habe. Und was für eine Stärke ich aufgebaut habe. Was kann nach all dem hier noch schlimmer werden? Es hat einen Optimisten aus mir gemacht. Ich habe gelernt, dass es immer dann am dunkelsten ist, bevor der Morgen dämmert. Und dass jede Wolke einen Silberstreifen hat. Ich habe auch gelernt, nichts im Leben als selbstverständlich zu erachten und vor allem ein guter Mensch zu sein. Alles andere ist zweitrangig. Glaub mir, wenn ich hier wieder rauskomme, wird es immer noch die gleiche alte Welt sein, aber meine Sichtweise auf sie hat sich verändert." (Sanjay Dutt, 1995 während seiner Untersuchungshaft, zitiert in: Stardust 11/1995) Sanjay Dutt nach seiner Freilassung auf Kaution 1995Am 17. Oktober 1995 schließlich gewährte der Supreme Court Sanjay endlich die ersehnte Kaution. Erste Reaktionen fing die Filmfare 11/1995 in dem Artikel
"Released!" auf; die Showtime 11/1995 veröffentlichte Ausschnitte aus Sanjays Pressekonferenz eine Woche nach seiner Freilassung (
"Megastar Sanjay returns - Freedom!").
Bewegend auch die 1996 gesendete TV-Doku To Hell And Back (
Part 1 -
Part 2 -
Part 3).
Die Freiheit auf Kaution war letztlich dennoch Gefangenschaft in Freiheit. Seit 1995 bestimmen Kautionsregeln Sanjays Leben; nichts darf ohne ausdrückliche Genehmigung des TADA-Courts geschehen; ob Drehtermine außerhalb von Mumbai, Besuche bei seiner Familie in den USA oder die Gründung von White Feather Films, für alles musste Sanjay den TADA Court um Genehmigung bitten. Dazu kam das Trauma, mit dem Stigma als Terrorist leben zu müssen. Oft hat sich Sanjay darüber geäußert, wie sehr ihn das TADA-Verfahren belastete; zum Beispiel in einem
Filmfare-Artikel vom März 2003.
Während Ende 2006 die Urteilsverkündungen im TADA-Prozess begannen, drehte Sanjay Shootout At Lokhandwala. Liz Mermin hat diese Dreharbeiten in Verbindung mit Sanjays Prozess in dem Dokumentarfilm
Shot In Bombay festgehalten (
Ausschnitt). Hier meine
Review zu dieser Dokumentation.
Sanjay Dutt vor einem TADA-Gerichtstermin 2006"Ich bin einmal beim Einreiseschalter in London festgehalten worden, und Scotland-Yard-Offiziere haben mich eine Stunde lang verhört. Auch bei der Einreise nach Australien wurde ich aufgehalten. Als die Terroranschläge vom 11. September stattfanden, war ich gerade in den USA bei Kaante-Dreharbeiten, und prompt tauchten zwei CIA-Agenten bei mir auf. Das ist alles sehr unangenehm, denn ich bin kein Terrorist. Ich bitte Sie, ich bin in keiner Weise verantwortlich für die Mumbaier Bombenanschläge. Man tötet keine unschuldigen Menschen. Ich kann es nicht glauben, dass ich eines derart abscheulichen Verbrechens angeklagt wurde." (Sanjay Dutt, Filmfare 3/2003)
Der TADA-Freispruch und der Arms-Act-SchuldspruchAm 28. November 2006 endlich sprach
Richter Pramod Dattaram Kode Sanjay Dutt von allen Anklagepunkten wegen terroristischer Verschwörung frei, da er ihn in diesen Punkten für unschuldig befunden hatte, und verurteilte ihn lediglich wegen illegalen Waffenbesitzes nach dem Arms Act. (Der TADA-Freispruch wurde in dem
Urteil, das Sanjay am 22. Oktober 2007 ausgehändigt wurde, plausibel begründet.)
Reaktionen von Kollegen29. November 2006:
Interview mit Priya DuttReaktionen von Kollegen am Tag nach dem Urteil TV-Interview mit Priya DuttInterview mit Sanjays Ex-Frau RheaUnter der Schlagzeile
"Aus dem Schatten heraus“ brachte die Januar 2007-Ausgabe der Filmfare weitere Reaktionen von Mitgliedern der Filmindustrie auf das TADA-Urteil. (Und hier die
Story in Bildern.)
Fans beten am 29. November 2006 nach Sanjays TADA-Freispruch***
Überblick über die Kautionsverlängerungen:
Verlängerung Nr. 1: 28.11. bis 19.12.2006
Verlängerung Nr. 2: 19.12. bis 21.12.2006
Verlängerung Nr. 3: 21.12.2006 bis 18.1.2007
Verlängerung Nr. 4: 18.1. bis 6.2.2007
Verlängerung Nr. 5: 6.2. bis 7.2.2007
Verlängerung Nr. 6: 7.2. bis 8.2.2007
Verlängerung Nr. 7: 8.2.2007 bis auf weiteres
(Diese Verlängerung endete mit dem Urteilsspruch am 31. Juli 2007.)
***
Anfang Juni 2007, während der laufenden Strafmaßverkündungen, gab Sanjay dem Sender NDTV ein
Exklusivinterview, das am 13. Juni 2007 in einer Sondersendung
"Trial On Fire" ausgestrahlt wurde.
Suniel Shetty wünschte seinem Freund am 20. Juni in der Times of India
mit bewegenden Worten alles Gute, ein Leben in Freiheit und alles Glück dieser Welt: "Ich kenne ihn und weiß, dass er es verdient."
Und auch aus Germany kamen Solidaritätsbekundungen (
"We're there with you, Sanju!")...
Das UrteilSanjay Dutt mit seinen Schwestern Priya (links) und Namrata
am 31. Juli 2007 vor der StrafmaßverkündungAm 31. Juli 2007 verurteilte Richter Kode Sanjay Dutt zu sechs Jahren Haft. Der Antrag, seine noch ausstehende Haftstrafe zur Bewährung auszusetzen, wurde abgelehnt.
Reaktionen von Sanjays Anwälten und von Kollegen auf das UrteilInterview mit Sanjays Tochter Trishala unmittelbar nach der UrteilsverkündungInterview mit Sanjays geschiedener Frau RheaBollywood weintPresseerklärung von Priya Dutt:
Im Namen der Familie Dutt möchte ich allen danken, die ihre überwältigende Unterstützung für unseren Bruder Sanjay zum Ausdruck gebracht haben. Das hat uns in dieser schweren Stunde viel Kraft gegeben. Doch so traurig es auch ist, wir müssen anerkennen, dass Sanjay nunmehr verurteilt ist. Obwohl durch das Urteil zutiefst betrübt, hat die Familie es schweren Herzens akzeptiert. Wir haben volles Vertrauen in das Rechtssystem unseres Landes und prüfen derzeit alle rechtlichen Mittel, die ihm zur Verfügung stehen. Wir bitten euch als seine Unterstützer demütig, mit Herz und Geist für uns zu beten und dem Gesetz seinen Lauf zu lassen.
Priya Dutt, New Delhi, 6. August 2007
In einem leidenschaftlichen Plädoyer legte Hargopal Singh dar, warum dieses Urteil gegen Sanjay in seinen Augen ein
massives Unrecht darstellt.
Und Rama Kant Mishra führt ebenfalls ein paar exzellente Argumente an, warum
Munnabhai Milde verdient - seiner Ansicht nach hat "eben Sanjays Rang als Promi das Gesetz zu dem Overkill verführt - einen Terroristen, einen Killer oder selbst einen korrupten Politiker zu verurteilen verschafft einem nicht annähernd so viel Popularität, wie einen Sanjay Dutt zu verurteilen"...
Als spontane Reaktionen auf das allgemein als zu hart empfundene Urteil wurden spontan Online-Petitionen erstellt, in denen um ein milderes Urteil für Sanjay gebeten wird:
AsianOutlook ForumOrkutBoletohFree Sanjay DuttFreeSanjayEine Gruppe von Ärzten in Pune hat beschlossen, statt Protestmärschen den
Munnabhai-Weg zu gehen und auf Gandhigiri zu sitzen: Sie veranstalten Diskussionsforen über Sanjay und das Urteil und planen, mit Rosen für die Juristen des Supreme Court nach Delhi zu fahren...
Die BerufungAm 7. August 2007 legte Sanjay beim Supreme Court gegen sein Urteil
Berufung ein.
Am 20. August gewährte ihm der Supreme Court
Interims-Kaution. Da es einige Tage dauerte, bis sämtliche Formalitäten erfüllt waren, dauerte es bis zum 23. August, bis Sanjay das Gefängnis verlassen durfte.
Reaktionen von Sanjays KollegenBilder von der Freilassung am 23. AugustSanjays HeimkehrSanjay Dutt nach seiner Entlassung auf Interimskaution am 23. August 2007Sanjays und Priyas Worte des Dankes:
Sanjay: "In aller Demut danke ich allen, die in dieser Zeit meines Lebens für mich gebetet haben. Ich danke allen, die zu mir und meiner Familie gestanden sind und uns so fest unterstützt haben. Ich danke auch allen meinen Fans in Pune, die vor dem Gefängnis auf mich gewartet haben. Es tut mir leid, dass ich euch nicht treffen konnte, aber ich danke euch für eure Gebete. Eure Liebe hat mich überwältigt. Ich konnte euch im Gefängnis hören, und eure Liebe hat mir Kraft gegeben. In dieser kurzen Zeit meiner Freiheit auf Kaution werde ich mit meinen Anwälten an meinem Fall arbeiten. Ich habe volles Vertrauen in das Rechtssystem. Ich respektiere das Gesetz und werde es befolgen. Ich möchte noch einmal der Filmindustrie und allen meinen Kollegen und Freunden für ihre Unterstützung danken. Ganz besonders danke ich meiner Familie für ihre bedingungslose und unendliche Liebe und Unterstützung."
Priya: "Im Namen meiner Familie äußere ich unsere Dankbarkeit für diese vorübergehende Erleichterung, die uns vergönnt wurde. Wir sind erleichtert, unseren Bruder wieder bei uns zu Hause zu haben. Wir werden ihn immer lieben und ihn mit allen unseren Kräften unterstützen. Wir danken allen, die für ihn gebetet und ihn unterstützt haben. Wir haben volles Vertrauen in das Rechtssystem, und wir sind zuversichtlich, dass der Gerechtigkeit Genüge geleistet werden wird."Am 22. Oktober 2007 endete die Interimskaution, als Sanjay seine Kopie
des schriftlichen Urteils vom TADA Court erhielt und sich erneut stellte. Er wurde noch am gleichen Tag zurück ins Yerawada Central Jail gebracht (wo er als
"high profile convict" von den anderen separiert lebte). Seine Anwälte haben am 25. Oktober 2007 bis zur Wiederaufnahme seines Verfahrens reguläre Kaution beantragt. (Berichte:
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3;
Reaktionen seiner Freunde und Kollegen auf Sanjus Diwali im Gefängnis)
Am 27. November 2007 akzeptierte der Supreme Court Sanjays Antrag, sein Berufungsverfahren auf
Kaution in Freiheit erwarten zu dürfen; zwei Tage später (1 Jahr und 1 Tag nach seinem TADA-Freispruch) durfte Sanjay das Yerawada Central Prison verlassen.
Sanjay Dutt bei seiner Heimkehr am 29. November 2007Berichte über
Sanjays Freilassung, seine
Heimkehr und seinen
Dank an seine Familie und seine Fans
Zwei
kurze VideosKommentare von Sanjays Freunden und Kollegen
März 2010: Die CBI verzichtet auf einen Einspruch gegen Sanjays TADA-Freispruch.
21. März 2013: Der Supreme Court verkündet das endgültige Urteil: Fünf Jahre Haft.
Sanjay Dutt: "Ich leide bereits seit 20 Jahren und war 18 Monate lang im Gefängnis. Wenn sie mich noch mehr leiden lassen wollen, dann muss ich stark sein. Ich bin untröstlich, weil heute zusammen mit mir auch meine drei Kinder, meine Frau und meine Familie bestraft wurden. Ich habe das Justizsystem immer respektiert und werde dies auch weiterhin tun, auch mit Tränen in den Augen. Ich werde alle meine Filme vollenden und niemanden enttäuschen. Ich bin überwältigt von der Unterstützung durch meine Fans, die Menschen in der Industrie, die Medien und allen, die mir Gutes wünschen. Sie sind immer zu mir gestanden und haben mich unterstützt. In meinem Herzen weiß ich, dass ich immer ein guter Mensch war. Meine Familie ist jetzt sehr aufgewühlt, und ich muss stark für sie sein. Ich bin geschockt und stehe unter seelischem Stress. Es tut mir leid, dass ich nicht herunterkamen und Ihnen allen begegnen kann. Gott ist groß, und er wird mich durch dies hindurchführen." (21. März 2013)Am 28 März 2013 erklärte Sanjay öffentlich, dass er
kein Gnadengesuch einreicht.
ZoomTV: Bollywood Case Files - Sanjay Dutt (2008): Teil
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6Stardust 9/1995